Heiliges Land
Heiliges Land: “Barmherzigkeit üben und Gerechtigkeit fordern gehören zusammen“
Bald werden in Bethlehem und Nazareth die Heiligen Pforten geöffnet – Weihbischof Marcuzzo aus Nazareth betont, dass Verzeihen im Heiligen Land auch politische Dimensionen hat.
YouTube-Film über das Leben der Christen im Hl. Land Produkte aus dem Heiligen Land bei Kirche in Not
21.12.2015
“Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ist sehr wichtig für das Heilige Land. Es hat spirituelle, aber auch soziale und politische Dimensionen”:
Dies hat der im Lateinischen Patriarchat für Israel zuständige Weihbischof Giacinto-Boulos Marcuzzo betont. Gegenüber dem internationalen katholischen Hilfswerk Kirche in Not erklärte der in Nazareth (Israel) ansässige Bischof, dass das von Papst Franziskus ausgerufene Jahr der Barmherzigkeit den einzelnen Christen wie die christliche Gemeinschaft verwandeln müsse. Beides gehöre zusammen, so Weihbischof Marcuzzo. “Dieses Jahr ist eine Möglichkeit des Wachstums im Glauben und der tätigen Liebe. Die Barmherzigkeit ist die Ausübung der Liebe in schwierigen Situationen. Das Heilige Land lebt aber in Umständen, in der der einzelne gläubige Christ zu einem heroischen Zeugnis der Liebe aufgerufen ist.” Die wichtigste Frucht des Heiligen Jahres für den Einzelnen wäre Marcuzzo zufolge die Wiederentdeckung des Busssakraments. “Ich hoffe zunächst auf eine reifere, bewusstere und erwachsenere Rückkehr zum Beichtsakrament. Das betrifft vor allem den Einzelnen, hat dann aber auch soziale Dimensionen. Denn der umkehrbereite Mensch lässt sich in Dienst für die Anderen nehmen. Wir erhoffen so mehr Solidarität und Selbstlosigkeit. Der Christ muss sich stärker als Bruder des Bruders erweisen. Das gilt für die Beziehungen der Christen untereinander, aber auch im Verhältnis zu den Angehörigen anderer Religionen, seien es Moslems, Juden oder Drusen. Man muss den Anderen in seiner Andersheit akzeptieren.”
Ein entscheidender Aspekt der Barmherzigkeit sei die Bereitschaft, Verzeihung zu gewähren, betonte der Weihbischof. Angesichts des israelisch-palästinensischen Konflikts sei die Rede vom Verzeihen aber natürlich eine besondere Herausforderung für die überwiegend palästinensischen Christen im Heiligen Land. “Die Leute fragen mich derzeit, wie sie die Barmherzigkeit und das Verzeihen leben können angesichts so grosser Ungerechtigkeiten wie der Kriege und der Gewalt, die sie erleben. Eine Antwort ist nicht leicht. Aber eine Sache ist klar. Wir können nicht einerseits barmherzig handeln und aufhören, Gerechtigkeit einzufordern. Wir müssen beide in Einklang bringen. Die Kirche verlangt von uns nicht, barmherzig zu sein und auf das Einfordern von Gerechtigkeit zu verzichten.” Marcuzzo führte Beispiele aus anderen Kontexten an. “Natürlich ist für uns Christen Jesus Christus das Beispiel schlechthin, wie das geht. Aber auch danach hat es Personen gegeben, die versucht haben, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in Einklang zu bringen. Gandhi beispielsweise hat das meiner Meinung nach in seinem Kontext exemplarisch gelebt. Das kann uns auch als Christen im Heiligen Land inspirieren.”
In Bethlehem wird die Heilige Pforte am 24., in Nazareth am 27. Dezember geöffnet.
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