Ramelow beim Papst

Ramelow beim Papst: “Menschen Mut machen, nicht Angst”

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Im Gespräch mit Radio Vatikan: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow

Gefühlte „drei Stunden” habe die Audienz gedauert: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow wurde an diesem Freitag von Papst Franziskus empfangen. In der etwa dreissigminütigen Unterredung, die eigentlich für den Donnerstag geplant war und die der Papst wegen Fiebers verschoben hatte, lud Ramelow Franziskus, wie er hinterher berichtete, für nächstes Jahr „mit einem Augenzwinkern“ zu einem Besuch in Thüringen ein. Angesichts des vollen Terminkalenders des Papstes rechne er sich jedoch nicht allzu grosse Chancen auf eine solche Visite aus. 2017 jährt sich zum 500. Mal der Beginn der Reformation (Luthers „Thesenanschlag“ in Wittenberg).

Ramelow ist Protestant und bundesweit der einzige Ministerpräsident der Linkspartei. Er habe gegenüber dem Papst betont, seine Partei stehe zu ihrer Verantwortung angesichts ihrer kommunistischen Vergangenheit. Und er habe Franziskus auch darauf hingewiesen, dass Thüringen eine der entchristlichsten Regionen Europas sei.

„Er hat interessiert nachgefragt; er hat auch nachgefragt, was wir jetzt mit dem Reformationsjahr machen. Ich habe erklärt, dass wir dazu auch ein neues Festival auf den Weg gebracht haben: Achawa – das ist Hebräisch und bedeutet Brüderlichkeit. Das ist mit der katholischen, der evangelischen Kirche und vielen Vertretern des gesellschaftlichen Lebens zusammen auf den Weg gebracht worden und begleitet uns zum Reformationsjahr. Wir verstehen das gesamte Thema der Reformation als gemeinsames Thema, um Menschen zu ermutigen, mal über Glauben nachzudenken. Das ist nicht die Trennung in evangelisch-katholisch, sondern die Einladung, über das, was eigentlich dahintersteht, ins Gespräch zu kommen. Franziskus hat uns dazu ermuntert, diesen Weg weiterzugehen.“

„Grosse Anerkennung für Frau Merkel in Flüchtlingskrise“

Eines der wichtigsten Thema der Unterredung war nach Ramelows Darstellung allerdings der Umgang der Deutschen mit Flüchtlingen. Auch mit dem vatikanischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin habe er schon am Donnerstag darüber gesprochen. Was Ramelow bei seinen Gesprächspartnern in dieser Hinsicht gespürt hat: „Eine grosse Anerkennung für das, was Frau Merkel mit dem Satz ‚Wir schaffen das‘ umschrieben hat. Ich habe in dem Gespräch auch deutlich gemacht, dass wir als Landesregierung in Thüringen den Satz aufnehmen und sagen: Wir sorgen dafür, dass wir es schaffen! Jeden Tag sorgen wir für Lösungen. Die Delegation, die mich begleitet hat, besteht ja aus Verantwortlichen, die direkt in der Flüchtlingsarbeit stehen; ich habe ja auch den Eichsfelder Landrat Dr. (Werner) Henning dabei, der CDU-Mitglied ist und als Katholik in seinem Landkreis die Verantwortung trägt. Auch da wird deutlich, dass dort das Fundament der christlichen Nächstenliebe auch politisch gelebt wird und dass es uns als Demokraten nicht trennt.“

Allerdings, so der Ministerpräsident weiter: „Wenn wir es schaffen wollen, brauchen wir auch das Geld dafür, damit wir die Integrationsleistungen stemmen!“ Das sei seine Botschaft an den deutschen Finanzminister Schäuble. Die „leidige Geldfrage“ müsse geklärt werden – in Berlin natürlich, nicht im Vatikan. Der erste Schritt bestehe jedoch darin, „die Bevölkerung einzuladen, Mut zu haben und nicht Angst“. „Wir wollen mit denen reden, die Ängste haben – aber wir wollen denen keinen Raum geben, die Ängste schüren, und Hasspredigern dürfen wir erst recht keine Bühne liefern!“ Er habe sich beim Papst ausdrücklich dafür bedankt, dass beim Erfurter Dom die Beleuchtung ausgeknipst wird, wenn die AfD oder ähnlich Denkende am Domberg demonstrieren.

Gregor Gysi will jetzt auch eine Papstaudienz

In der Linkspartei sei seine Reise zum Papst mit grossem Interesse verfolgt worden, so Ramelow gegenüber Radio Vatikan; der frühere Partei- und Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi etwa habe ihm in dieser Angelegenheit gesimst. „Also, die Neugier von Herrn Gysi war schon sehr präsent! Er hat angemeldet, eine Audienz auch wahrnehmen zu wollen. Und wir schauen mal, ob wir vielleicht da einen Weg ebnen. Ich glaube, ein bisschen mehr Dialog kann überhaupt nicht schaden! Auch meine Partei hat ja in Rheinland-Pfalz im Wahlkampf auf einem grossen Plakat mit Franziskus geworben – und richtige Sätze von Franziskus kann man gar nicht oft genug plakatieren!“

Ob er denn nicht im Vatikan darauf angesprochen worden sei, dass man sich eine Instrumentalisierung des Papstes in einem deutschen Landtagswahlkampf verbitte? Nein, sagt Ministerpräsident Ramelow. „Das ist ja auch von mir nicht angesprochen worden. Ich habe mich nur darüber gefreut, dass meine Partei der Meinung ist, dass es sich lohnt, sich richtige Perspektiven des Heiligen Vaters zu eigen zu machen.“

Der Linkspolitiker schenkte dem Papst ein Faksimile der Lutherbibel von 1534 und eine Bronzefigur der hl. Elisabeth von Thüringen. Was er von dieser Begegnung mitnehme, formuliert er so: „Das gute Gefühl, dass Franziskus tatsächlich der Welt zugewandt sagt: Achtet mehr aufeinander und geht so miteinander um, wie ihr auch wollt, dass mit euch umgegangen wird. Und dass das Stichwort Barmherzigkeit, das zentrale Element in diesem Pontifikat, von ihm auch tatsächlich gelebt wird.“

Für seinen Besuch bei Franziskus habe er auf seiner Facebook-Seite auch viele Schmähungen und „schreckliche Kommentare“ aus dem linken Spektrum erhalten. Inzwischen lösche er solche Bemerkungen umgehend, so Ramelow.

rv 26.02.2016 sk

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