Impuls zum 29. Sonntag im Jahreskreis

Nietzsche lässt grüssen

schande1Impuls zum 29. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C — 16. Oktober 2016

Quelle,  Zenit.org, 14. Oktober 2016, Peter von Steinitz

Im Evangelium dieses 29. Sonntags im Jahreskreis weist der Evangelist von vornherein darauf hin, was das dann folgende Gleichnis zu bedeuten habe: “Dass sie (die Jünger) allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten” (Lk 18,1).

Tatsächlich wissen wir von vielen Menschen, dass sie durchaus beten, aber nicht beharrlich beten. Und wenn sie nicht gleich das erhalten, was sie erbitten, dann lassen sie nach oder unterlassen das Gebet ganz.

Zur Illustrierung seines Vorschlags erzählt der Herr das Gleichnis von dem etwas drastischen Verhalten jener Witwe, die wusste, dass sie bei dem ungerechten Richter mit ihrem Anliegen nicht landen konnte, die deswegen ihm regelrecht auf die Nerven ging und “immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind!” (Lk 18,4)

Der wollte lange nichts davon wissen, zumal die Frau offensichtlich mit juristischen Mitteln nicht an ihn herankam. Aber er gibt es auf, sie zu ignorieren, weil ihre Zudringlichkeit unerträglich wird. “Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mir ins Gesicht” (Lk 18, 6).

Der Vergleich soll uns zeigen, dass wir, wenn wir etwas (Sinnvolles) wollen, Gott bitten sollen. Darüber hinaus aber, dass wir uns nicht nach Menschenart mit einmal oder zweimal Bitten begnügen, sondern dass wir Gott mit unseren Anliegen regelrecht lästig fallen sollen.

An dieses Gleichnis und die daraus folgende Nutzanwendung schliesst sich am Ende der Perikope ganz unvermittelt eine Bemerkung an, die auf den ersten Blick mit dem Ganzen nichts zu tun hat: “Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?” (Lk 18,8)

Es handelt sich offensichtlich um eine Art von Prophezeiung. Wenn man die Frageform beiseite lässt, heisst es:

Es wird möglicherweise beim zweiten Kommen Christi auf der Erde kaum noch den christlichen Glauben geben.

Die Frage ist, wie schon seit zweitausend Jahren, wann ist das zweite Kommen Christi zu erwarten? Bereits die ersten Christen lebten bekanntlich in der ‘Naherwartung’. Aber auch wenn der Herr seit so langer Zeit nicht wieder gekommen ist, so heisst das nicht, dass die Wiederkunft niemals stattfindet.

Gott hat einen langen Atem. Denken wir nur an die Zeit vor der Babylonischen Gefangenschaft. Bevor das auserwählte, aber in Verblendung geratene Volk der Juden die harte Strafe der Verbannung nach Babylon erlebte, gab es jahrzehntelang vorher immer wieder mehr oder weniger verhüllte Prophezeiungen auf das Geschehen hin. Da es sich aber in so langer Zeit nicht erfüllte, dachten viele, es würde nicht mehr stattfinden, oder die Vorhersage wäre vielleicht ein Irrtum.

So ist es auch mit der Wiederkunft des Herrn. Ob sie sich in nächster Zeit oder erst in vielen Jahrhunderten ereignen wird, ist offen.

Ein Vorzeichen wäre aber – so kann man das Wort des Herrn deuten – das Schwinden des Glaubens an Christus.

Ein weiteres Vorzeichen ist nach der Geheimen Offenbarung des Johannes, den Apostelbriefen und der Tradition das Auftreten des Antichristen, der sich den Unglauben an Christus zunutze machen wird und alle Aufmerksamkeit auf sich, den falschen Christus lenken wird.

Im 2. Thessalonicherbrief spricht Paulus von diesem falschen Christus:

„Niemand soll euch irreführen in irgendeiner Weise, denn es muss unbedingt zuerst der Abfall kommen und der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, geoffenbart werden, der Widersacher, der sich über alles erhebt, was Gott oder Gegenstand der Verehrung heisst, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst als Gott erklärt. Denkt ihr nicht mehr daran, dass ich euch solches sagte, als ich noch bei euch war? Und nun wisst ihr ja, was noch aufhält, dass er geoffenbart werde zu seiner Zeit. Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Werk, nur muss der, welcher jetzt aufhält, erst aus dem Wege geschafft werden; und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, welchen der Herr Jesus durch einen Hauch seines Mundes aufreiben, und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft vernichten wird. (vgl. Off 19,15)

Die Lehren des Antichristen, die bei den Menschen auf breite Zustimmung stossen, werden geprägt sein von einer Umkehrung aller Werte. Was gut ist, wird schlecht genannt werden, und schlecht ist plötzlich gut. Alles wird auf den Kopf gestellt werden.

Mit dichterischer Kraft sagt Nietzsche das in seiner Schrift “Der Antichrist” so:

„Aber meine Wahrheit ist furchtbar, denn man hiess bisher die Lüge Wahrheit. – Umwertung aller Werte, das ist meine Formel für einen Akt höchster Selbstbesinnung der Menschheit, der in mir Fleisch und Genie geworden ist“ (Ecce Homo, Warum ich ein Schicksal bin, 1, KSA 6, 365).

Eigenartigerweise haben auch die Muslime eine ähnliche Vorstellung vom Antichristen, den sie Dajjal nennen, und von dem sie die gleichen Aussagen bezüglich der Umwertung aller Werte machen. In einem der Hadithen, der mündlichen Überlieferung des Islam, heisst es: “Der Dajjal wird die Menschen dadurch täuschen, dass es ihm gelingt, das Gute als das Böse und das Böse als das Gute darzustellen. Er wird ein Meister darin sein,, die Herzen der Menschen mit Zweifeln zu erfüllen”.

Unabhängig davon, ob diese prekäre Zeit nahe bevorsteht oder nicht, erleben wir in diesen Tagen, wie in den Vereinigen Staaten die demokratische Präsidentschaftskandidatin, Hillary Clinton, ein so genanntes Recht auf Abtreibung auch noch als Menschenrecht fordert.

Da haben wir es: früher (und in jeder bisher auf Erden gewesenen Kultur) war eine Abtreibung, also Tötung eines Kindes im Mutterleib etwas Schlechtes, jetzt soll es etwas Gutes sein, das so gut ist, dass man ein Recht darauf haben und durchsetzen kann!

In all den Jahren des Kampfes um das Recht des Kindes auf Leben sind die Lebensschützer der Öffentlichkeit stark auf die Nerven gegangen. Die daran beteiligten Frauen, die meistens eher die Opfer sind, haben oft geglaubt, man wolle sie verurteilen.

Das ist ja keineswegs so. Vielmehr sind es die Propagierer der ‘Umwertung aller Werte’, die Publizisten und Politiker, diese wahren Schreibtischtäter, die in ihre Schranken verwiesen werden müssen.

Dass es überhaupt soweit kommen konnte – hat es vielleicht damit zu tun, dass letzten Endes doch zu wenig und nicht beharrlich gebetet wurde?

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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