Gründonnerstag
‘Der Gründonnerstag markiert den Auftakt des Osterfestes’
Mit der Karwoche tritt die Kirche in die dichteste liturgische Zeit ein: Die Tage von Palmsonntag bis zum Ostersonntag fallen aus dem gewöhnlichen Wochenschema heraus, da sie durch das Österliche Triduum untrennbar miteinander verbunden sind und deshalb auch als „Grosse und Heilige Woche“ bezeichnet werden, die acht volle Tage umfasst. Der Gründonnerstag markiert in dieser Einheit den Auftakt des Osterfestes. Mit der sogenannten Messe vom Letzten Abendmahl beginnt die Gemeinde die Feier der drei Österlichen Tage vom Leiden, Sterben und Auferstehen des Herrn. Auch sie fallen aus dem gewohnten Rahmen, da sie im Grunde nur mit Blick auf die Auferstehung gefeiert werden können, auf die sie sich beziehen. Genau deshalb dauert das Österliche Triduum auch bis zum Abend des Ostersonntags.
Den Gründonnerstag zeichnet darüber hinaus eine eigentümliche Feierlichkeit aus und mit dem Evangelium der Abendmahlsmesse ist ein erster Höhepunkt dieser Feierlichkeit erreicht: „Es war vor dem Paschafest. Jesus wußte, daß seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung.“ (Joh 13,1f.) Was nun folgt, kann man als ein inoffizielles „Ur-Sakrament“ der Kirche bezeichnen. Der Erlöser wäscht seinen Jüngern die Füße, verrichtet niedrige Dienstbotenarbeit – und verpflichtet alle auf dieses nunmehr geheiligte Tun. Dem Evangelisten Johannes – dem wohl tiefgründigsten Theologen der Eucharistie – waren diese Handlung und dieser Auftrag an alle Jünger wichtiger, als der Einsetzungsbericht des eucharistischen Geheimnisses.
Nicht ohne Grund ist die Eucharistie deshalb das verletzlichste der Sakramente: Wenn das eucharistische Sakrament sich verselbständigt und seine Verankerung innerhalb der sakramentalen Einheit verliert, verkümmert die Gegenwart Christi zu einer Gnadenquelle ohne Lebensbezug und sogar ohne Zukunft. Doch Christus ist wirklich lebendig und gegenwärtig in seiner Kirche, denn er ist ihr oberster Liturge, er verschenkt sein Fleisch und Blut als wirkliche Speise, er mahnt seine geheimnisvolle Gegenwart im geringsten und schwächsten Glied der Gesellschaft an und stellt all jenen, die sich Christen nennen, sein demütiges Handeln ohne Ansehen der Person vorbildhaft vor Augen. Erst nach der Fußwaschung vollendet Christus sein Opfer am Kreuz und besiegelt die Sakramente der Kirche in seiner Auferstehung.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes – Jn 13,1-15
Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung.
Es fand ein Mahl statt, und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn zu verraten und auszuliefern.
Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte,
stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch.
Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.
Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm: Du, Herr, willst mir die Füße waschen?
Jesus antwortete ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen.
Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen! Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.
Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.
Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle.
Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.
Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe?
Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es.
Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.
Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Thomas More (1478-1535), englischer Staatsmann, Märtyrer
Abhandlung über die Passion, I
„Er erwies ihnen seine Liebe bis zur Vollendung“
„Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung“ […] Im Evangelium wird Johannes eigens als „der Jünger, den Jesus liebte“ bezeichnet. Dieser Jünger macht hier durch seine Worte deutlich, wie treu unser Retter, der Johannes so sehr liebte, in seiner Liebe war.
Auf diese Worte nämlich folgt sogleich der Bericht über die bittere Passion Christi, beginnend mit dem Letzten Abendmahl, und zwar zunächst über den demütigen Dienst der Fußwaschung, den Jesus seinen Jüngern erwies und den Hinauswurf des Verräters. Danach folgen die Abschiedsreden Christi, sein Gebet, seine Festnahme, sein Prozess, seine Geißelung, seine Kreuzigung und die ganze schmerzhafte Tragödie seiner bitteren Passion.
Der hl. Johannes führt die soeben erwähnten Worte vor allem deswegen an, weil er uns verstehen lassen will, dass Jesus all das aus reiner Liebe getan hat. Diese Liebe hat er seinen Jüngern beim Letzten Abendmahl eindringlich vor Augen gestellt, als er ihnen deutlich machte, sie würden seinem Beispiel folgen, wenn sie einander liebten (Joh 13,34). Denn die, die er liebte, liebte er bis zur Vollendung, und er wollte, dass sie es ihm gleichtäten.
Er war nicht wankelmütig wie so viele, deren Liebe von kurzer Dauer ist, die sich bei der ersten Gelegenheit davonmachen, die Freunde waren und Feinde wurden, so wie der Verräter Judas. Jesus aber blieb bis zum Ende seiner Liebe treu, bis er, eben wegen dieser Liebe, dieses schmerzhafte Ende fand. Und das nicht nur für die, die bereits seine Freunde waren, sondern auch für seine Feinde, um sie zu Freunden zu machen: nicht zu seinem eigenen Nutzen, sondern zu ihrem.
Lesungen
Buch Exodus 12,1-8.11-14
In jenen Tagen sprach der Herr zu Mose und Aaron in Ägypten:
Dieser Monat soll die Reihe eurer Monate eröffnen, er soll euch als der erste unter den Monaten des Jahres gelten.
Sagt der ganzen Gemeinde Israel: Am Zehnten dieses Monats soll jeder ein Lamm für seine Familie holen, ein Lamm für jedes Haus.
Ist die Hausgemeinschaft für ein Lamm zu klein, so nehme er es zusammen mit dem Nachbarn, der seinem Haus am nächsten wohnt, nach der Anzahl der Personen. Bei der Aufteilung des Lammes müsst ihr berücksichtigen, wieviel der einzelne essen kann.
Nur ein fehlerfreies, männliches, einjähriges Lamm darf es sein, das Junge eines Schafes oder einer Ziege müsst ihr nehmen.
Ihr sollt es bis zum vierzehnten Tag dieses Monats aufbewahren. Gegen Abend soll die ganze versammelte Gemeinde Israel die Lämmer schlachten.
Man nehme etwas von dem Blut und bestreiche damit die beiden Türpfosten und den Türsturz an den Häusern, in denen man das Lamm essen will.
Noch in der gleichen Nacht soll man das Fleisch essen. Über dem Feuer gebraten und zusammen mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern soll man es essen.
So aber sollt ihr es essen: eure Hüften gegürtet, Schuhe an den Füßen, den Stab in der Hand. Esst es hastig! Es ist die Paschafeier für den Herrn.
In dieser Nacht gehe ich durch Ägypten und erschlage in Ägypten jeden Erstgeborenen bei Mensch und Vieh. Über alle Götter Ägyptens halte ich Gericht, ich, der Herr.
Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage.
Diesen Tag sollt ihr als Gedenktag begehen. Feiert ihn als Fest zur Ehre des Herrn! Für die kommenden Generationen macht euch diese Feier zur festen Regel!
Psalm 116(115),12-13.15-16.17-18
Wie kann ich dem Herrn all das vergelten,
was er mir Gutes getan hat?
Ich will den Kelch des Heils erheben
und anrufen den Namen des Herrn.
Kostbar ist in den Augen des Herrn
das Sterben seiner Frommen.
Ach Herr, ich bin doch dein Knecht,
dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd.
Du hast meine Fesseln gelöst.
Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen
und anrufen den Namen des Herrn.
Ich will dem Herrn meine Gelübde erfüllen
offen vor seinem ganzen Volk.
Erster Brief des Apostels Paulus an die Korinther 11,23-26
Brüder! Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot,
sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!
Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
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