Panorthodoxes Konzil von Kreta
Wenn das Panorthodoxe Konzil von Kreta scheitert, hätte das vor allem für Russland negative Folgen
Quelle
Serbien: Orthodoxe Kirche will nun doch am Konzil teilnehmen
Bartholomaios lässt es darauf ankommen
Ukraine: Orthodoxe Kirche soll eigenständig werden
Wenn das Panorthodoxe Konzil von Kreta scheitert, hätte das vor allem für Russland negative Folgen. Das schreibt der bekannte italienische Konzilshistoriker Alberto Melloni in einem Kommentar für die Tageszeitung „La Repubblica“ von diesem Donnerstag. Melloni ist einer der führenden Historiker auf dem Gebiet des Zweiten Vatikanischen Konzils; er erinnert daran, dass die Vorbereitungen zum Panorthodoxen Konzil 1961 starteten, also mit dem damals vorbereiteten katholischen Konzil verbunden sind. Auch damals habe die russisch-orthodoxe Kirche lange taktiert und erst „im letzten Moment“ Beobachter nach Rom entsandt.
Wenn das Panorthodoxe Konzil scheitere, „dann würde die Investition von Patriarch Kyrill und Putin in die Beziehungen zu Rom verloren gehen“, so Melloni. Ausserdem würde ein Scheitern des Konzils Orthodoxe in der Ukraine dazu ermutigen, sich von Moskau loszusagen und einen Status als „autokephale“, also eigenständige Kirche zu erlangen. Im übrigen würde bei einem Scheitern des Konzils auch der Konflikt in der Ostukraine, „der auch ein Religionskrieg unter Christen ist“, angefacht.
Melloni fürchtet aber auch negative Folgen für Papst Franziskus. Schliesslich mache dieser „Synodalität“ und „Einheit“ zu Kernpunkten seines Reformprogramms. „Scheitert das Panorthodoxe Konzil, wäre das ein Sieg für die vielen Feinde der Synodalität, die im Herzen von Franziskus’ Ökumeneverständnis steht.“
Der Historiker weist darauf hin, dass Bartholomaios gar nicht die Möglichkeit habe, das Konzil jetzt zu verschieben oder gar abzusagen: Schliesslich sei er an den Einberufungs-Beschluss gebunden, den der Patriarchengipfel (Synaxis) in der Schweiz vor ein paar Monaten getroffen habe. Erst das Konzil selbst könne entscheiden, ob es auf Abwesende warten, den Beginn der Arbeiten um ein paar Wochen verschieben oder die vorliegenden Textentwürfe ändern sollte.
„Aber das Konzil könnte auch das Scheitern seines panorthodoxen Anspruchs eingestehen und jeden der Patriarchen damit unfreier machen, weniger in Gemeinschaft mit anderen und dadurch per Definition weniger christlich.“ Melloni urteilt, das Schicksal des Panorthodoxen Konzils – übrigens das erste überhaupt, das „in Europa“ stattfinden solle – gehe alle Christen an.
rv 16.06.2016 sk
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