Sich nicht spalten lassen
Was wollen die Bischöfe?
Von Guido Horst
Die Tagespost, 19. Februar 2016
Afd-Chefin Frauke Petry hat der Kirche zur Flüchtlingspolitik „verlogene Positionen“ vorgeworfen. Abgesehen davon, dass angesichts der historischen Migrationswellen, die ununterbrochen gegen die europäischen Grenzen branden, niemand eine klare, stimmige, weitsichtige und feste Position einnehmen kann, weil niemand weiss, welche Ausmasse das Phänomen noch annehmen wird, greift Frau Petry dabei kräftig in die Polemik-Kiste. „Inzwischen erheben einige Amtsträger der deutschen Kirchen ihre Stimme offenbar mehr für Muslime als für eigene Glaubensbrüder“, sagte sie etwa der „Stuttgarter Zeitung“. Das ist schlichtweg falsch, wie einige Stimmen aus dem Kreis der Bischöfe während ihrer Frühjahrsvollversammlung zeigen.
Dort hat die Deutsche Bischofskonferenz übrigens ein kohärentes und christlich geprägtes Dokument zu ihrer Flüchtlingspolitik verabschiedet. Möge sich die Afd-Chefin doch mit diesen Fakten und nicht mit ihren persönlichen Einbildungen befassen.
Was wollen die Bischöfe? Sie wollen allen Flüchtlingen helfen, die an unsere Tür klopfen, und sie wollen ihre christlichen Glaubensbrüder besonders unterstützen – sei es in deren orientalischen oder afrikanischen Heimatländern, sei es in den Flüchtlingsunterkünften auf deutschem Boden. In Zeiten der Not muss man oft zwei-, drei- oder viergleisig fahren. Was will Frau Petry? Sie will Wahlen gewinnen. Die Afd sucht in absehbarer Zeit in drei Landtagswahlen nach den Stimmen der Wähler – und fischt natürlich auch in den Gewässern kirchlich gebundener Wahlbürger, besonders bei jenen, die sich vor muslimischer Überfremdung und dem Versanden der traditionellen Pfeiler unser europäischen Kultur fürchten. Doch die Katholiken sollten sich nicht spalten lassen. Die Haltung der Kirche zu Flüchtlingen, Vertriebenen, notleidenden und um Hilfe suchenden Menschen ist so alt wie das Evangelium. Je nach dem besonderen Anlass, je nach Situation und mit Blick auf ganz bestimmte Personenkreise kann sich ein Amtsträger mal so oder so zu einer ganz bestimmten Frage äussern. Indem er etwa die Lage der christlichen Minderheiten in Flüchtlingsheimen anspricht, oder aber die Migranten insgesamt meint, oder sich an die Christen in ihrer Heimat im Orient wendet – oder Einzelfragen des Asylrechts, des Familiennachzugs oder kriminell gewordener Einwanderer thematisiert. Man muss differenzieren. Das tut Frau Petry nicht. Verständlich für einen Politiker und seine Parolen in Wahlkampfzeiten. Katholiken sollten sich davon nicht beeindrucken lassen.
Schreibe einen Kommentar