„Die Kornkammer Afrikas ist ausgetrocknet”

Stefan Stein von Kirche in Not über die aktuelle Situation in Simbabwe

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Europäer verbinden mit Simbabwe vor allem das Regime von Präsident Robert Mugabe. Das Land im südlichen Afrika leidet unter Dürre, Arbeitslosigkeit und Korruption. Aber es hat auch eine vitale Kirche.

Stefan Stein von Kirche in Not hat das Land kürzlich während einer Projektreise besucht. Tobias Lehner hat mit ihm gesprochen.

Kirche in Not: Welche Eindrücke haben Sie von Ihrer Reise mitgebracht?

Stefan Stein: Die Menschen in Simbabwe habe ich als freundlich, offen und interessiert erlebt – trotz ihrer alltäglichen Herausforderungen. In diesem Jahr hat die Bevölkerung in einigen Landesteilen unter

einer grossen Dürre gelitten. Die einstige Kornkammer Afrikas ist ausgetrocknet. Die Flüsse sind versiegt, und die Ernte ist verdorrt. Besonders die Bevölkerung auf dem Land muss zum Teil Hunger leiden, weil vor allem das Hauptnahrungsmittel Mais nicht gut gewachsen ist.

Simbabwe wird seit der Unabhängigkeit im Jahr 1980 von Robert Mugabe regiert, der mittlerweile 92 Jahre alt ist. Wie ist die politische Lage?

Das Land erlebt einen wirtschaftlichen Stillstand. Korruption, Misswirtschaft und falsche politische Entscheidungen haben dazu geführt, dass heute rund 80 bis 90 Prozent der Einwohner arbeitslos sind. Investitionen aus dem Ausland gibt es so gut wie gar nicht. Mittlerweile sind bereits über drei Millionen Simbabwer ausgewandert, weil sie im Ausland eine bessere Zukunft erhoffen.

Was bedeutet das für das Wirken der Kirche?

Die katholische Kirche versucht, das Beste aus der schwierigen wirtschaftlichen Situation zu machen. Viele Schulen, Kliniken und Krankenhäuser sind in kirchlicher Trägerschaft und geniessen in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Wegen der dramatischen Talfahrt der nationalen Währung ist der US-Dollar seit letztem Jahr offizielles Zahlungsmittel. Das hat aber zu enormen Preissteigerungen geführt.

Dadurch ist es für die katholische Bischofskonferenz in Simbabwe beispielsweise nicht mehr möglich, zwei Priesterseminare zu tragen. Dringend notwendige Reparaturen an Gebäuden oder Fahrzeugen können sich die acht Diözesen kaum leisten. Sie sind auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen.

Der Regierung von Simbabwe werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Wie steht es um die Religionsfreiheit?

Die Kirche kann im Allgemeinen frei tätig sein. Allerdings hat die Regierung schon ein Auge auf die Christen und ihre Tätigkeiten. Denn die Politik braucht dringend Geld. Simbabwe ist überwiegend christlich geprägt, allerdings sind nur zehn bis zwanzig Prozent der Einwohner katholisch. Die meisten gehören evangelischen Glaubensgemeinschaften und Freikirchen an.

Welche Rolle spielt der Islam in Simbabwe? Gibt es auch hier radikale Gruppen?

Bisher gibt es im Land sehr wenige Muslime und nur vereinzelt Moscheen. Allerdings berichteten uns die Bischöfe, dass der Einfluss des Islam stärker wird. Ein Beispiel: Im Osten Simbabwes ist mit Hilfe von reichen muslimischen Investoren aus Kuwait eine Schule gebaut worden. Sie ist die erste muslimisch geprägte Schule im Land, die einzige weiterführende Schule in der Region – und verlangt keine Studiengebühren, was in Simbabwe jedoch allgemein üblich ist. So nimmt man Einfluss auf junge Menschen.

Was sind die grössten Herausforderungen für die Seelsorge?

Zum einen ist es die bereits erwähnte schwierige wirtschaftliche Lage des Landes, unter der auch die Kirche stöhnt. Die Menschen können zudem aus Geldmangel nicht mehr die Priester oder Pfarreien mit einer Spende oder Kollekte unterstützen.

Eine weitere Herausforderung sind die grossen Entfernungen im Land. Dass ein Priester zu einer Aussenstelle seiner Pfarrei bis zu 100 Kilometer oder mehr fahren muss, ist keine Seltenheit. Abseits der Highways gibt es nur Sandpisten mit vielen Schlaglöchern. Bei Regen sind diese extrem aufgeweicht; immer wieder bleibt das Fahrzeug im Schlamm stecken. Ein geeignetes Fahrzeug ist daher lebenswichtig.

Wie hilft Kirche in Not in Simbabwe? Kommt die Hilfe an?

Alle Bischöfe, Priester und Gläubigen, die wir in Simbabwe getroffen haben, sind für die vielfältige Hilfe durch Kirche in Not sehr dankbar. Die Menschen beten stets für die Wohltäter. Wichtig sind zum Beispiel Mess-Stipendien, die das Überleben der Priester sichern. Denn sie erhalten wenig bis gar keinen Lohn. So entsteht auch eine geistliche Verbindung zu den Wohltätern, in deren Anliegen die Priester die Messe feiern.

Kirche in Not hat auch schon zahlreichen Seelsorgern ein Fahrzeug finanziert, damit sie sicher zu ihren Gemeinden kommen können. In Simbabwe unterstützt das Hilfswerk zurzeit auch den Bau von Kirchen, diözesanen Einrichtungen oder Pfarrzentren. Es war beeindruckend zu erleben, wie glücklich die Menschen sind, wenn sie zum Beispiel nach vielen Jahren endlich eine solide Kapelle oder Kirche in der Pfarrei haben oder wie selbst mit einer kleinen Spende viel erreicht werden kann.

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