Flüchtlingskrise eröffnet Chancen für Evangelisierung
Die Flüchtlingskrise kann auch neue Möglichkeiten der Evangelisierung eröffnen
Die Flüchtlingskrise kann auch neue Möglichkeiten der Evangelisierung eröffnen. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der deutsche Islamwissenschaftler und Jesuitenpater Christian Troll. Zum Themenfeld des Umgangs mit Flüchtlingen hat er eine „Resolution“ ausgearbeitet, die er an diesem Samstag auf dem Jahreskongress des Forums Deutscher Katholiken vorgestellt hat und die „Die Flüchtlinge unter uns“ betitelt ist. Dabei gehe es aber nicht darum, aggressive und aufdringliche Missionierung in den Lagern vorzunehmen, sondern vielmehr Gesprächsangebote zu geben und den Menschen, die auf der Suche nach spirituellen Antworten für ihr Leben seien, Jesus von Nazareth näher zu bringen.
Denn in einem Land wie Deutschland, in dem Religionsfreiheit garantiert sei, „besteht für Muslime erstmals die Möglichkeit, sich frei über Jesus und seine Lehre zu informieren, und damit haben sie nun mal erstmals die Chance, ungehindert in Weltanschauungsfragen eine eigene Entscheidung zu treffen. Und da sind wir aufgerufen, uns einzubringen, nicht in aufdringlicher Weise, aber doch bestimmt,“ stellt Pater Troll klar.
Leider sehe er diesbezüglich allerdings noch viele Defizite auf katholischer Seite. Zu einem gelungenen Weitergeben des Glaubensgeschenkes gehöre es nämlich zunächst einmal, den eigenen christlichen Glauben tatsächlich als Geschenk und damit als würdig zu empfinden, weitergegeben zu werden. Und wenn dieser Wunsch der Glaubensweitergabe vorhanden sei, dann brauche es auch: „Den Wunsch, zu begegnen. Der Wunsch, diese Menschen, die vielleicht eine andere Sprache sprechen und alleine auf den Bahnhöfen stehen, die kaum Ansprechpartner finden, freundlich anzusprechen, auf sie zuzugehen und sich zu kümmern. Ihnen also die Erfahrung geben, dass sie hier willkommen sind, dass Menschen mit ihnen sprechen, die sie verstehen wollen und die ihnen womöglich helfen wollen. Wenn sich dann im weiteren Verlauf herausstellt, dass der Angesprochene weitere Fragen hat und eventuell konkret danach fragt, das Evangelium zu lesen oder eine Kirche zu besichtigen – ja, wo sind wir Katholiken da?!“
Drei grosse Hauptherausforderungen kristallisierten sich nach Pater Trolls Verständnis durch die noch nie in diesem Ausmass geforderte Aufnahme von Flüchtlingen in unseren Breitengraden für die katholische Kirche heraus: „Erstens für die Christen als Bürger, denn diese Herausforderung teilen die Christen mit allen Bürgern, auch den Nicht-Christen, die teils aus anderen Motiven humanitär tätig sind und dabei Herausragendes leisten. Die zweite Dimension ist, dass eine Minderheit dieser Flüchtlinge, vielleicht zehn Prozent, getaufte Christen sind.“ Dies könnten zwar auch Angehörige anderer Christlicher Kirchen sein, doch allein aufgrund der Tatsache, dass es sich um Geschwister im Glauben handele, ergebe sich eine besondere Verantwortung und Verpflichtung zur Gastfreundschaft diesen Menschen gegenüber.
„Dann ist die dritte Herausforderung, dass es doch erstaunlich viele junge nichtchristliche Flüchtlinge gibt, die hier in diesem Umfeld Ausschau halten nach Information, Begegnungen, Gesprächen, und die auch von sich aus an uns herantreten und uns über unseren Glauben befragen. Die wollen wissen, was heisst es eigentlich, Christ zu sein, oder die wollen erklärt bekommen, was ist das jetzt für eine Kirche, in deren Nähe unser Flüchtlingsheim ist… Also sie suchen, und das ist durchaus bei einigen eindeutig die Suche nach der wahren Religion, die Suche, das Evangelium kennenzulernen.“
Dabei dürfe man natürlich nicht blauäugig sein und müsse behutsam überprüfen, was der eigentliche Beweggrund für dieses manifestierte Interesse am christlichen Glauben sei. Manch einer könnte vielleicht in der Erwartung handeln, ein Interesse für den christlichen Glauben könnte ihm auch im Asylverfahren helfen. Doch Pater Troll mahnt eine vorurteilsfreie Prüfung der Katechumenen an: „Andererseits darf man meiner Erfahrung nach nicht einfach davon ausgehen, naja, das ist nicht echt, sondern ich glaube schon, dass da viele junge Leute sind, die in überzeugender Weise suchen und die im Glauben unterrichtet werden wollen und ganz klar den Willen bekunden, die Heilige Taufe zu empfangen.“
rv 23.04.2016 ord/cs
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