Orthodoxes Konzil berät über Autonomie von Kirchen

Am dritten Arbeitstag des orthodoxen Konzils auf Kreta steht eine Beschlussvorlage zur Autonomie einer Landeskirche und den Methoden ihrer Erklärung auf der Tagesordnung

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Die orthodoxe Kirche funtkioniert etwas anders
Orthodoxe Kirchen

Am dritten Arbeitstag des orthodoxen Konzils auf Kreta steht eine Beschlussvorlage zur Autonomie einer Landeskirche und den Methoden ihrer Erklärung auf der Tagesordnung. Bei der „Autonomie“ geht es um die begrenzte Eigenständigkeit einer Kirche innerhalb ihrer Mutterkirche. So sind etwa die Kirchen von Estland und Finnland „autonome“ Kirchen innerhalb des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel. Das brisantere Thema der „Autokephalie“, also der vollständigen Eigenständigkeit einer Kirche, steht dagegen nicht auf der Tagesordnung des Konzils, weil dies u.a. den Kirchenkonflikt in der Ukraine betreffen würde.

Über eine entsprechende Vorlage konnte während der Vorbereitung kein Konsens erzielt werden. Während dabei über das Verfahren als solches weitgehendes Einvernehmen herrschte, konnte noch keine Einigung über den Modus der Unterzeichnung einer Autokephalie-Erklärung erreicht werden. In der Ukraine, wo es drei orthodoxe Kirchen gibt, wird bisher nur die zum Moskauer Patriarchat gehörende von den 14 orthodoxen Kirchen anerkannt. Diese Kirche ist autonom, aber nicht autokephal.

Am Dienstag hatten drei Arbeitssitzungen des Konzils stattgefunden. Dabei ging es hauptsächlich um die Ordnung der Zuständigkeiten in der sogenannten Diaspora in Westeuropa, Nordamerika und Australien. Der Beschlussentwurf enthält zur offiziellen Festschreibung die bereits 2009 von den Vorstehern der 14 orthodoxen Kirchen getroffene Regelung, die unter anderem regionale orthodoxe Bischofskonferenzen einrichtete – wie etwa in Österreich – und zunächst nur vorläufigen Charakter hat. Diese hat sich nach verbreiteter Einschätzung bewährt.

Der Pressesprecher des Patriarchats von Konstantinopel, Erzdiakon John Chryssavgis, erläuterte vor Journalisten in Kolymbari, die Einrichtung von Bischofskonferenzen sei ein wichtiger Zwischenschritt zu einer endgültigen kirchenrechtlichen Regelung. Eigentlich sei es eine „anomale Situation“, dass in einer Region oder Stadt Diözesen oder Gemeinden mehrerer orthodoxer Kirchen existierten, obwohl sich die Orthodoxie als eine gemeinsame Kirche verstehe.

Der Pressesprecher des Konzils, Erzbischof Job von Telmessos, erklärte, die Diskussion über das Thema sei sehr lebhaft gewesen. Sie sei noch nicht abgeschlossen. Wie aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war, meinten die einen Redner, dass sich die Bischofskonferenzen gut bewährt hätten. Andere wollen allerdings wie bisher für jede Mutterkirche in der Diaspora eigenständige, für ihre Leute allein zuständige Bischöfe. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel will seine prinzipielle Alleinzuständigkeit für die Diaspora auch künftig nicht aufgeben.

Erzbischof Chrysostomos von Zypern forderte mehr Gemeinsamkeit in der orthodoxen Diaspora. Gerade dort müssten die anderen Christen sehen, dass die Orthodoxen in erster Linie orthodox und dann erst Griechen, Russen oder Araber seien. Die Serben schlugen vor, das Thema auf die nächste Session des Konzils zu vertagen, da die beiden grossen russischen und arabisch-orthodoxen Diaspora-Kirchen diesmal nicht vertreten seien. Auch Anastasios von Albanien riet zu Behutsamkeit.

Chryssavgis und Vertreter anderer Kirchen hoben den Stellenwert des ersten verabschiedeten Dokuments über „Die Mission der Orthodoxen Kirche in der modernen Welt“ hervor. Es betone, dass sich die orthodoxe Kirche zu anstehenden weltweiten Problemen wie Armut, Klimawandel, Diskriminierung und Menschenrechten zu Wort melden und dabei neue Antworten finden müsse, anstatt immer nur die alten zu wiederholen. Erforderlich seien „prophetische, inspirierende, aber auch tröstende Worte“, so der Sprecher.

Neue Konzils-Zählung angestrebt

Die orthodoxe Website „Pravoslavje“ macht derweil erste inhaltliche Angaben zur „Botschaft“, die das Konzil am Schluss feierlich verabschieden wird. In dem bisherigen Entwurf gehe es um Fragen der sakramentalen Einheit der orthodoxen Kirche, die Bedeutung der Synodalität, aber auch um die Probleme der wiederverheirateten Geschiedenen und der Eheschliessungen mit nichtorthodoxen Christen.

Der vor allem von griechischen und serbischen Theologen erstellte Entwurf enthält laut „Pravoslavje“ bemerkenswerte Feststellungen: So werde das derzeitige Konzil als eine „vorbereitende Versammlung“ für weitere Konzilien bezeichnet. Die Fragen, die einzelne Kirchen jetzt an der Teilnahme gehindert hätten, müssten gelöst werden, bevor das nächste Konzil angekündigt werde.

Der Entwurf trage aber auch den Bedenken vieler orthodoxer Bischöfe und Theologen insofern Rechnung, als auch das Photianische Konzil von 879/880 (bei dem die Einfügung des „Filioque“ – des Bekenntnisses zum Ausgang des Heiligen Geistes auch vom Sohn – durch die lateinische Kirche verurteilt wurde), die Konzilien des 14. Jahrhunderts in Konstantinopels (bei denen es um diffizile theologische Fragen in Abgrenzung zur scholastischen Theologie des Westens ging), das Konzil von Iasi von 1642 (bei dem katholische und protestantische theologische Denkmodelle zurückgewiesen wurden) und das Konzil von Jerusalem 1672 (mit seiner Verurteilung des Calvinismus und des „Filioque“) als „Heilige und Grosse Konzile“ anerkannt werden sollen.

kap 22.06.2016 sk

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