Die Wahrheit Christi lehren UPDATE

17. Kölner Liturgische Tagung “Die Liturgie der Sakramente”

Kardinal Burke17. Kölner Liturgische Tagung “Die Liturgie der Sakramente” – Kardinal Burke warnt vor Relativierung des katholischen Eheverständnisses.

Von Katrin Krips-Schmidt

Die Tagespost, 23. März 2015

Vier nicht nur in einem liturgischen Sinne ausserordentliche Kongresstage sind vorbei. Auch in geistig-intellektueller Hinsicht ist die 17. Kölner Liturgische Tagung, die sich der “Liturgie der Sakramente” widmete und sich vom 18. bis zum 21. März 2015 vor der Kulisse des beschaulichen Städtchens Herzogenrath abspielte, als aussergewöhnlich zu bezeichnen.

Man könnte auch sagen, ein Höhepunkt folgte dem nächsten – in Form von brillanten Vorträgen, einem Priesterkonvent und Sinne und Geist ansprechenden Hoch- und Pontifikalämtern. Krönung der Veranstaltung sollte der Besuch von Raymond Leo Kardinal Burke werden, für den die Veranstalter schon lange vorher die Werbetrommel gerührt hatten. Deren Liste ist nicht gerade kurz: Neben dem Hauptinitiator, der Una Voce Deutschland, dem Initiativkreis katholischer Laien und Priester im Erzbistum Hamburg – Kardinal-Newman-Kreis, zeichnete für die Organisation auch der Initiativkreis katholischer Laien und Priester in der Erzdiözese Köln und das Netzwerk katholischer Priester verantwortlich, vor allem aber die katholische Pfarrgemeinde Sankt Gertrud sowie ihr Pfarrer Guido Rodheudt, die nicht nur Gastgeber, sondern auch Veranstalter waren.

Gefragt danach, warum sie an einer Tagung teilnehme, die sich der ausserordentlichen Form des römischen Ritus verbunden fühlt, brachte es eine junge Theologiestudentin auf den Punkt: Sie sei hier “einerseits wegen der Thematik, andererseits wegen des Gemeinschaftserlebnisses und des Austausches und der besonderen Möglichkeit, Kardinal Burke zu diesem Thema (“Bis der Tod Euch scheidet – Die Ehe-Theologie der römischen Kirche im Nachgang zur Bischofssynode zu Ehe und Familie”, A.d.R.) sprechen zu hören, das uns auch in diesem Jahr noch weiter begleiten wird.”

Der konzisen und prägnanten Formulierung der 25-jährigen Konvertitin aus Münster stimmten wohl auch die anderen der 200 angemeldeten Besucher aus dem gesamten deutschen Sprachraum zu, die aus allen deutschen Diözesen kamen, und unter denen sich zahlreiche Priester und Ordensleute befanden. Ein Diakon aus dem Erzbistum Paderborn sah die Veranstaltung als “Gegengewicht gegen die Entklerikalisierung des Klerus” und meinte, sie zeige durch die bunte Zusammensetzung der Teilnehmer, “dass die Tradition viele Menschen verbindet. Unterschiedliche Gruppierungen werden an einen Tisch geholt und das ist doch ein gutes Zeichen dafür, dass es diese Seite der Kirche noch gibt.” Ein 31-Jähriger nahm teil, “weil ich mehr über die Liturgie im überlieferten Ritus erfahren und Gleichgesinnte treffen wollte, die im Alltag nicht immer zu finden sind”.

Um die Feier von Taufe und Firmung ging es in dem Vortrag “Neugeboren aus Wasser und Heiligem Geist” von Eugen Daigeler. Der Pfarrer aus dem Bistum Würzburg legte in einem Parforceritt durch die Kirchengeschichte die historische Entwicklung des Taufritus dar. Er korrigierte einige derzeit anzutreffende Fehlinterpretationen, die die Taufe in erster Linie als eine Eingliederung in die Ortsgemeinde verstanden wissen wollen und darüber ihre übernatürliche Wirksamkeit vergessen. Dabei erinnerte er an die Worte von Joseph Kardinal Ratzinger: Die Taufe ist demnach “ein trinitarischer, das heisst ein ganz theologischer Vorgang, weit mehr als eine ortskirchliche Sozialisation, wie sie heute leider so häufig missdeutet wird”. Schliesslich sei, wer “in Berlin getauft ist” – oder auch in Rom, New York, Kinshasa oder Bangalore, überall “genau so zu Hause wie in seiner Taufkirche”, so der spätere Papst Benedikt weiter.

Sein Beitrag “Der überlieferte Kinder-Taufritus – Authentischer Ausdruck der katholischen Lehre vom Taufsakrament” werde eine “gewisse kontroverstheologische Komponente in sich tragen”, sagte Heinz-Lothar Barth – was sich nicht ganz von der Hand weisen liess, lautete die unmissverständliche Botschaft des Bonner Altphilologen doch, dass es mit der Einführung des neuen Taufritus einen “auffälligen Bruch mit der Tradition” gegeben habe. Abzulesen sei dieser “Bruch” an mehreren Veränderungen, mit denen sich Barth in seiner eingehenden Analyse von Konzilsdokumenten und patristischer und weiterer relevanter Texte zu diesem Thema auseinandersetzte. Für besonders schwerwiegend halte er, dass die Lehre vom stellvertretenden Glauben der Kirche wegfiel (sichtbar dadurch, dass Paten “im Namen des Täuflings antworteten”). Einen weiteren Wandel machte Barth in dem Wegfall oder der Abschwächung bestimmter Riten im neuen Taufordo aus, wie die des “Salzens” und des Taufexorzismus.

Der Donnerstagnachmittag stand ganz im Zeichen des Sakramentes der Eucharistie. Drei Reisebusse fuhren nach Lüttich an den Ort des Wirkens der heiligen Juliana von Cornillion, auf deren Visionen hin die Einführung des Fronleichnamsfests vor 750 Jahren zurückgeht. Bei einer Führung durch die Stiftskirche St. Martin und dem sich anschliessenden Referat, das der Bischof von Lüttich, Jean-Pierre Delville, im Priesterseminar der zweitgrössten Stadt Belgiens hielt, erfuhren die Tagungsteilnehmer von der geschichtlichen Entwicklung dieses Hochfestes. Die im frühen 13. Jahrhundert im Augustinerfrauenkloster Mont Cornillion lebende Nonne Juliana, die schon seit frühester Jugend dem Allerheiligsten eine besondere Verehrung entgegenbrachte, kniete vor dem Tabernakel, als sie eine Erscheinung hatte: Sie sah einen Mond, der an einer Stelle einen dunklen Fleck aufwies. Dies deutete sie als einen Hinweis Christi, dass im Kirchenjahr, das durch diese Mondscheibe symbolisiert wurde, ein Festtag zur Verehrung des Altarsakramentes fehlte. Von ihrem Bischof, dem sie von dem Wunsch Christi nach einer Einsetzung eines solchen Festes berichtete, erhielt sie zwar Unterstützung, wurde jedoch mit dem Widerstand ihrer Ordensschwestern konfrontiert, der so weit ging, dass sie bei der Reklusin Eva von Lüttich sowie in weiteren Klöstern Zuflucht suchen musste. 1246 wurde Fronleichnam (vom Mittelhochdeutschen “der vrone licham”, der Leib des Herrn) mit einer Prozession zum ersten Mal in Lüttich als lokales Fest begangen. Papst Urban IV. – vormals Jacques Pantaléon – gehörte vor der Besteigung des Stuhles Petri zu den Theologen, die Juliana wegen ihrer Visionen um Rat gefragt hatte. Er genehmigte 1264 für die gesamte katholische Welt die Feier des Fronleichnamsfestes, das seither am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest am ersten Sonntag nach Pfingsten begangen wird.

“Die Erneuerung Roms unter Sixtus V. – Gegenreformatorische Stadtplanung im Zeichen der Eucharistie” – damit befasste sich Peter Stephan. Anhand zahlreicher Beispiele veranschaulichte der an der Universität Freiburg und der Fachhochschule Potsdam lehrende Professor in Wort und Bild, wie der Franziskanerpapst Sixtus V. als Reaktion auf protestantische Angriffe den Stadtraum Roms christlich umdeutete und ihn an zentralen Punkten, an denen er Strassenachsen schuf, die er gemäss seiner Heilsdevise “per aspera ad astra” (Über raue Pfade gelangt man zu den Sternen) sternenförmig gestaltete und an denen er Obelisken aufstellte, die er mit einem Kreuz krönte. Eine wichtige Rolle kam auch der Basilika Santa Maria Maggiore zu. Mit seiner urbanistischen Umdeutung des Stadtraums versuchte Sixtus, Rom wieder zu neuer Grösse zu verhelfen, es zu einem “neuen Jerusalem” zu machen, und er zeigte, dass nicht der Papst Nachfolger der antiken Imperatoren über Rom sei, sondern Christus selbst: “Die Stadtbaukunst wird wirklich sakralisiert, der Stadtbau wird im Grunde sakramentalisiert”, so das Fazit Staphans.

“Unctio extrema oder Krankensalbung?” Dieser Frage stellte sich der Augsburger Theologe Peter C. Düren und beleuchtete das Sakrament “zwischen Kontinuität und Wandel”. Durch eine Schwerpunktverlagerung der Bezeichnungen verwende man heute meistens nur noch den Begriff “Krankensalbung”, obwohl auch “Letzte Ölung” richtig wäre, was zugleich auf eine Akzentverschiebung in der Bedeutung des Sakraments hinweise. Obwohl es eigentlich zur Stärkung in Lebensgefahr gedacht ist, hat sich der Empfängerkreis seit dem Zweiten Vatikanum deutlich erweitert und auch die Wirkungen des Sakramentes werden seither anders gewichtet. Wichtigste Forderung Dürens war, dass die Kirche Sorge dafür trage, “dass allen Schwerstkranken und Sterbenden ermöglicht werden kann, das Sakrament der Letzten Ölung oder der Krankensalbung überhaupt zu empfangen, ob im alten oder im neuen Ritus”, da es den Empfängern zahlreiche Gnaden verleihe und das ewige Heil verheisse.

Sollte die Kirche bei ihrem Umgang mit “wiederverheiratet” Geschiedenen dem Beispiel der orthodoxen Kirche folgen und – deren Prinzip einer oikonomia (“Barmherzigkeit”) bei Scheidung und Wiederheirat aufgreifend – eine Änderung der Kommunionspendung anstreben und sie zum Empfang der Kommunion zulassen? Eine Antwort auf diese Frage ergab sich aus dem Vortrag “Das Spezifikum der Theologie und Liturgie des Ehesakramentes im byzantinischen Ritus” von Vater Yuriy Kolasa, Generalvikar des Ordinariats für katholische Gläubige des byzantinischen Ritus in Österreich. Der griechisch-katholische Priester betrachtete den Hochzeitsritus der byzantinischen Liturgie, die von allen byzantinischen Ostkirchen annähernd gleich gefeiert wird. Interessant ist dabei, dass in den beiden Teilen der Hochzeitsfeier – der Verlobungs- und der Krönungszeremonie – in ihren Gebeten, Gesten und ihrer Symbolik die Bitte um Einheit der Ehe und die Bekräftigung deren Unauflöslichkeit deutlich hervorgehoben wird. Äusserst zeichenhaft kommt der unauflösliche Bund der künftigen Eheleute darin zum Ausdruck, dass diese während der gesamten Krönungszeremonie Hand in Hand miteinander verbunden bleiben. Dabei unterstützte eine Reihe theologisch fundierter Argumente Kolasas Aussage, “dass die Gebete und Litaneien, die in beiden Gottesdiensten in der orthodoxen Kirche verwendet werden, dasselbe Konzept wie in der römisch-katholischen Kirche beinhalten”. Damit zeige sich, so Vater Yuriy weiter, dass die Ehe auch in der orthodoxen Kirche “nicht nur als eine menschliche Institution” gesehen werde, sondern “sie geht von Gott aus”. Diese “wahre byzantinische theologische Perspektive” sei es, die die “römisch-katholischen Brüder ermutigen sollte”. Sie diente, um “der Anbiederung an den säkularen Zeitgeist zu wehren und an den dogmatischen Lehren und an der Praxis der Kirche hinsichtlich der Unauflöslichkeit der Ehe festzuhalten”.

Mit Spannung wurde Raymond Leo Kardinal Burke aus Rom erwartet. In Vorbereitung zu der im Oktober anstehenden Bischofssynode betonte der Purpurträger die grosse Bedeutung der “Ecclesia domestica” – der Familie als Hauskirche, und er nannte als einige beunruhigende Anzeichen neben einer “sogenannten freien Ehescheidung”, die schlicht durch “persönliche Vorlieben” motiviert sei und die vom Zweiten Vatikanum “zu Recht als Übel” bezeichnet wurde, noch die “sexuelle Promiskuität” sowie den “Versuch, sexuelle Beziehungen zwischen Personen des gleichen Geschlechts der Einheit des ehelichen Aktes gleichzustellen”. Die Kirche müsse “die Tatsachen bei ihrem eigenen Namen nennen, um nicht selbst zur Konfusion und zum Irrtum beizutragen, sondern vielmehr zu Ordnung und Klarheit”. Denn die “Aufrichtigen, die in einer derartigen Kultur leben, dürsten nach der Wahrheit und ihrer Verkündigung in der Liebe”, so der Kardinal weiter. Demgegenüber vernachlässigten diejenigen, “die zu den Protagonisten einer solchen Kultur gehören, ohne die Wahrheit Christi klar zu lehren”, die Nächstenliebe.

Die Relativierung der katholischen Ehelehre bezeichnete Kardinal Burke als “die Versuchung des Sentimentalismus”. Dieser gebe sich zwar als Mitgefühl aus, sei tatsächlich jedoch höchst schädlich, da es “ihm am Respekt für die objektive Situation des Gegenübers” mangele. Eine solche sentimentale Haltung blockiere jedoch erst recht eine Begegnung mit Christus, denn sie sieht “die Wahrheit Christi wie etwas die Person Verletzendes an und vermeidet deshalb, diese Wahrheit auszudrücken, die aber der einzige Ausweg der Person zur gegebenen Zeit aus der Sünde ist”. Zudem berücksichtige ein solcher Sentimentalismus auch nicht die Auswirkungen der irregulären Situation auf die Opfer, wie etwa auf die Kinder einer geschiedenen Ehe oder auf den verlassenen Ehepartner. Versuchen vor allem von Seiten Kardinal Kaspers, die Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe und ihre immerwährende Praxis, mit Verweis auf die Praxis in der Orthodoxie und einigen patristischen Auslegungen in Frage zu stellen, erteilte Burke eine deutliche Absage. Die Thesen Kardinal Kaspers beruhten “auf einer falschen Interpretation des Konzils von Nicäa”. Damit schlug der Gast aus Rom einen Bogen zu dem im Herbst 2014 vom Präsidenten des Päpstlichen Patristischen Instituts Augustinianum Robert Dodaro herausgegebenen Buch “In der Wahrheit Christi bleiben – Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche”: Der Band versammelt die Beiträge von fünf Kardinälen – unter anderem gehören dazu Gerhard Ludwig Kardinal Müller, Carlo Kardinal Caffarra sowie Kardinal Burke selbst – sowie vier weiterer Wissenschaftler, und stellt “die Wahrheit Christi über das Sakrament der Ehe dar, wie es in der Heiligen Schrift verkündet wird und vom Lehramt der Kirche durch die Jahrhunderte weitergegeben worden ist”, wie Burke betonte. Es befasse sich zudem mit dem “Barmherzigkeits”-Argument.

Der Kardinal empfahl es als Grundlage für eine Diskussion für die anstehende Bischofssynode im Oktober 2015. Des Weiteren übte Burke Kritik gegenüber dem Vorschlag, das Ehenichtigkeitsverfahren zu vereinfachen.

Viel Raum wurde einer einstündigen Diskussion gegeben, in der sich der Kardinal geduldig den Fragen des Publikums stellte. Einer Sechzehnjährigen war einerseits bewusst, dass eheliche Treue hochgehalten werden müsse. Auf der anderen Seite machten Menschen leider auch bei der Partnerwahl Fehler – so lautete ihr Argument –, um eine prinzipielle Unauflöslichkeit der Ehe zu hinterfragen. Kardinal Burke ging freundlich und ausführlich auf die Frage der jungen Dame ein und antwortete mit einem Vergleich: Heutzutage betrachten wir die Ehe wie einen Handykauf. Sobald wir merken, dass es nicht so funktioniert, wie wir es möchten, und wir von einer besseren Marke hören, werfen wir das alte Handy weg und kaufen ein neues. Doch mit einer Ehe sei es nicht so, erklärte der Kardinal.

Weitere Vorträge widmeten sich dem Sakrament des Ordo und den Niederen Weihen (Pater Sven Conrad FSSP) und der Entwicklung und Ausformung der Liturgie der Sakramente in der Väterzeit (Professor Pablo Argárate, Graz). “Befähigung oder Bestätigung? Das Sakrament der Firmung zwischen Initiation und Jugendweihe” war der Titel des Referates von Professor Veit Neumann aus St. Pölten, und Professor Thomas Marschler aus Augsburg befasste sich mit dem Thema “Opus operatum. Zu einem Zentralbegriff der katholischen Sakramententheologie”.

Das nächste “Grossereignis” in Herzogenrath ist bereits in Planung und wird für 2017 angekündigt. Dann wird der 2013 von Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von Portland, USA, ernannte Alexander Sample im Rahmen der 18. Internationalen Tagung zur Liturgie vom 29. März bis zum 1. April in der Stadt an der Wurm zu Gast sein. Es wird dann ein Jubiläum zu feiern geben. Thema der Tagung ist: “Wahrheit und Form. 10 Jahre Motu proprio ‘Summorum pontificum'”.

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