Im Feuer der Liebe zum Himmel
Impuls zum 20. Sonntag im Jahreskreis C — Mariä Himmelfahrt
Zenit.org, 15. August 2016, Peter von Steinitz
Im Evangelium des 20. Sonntags spricht Jesus fast wie ein Revolutionär: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49)
Passt das zu dem, der „sanftmütig und demütig von Herzen ist“?
Aber ja, Jesus ist vollkommener Gott und vollkommener Mensch. Und als vollkommener Mensch hat er natürlich ein facettenreiches inneres Leben.
Das Feuer, das er uns bringen will, ist kein zerstörendes Feuer, sondern das belebende Feuer des Heiligen Geistes, das Feuer der Liebe. Sein irdisches Leben zeigt sehr deutlich, dass ein Mensch sehr demütig und zugleich sehr „feurig“ sein kann.
Da es nun unsere Aufgabe ist, ihm nachzufolgen, d.h. ihn nachzuahmen, müssen wir uns fragen, was dieses Feuer in unserem Leben bedeuten soll.
Ich denke, dass es sich zunächst nicht gehört, dass der Christ langweilig ist, träge oder ohne Initiative. Natürlich sind die Temperamente auch der Christen sehr unterschiedlich. Jemand kann ein ‚ruhiger Typ‘ sein und trotzdem dieses heilige Feuer in sich haben. Wie Jesus das meint, sehen wir daran, wie leidenschaftlich er um die Seelen der Menschen bangt und um sie kämpft, weil er nicht will, dass sie verloren gehen. Also lautet die Frage, die sich ein jeder von uns stellen sollte: mache ich mir Sorgen um das ewige Heil meiner Mitmenschen? Oder ist es mir egal, Hauptsache ich erreiche das Ziel. Oder denke ich gar, da man allenthalben die Sünde weginterpretiert hat, dass da schon ‚alles gut gehen wird‘?
Morgen feiern wir das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Die unbefleckte Jungfrau Maria ist, da sie von der Erbsünde und den Folgen der Erbsünde ganz frei war, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen.
Es gibt da noch eine andere ‚Himmelfahrt‘, an die uns das heutige Evangelium erinnern könnte, die des Propheten Elija. Ein absolut feuriges Temperament. „Ein Prophet wie Feuer“, so heisst es im Weisheitsbuch (Sir 48,1) Er wurde vor den Augen seines Schülers, des Propheten Elischa, von einem feurigen Wagen mit feurigen Pferden ergriffen und mitgenommen in den Himmel. Im Leibe, ohne Tod. Also so ähnlich wie bei Maria?
Nein. Elija wurde zwar ohne Tod, aber sozusagen vorübergehend, von der Erde entrückt. Er befindet sich im ‚Wartestand‘, bis er am Ende der Zeiten, zusammen mit Henoch, wieder auf Erden erscheinen wird, um die treulos gewordene Menschheit zur Busse aufzurufen. Dann wird der Antichrist, gegen den die beiden sich eine Zeitlang behaupten können, sie ermorden lassen. Dann erst kommt die Vollendung.
Dass Maria, die unbefleckte Mutter des Gottmenschen, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wird, ist dagegen die Erfüllung und Krönung eines ausserordentlich heiligen Lebens. Dabei sind es aber nicht die Verdienste der heiligsten Jungfrau, durch die sie sozusagen diese ausserordentliche Gunst ‚verdient‘ hat. Vielmehr hat es diesen sehr nüchternen theologischen Grund: Der Tod, den wir alle erleiden, ist eine Folge der Erbsünde, unabhängig von der Schuld des einzelnen Menschen. Maria war als einziger Mensch (ausser Jesus) frei von der Erbsünde, daher sollte sie den Tod und die Verwesung nicht schauen.
Erstaunlicherweise hat auch dies mit einem jeden einzelnen von uns zu tun und ist nicht nur eine ‚Sonderbehandlung‘ für die Jungfrau Maria: „An der Himmelfahrt der Jungfrau Maria wird es ein- sichtig, was der ganzen Kirche zuteil werden wird, ja schon zuteil geworden ist in Christus Jesus, dem Verklärten. Was sich am menschlichen Leibe der Frau begab, die uns den menschgewordenen Gott geschenkt hat, ist ja nicht so sehr eine Ausnahme, sondern vielmehr eine vorwegnehmende Erfüllung der dem ganzen mystischen Leib Christi nicht nur verheissenen, sondern (wenngleich hienieden noch in die Hüllen der sakramentalen Gnade verborgene) bereits geschenkten Rückführung in die paradiesische Verklärung des Fleisches“ (Hugo Rahner, Maria und die Kirche, Innsbruck 1951, S.117).
Aber nicht nur, weil Maria von der Erbsünde und den Folgen der Erbsünde frei war, ist sie mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Ihre ausserordentliche persönliche Heiligkeit und ihre Tugenden haben dazu beigetragen, dass sie obendrein zur Königin des ganzen Universums gekrönt wurde: “Denn auf die Demut seiner Magd hat er geschaut”, diese Worte spricht Maria in ihrem Lobpreis, im Magnifikat, weil sie sich bewusst ist, dass ihre Demut bei Gott so wertvoll ist. Die Demut, sagt man, zieht Gott an wie ein Magnet.
Bei der Begegnung Mariens mit Elisabeth, an die uns das Evangelium des Hochfestes erinnert, spricht Maria von ihrer gottgefälligen Demut (und das kann sie, sozusagen in aller Demut, sagen, da sie in diesem Augenblick vom Heiligen Geist inspiriert spricht), und Elisabeth preist sie selig, ‘weil sie geglaubt hat’ (vgl. Lk 1, 45).
Das ist auch unser Weg, der uns einmal in diese himmlischen Höhen führen soll: Glaube, Demut und das Feuer der Liebe.
Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.
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