Videobotschaft zur Barmherzigkeit
Videobotschaft zur Barmherzigkeit: „Vom Herzen in die Hände”
Barmherzigkeit hat eine innere Dynamik: Sie beginnt bei der Erinnerung an die selbst empfangene Barmherzigkeit, und dann geht es vom Herzen in die Hände, zu selbst konkret gelebter Barmherzigkeit. Mit dieser Botschaft richtet sich Papst Franziskus an diesem Samstag in einem 32 Minuten langen Video an die Kirchen Amerikas.
In Bogotà in Kolumbien findet derzeit ein Kongress statt, bei dem anlässlich des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit die Bedeutung dieses Themas für Amerika besprochen wird, ausgerichtet wird er gemeinsam von der Vereinigung der Bischofskonferenzen von Lateinamerika (Celam) und dem Vatikan. Vertreten sind 22 Länder aus beiden Teilen des Doppelkontinents.
Er freue sich über die Einheit Amerikas, die in der Initiative deutlich werde, so der Papst, „bei den vielen Versuchen der Aufsplitterung, der Trennung und dem Versuch Gegensätze zwischen Menschen zu erzeugen, hilft uns ein Ereignis wie dieses, unseren Horizont zu weiten, es ist ein grosses Zeichen, dass uns in Hoffnung ermutigt.“
Die Video-Botschaft ist eine Auslegung einer Stelle aus dem ersten Timotheusbrief (1 Tim 1:12-16a). Die Worte des Paulus seien auch heute noch eine Einladung, mehr noch eine Provokation. Paulus beschreibe sich selber als Sünder, aber „er spiele uns den Ball zu“, so der Papst, mit dem Schreiber könnten sich Christen auch heute identifizieren.
„Wir können gemeinsam mit Paulus sagen ‚Wir haben Barmherzigkeit empfangen’. Trotz aller Sünden, Begrenzungen, Fehler und trotz der vielen Male, in denen wir gefallen sind.“ Diese Einsicht stehe im Zentrum des Paulusbriefes, wie auch im Zentrum des Heiligen Jahres, aus dessen Anlass die Initiative gestartet wurde.
Erst Barmherzigkeit erfahren, dann geben
„Es gibt eine ganz besondere Sache im Paulusbrief, die ich teilen möchte“, führt der Papst aus. „Paulus sagt nicht ‚Der Herr hat zu mir gesprochen und gelehrt’ oder ‚Der Herr hat mir gezeigt oder mir beigebracht’. Paulus sagt ‚Ich habe Erbarmen gefunden’. Für Paulus wird seine Beziehung mit Jesus durch dessen handeln an ihm besiegelt. Es ist weit weg davon, eine Idee, ein Wunsch, eine Theorie oder gar eine Ideologie zu sein, Barmherzigkeit ist eine konkrete Weise, Schwachheit zu berühren, eine Weise Gemeinschaft zu bilden und anderen näher zu kommen.“ Paulus habe den Passiv benutzt – der Papst entschuldigt sich, dass er als etwas pedantisch erscheinen könnte – und dieser grammatische Passiv zeige sehr deutlich, dass er Empfänger sei, nicht Handelnder.
Gott habe in Paulus eine Bewegung „vom Herzen in die Hände“ begonnen, das Handeln drückt die empfangene Barmherzigkeit konkret aus.
Das, was Gott für die Menschen tut, müsse das Kriterium für das eigene Verstehen und Tun werden, „Gehet hin und handelt genau so“ (Lk 10:37) zitiert der Papst das Evangelium. Christen handelten immer so, nie als Angst heraus. „Das Einzige, was das Handeln aus Angst erreicht, ist Trennung, Spaltung, falsche Sicherheit, das präzise gegeneinander Ausspielen von Menschen und das Bauen von Mauern,” fährt Papst Franziskus fort. Wer aber auf der Basis der Hoffnung auf Wandel und Umkehr handle, der ermutige und schaue in die Zukunft, „der schafft Raum für Möglichkeiten“. Menschen mit Barmherzigkeit zu behandeln wecke Kreativität in den Menschen.
Der ältere Bruder
Dieses Handeln Gottes treffe nicht immer auf offene Ohren, der Papst geht auf die Geschichte vom barmherzigen Vater und seinem älteren Sohn ein, der sich skandalisiert, weil sein jüngerer Bruder, der sein ganzes Vermögen verprasst hatte, vom Vater mit offenen Armen empfangen wird. Das passiere immer dann, wenn man vergesse, wie man selber von Gott empfangen habe, der Papst zitierte noch einmal seinen Begriff vom ‚spirituellen Alzheimer’. So würden Trennungen, Gruppen auf Aufspaltungen entstehen.
Die Kultur sei bereits eine aufgesplitterte Kultur, eine Wegwerf-Kultur, „eine Kultur, die beschmutzt ist durch den Ausschluss von allem, das die Interessen einiger weniger bedrohen könnte.“ Der Papst spricht hier über die Älteren, die Kinder, über ethnische Minderheiten, über Indigene Völker und ihre Rechte, die als Bedrohung gesehen würden.
Diese Gesellschaft verwunde Menschen, aber in genau diese Gesellschaft seien die Christen gesandt. „Er sendet uns mit nur einem Auftrag: uns gegenseitig mit Barmherzigkeit zu behandeln.“ Das alles habe mit der konkreten Kirche zu tun, mit Katechese, Ausbildung, mit Pfarreistrukturen und Pastoralplänen, so der Papst weiter. „Es geht darum, zu lernen, barmherzig zu sein.“
Barmherzigkeit lernt man aus der Erfahrung”, schliesst der Papst seine Gedanken. „Sie wird gelernt dadurch, dass Gott uns weiterhin vertraut und uns zu Boten macht und uns aufträgt, unsere Brüder und Schwestern so zu behandeln, wie er uns behandelt hat.“
rv 27.08.2016 ord
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