„Religiöse Säuberung“ im Nahen Osten

„Religiöse Säuberung“ im Nahen Osten: Die Fehler des Westens

Quelle
Kirche in Not

Die Christenverfolgung im Nahen Osten war noch nie so stark wie zur Zeit, aber bei genauerer Beobachtung müsse man eigentlich von „religiöser Säuberung“ sprechen, die alle Religionen und vor allem die Minderheiten dort betrifft. Das geht aus einer Studie hervor, die das Hilfswerk ‚Kirche in Not‘ an diesem Freitag in München vorgestellt hat. Sechzehn Länder werden dort ausführlich untersucht, unter anderem der Irak, bei uns etwas im Windschatten der Aufmerksamkeit wegen des Krieges im Nachbarland Syrien. Die Menschen im Irak hätten Angst, sagt Louis Raphaël I. Sako, Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche und Bischof von Bagdad. „Ich denke, dass für uns die einzige Hoffnung die Trennung von Religion und Staat ist“, erklärt er bei der Buchvorstellung zum Thema Christenverfolgung.

„Der Massstab sollte das Bürgerrecht sein, nicht die jeweilige Religion. Ob man Christ oder Muslim ist, das sollte etwas persönliches sein. Die Muslime müssen aber verstehen, dass das auch zu ihrem Nutzen ist, das richtet sich nicht gegen sie.“

Es klingt fast verzweifelt, was der Patriarch sagt, mit dem Islamischen Staat (IS) im Land ist das alles nicht zu machen. Aber das ist nicht der einzige Grund, auch der Westen habe Fehler gemacht. „Wirtschaftliche Interessen sind nicht alles, Europa muss das verstehen lernen. Es geht auch um Erziehung zur Freiheit und zum Respekt vor den Menschenrechten.“ Letztlich lösen könne man die Probleme nur im Land selber, durch Hilfe für die Menschen vor Ort. Die Weltgemeinschaft müsse Druck auf die islamischen Länder des Nahen Ostens ausüben, denn sie böten durch ihre Politik den Extremisten oft Nährboden und Schutz. „Muslimische Staats- und Religionsführer müssen religiös motivierte Gewalt ächten und das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit anerkennen“, erklärte Sako.

Kritik an Europa

Erstellt hat den Bericht für ‚Kirche in Not‘ Bertold Pelster, er benutzt auch den Begriff der „religiösen Säuberung“, die er im Irak, in Syrien, aber auch anderswo konstatieren muss. „So schlimm wie dieses Mal war die Situation noch nie“. In diesen Zeitraum fiel der IS, der ein Drittel des Irak und ein Drittel Syriens erobert habe und dort sein islamistisches System errichtet habe. Aber auch wenn wir von ‚Christenverfolgung’ sprächen, müsste der Blick weiter sein. „Christen sind vertrieben worden, Jesiden sind vertrieben worden, Minderheiten sind vertrieben worden, Kulturgüter sind zerstört. Aber es werden auch Moscheen in die Luft gesprengt, die dem harschen und rigiden Regiment des IS nicht folgen wollen. Da findet eine regelrechte religiöse Säuberung statt. Es gilt nur noch diese eine strikte Ideologie des islamischen Staates und das hat natürlich zu viel Leid, zu vielen Toten und zu vielen Vertriebenen geführt. So eine Situation habe ich in den ganzen Jahren, in denen ich das Buch erstelle, noch nicht erlebt.“ Aus Mosul im Irak alleine sind 120.000 Christen vertrieben worden, in der ganzen umliegenden Gegend gibt es keine Christen mehr, die Dörfer sind zerstört und die Menschen mussten fliehen, meistens in Lagern im kurdischen Teil des Landes. Aus der gleichen Gegend seien mehrere 10.000 Jesiden vertrieben worden.

Europa muss die christlichen Werte pflegen

Patriarch Louis Raphaël I. Sako warnt davor, die Situation, die sich mit den Fliehenden hier in Europa ergibt, falsch einzuschätzen. Integration sei nicht einfach, viele Flüchtlinge seien ja nicht wegen der Werte Europas hier, sondern weil ihre Häuser und Dörfer nicht mehr existieren. „Sie haben ihre eigenen Traditionen, bei uns gehören Familien in Stämme hinein, hier in Europa denkt man individualistisch, Mentalität, Sprache und Kultur sind verschieden. Man kann sie nicht einfach integrieren oder assimilieren. Vielleicht geht das mit den Kindern, aber es braucht Zeit.“

Der Patriarch hat aber auch eine Mahnung, wenn er auf die Werte und die Situation hier in Europa blickt: „Die eigene Religion ausüben zu können, ist ein Menschenrecht, wenn wir das nicht dürfen, wenn wir den Glauben nicht verkünden dürfen, dann verlieren wir. Hier in Europa gibt es viele gute Dinge, aber die gibt es auf Grund der christlichen Werte. Behalten Sie die bloss!“

rv/pm/Michaelsbund 20.02.2016 ord

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