Eine Monarchie der besonderen Art

Christkönigssonntag im Jahreskreis B — 22. November 2015

Christus Pantokrator, 13. Jahrhundert. Kloster Hilandar, AthosMünster, 20. November 2015, zenit.org, Msgr. Dr. Peter von Steinitz

Man stelle sich vor, ein König unserer Zeit (es gibt ja noch welche, wenn auch ziemlich machtlose) müsste vor einem Gericht, z.B. dem Verfassungsgericht, seine Existenz rechtfertigen. Er würde aber nicht nur gefragt, ob er denn wirklich ein König sei, sondern man würde ihn vorher auf die übelste Art und Weise beschimpfen und foltern.

Das, was in einem ordentlichen Staatswesen wie dem unseren undenkbar ist, hat man demjenigen angetan, der der König der Könige ist.

Hat man ihn so schlecht behandelt, weil er ein Unrecht begangen hat? Hat er vielleicht versucht, durch einen Putsch die Macht an sich zu reissen? Hat er Menschen beleidigt oder ihnen geschadet?

Das alles hat man ihm zwar unterstellt, aber er ist absolut schuldlos. In der Begegnung mit dem ahnungslosen Römer zeigt sich der ganze Kontrast, der zwischen dem Reich Gottes und unserer Welt besteht. Die Welt, in der wir leben, ist auch die Welt Gottes – er hat sie ja geschaffen –, aber sie ist durch die Sünden der Menschen stark lädiert und muss unbedingt saniert werden. Oder ist sie etwa so stark beschädigt, dass sie nur noch untergehen kann? Am vergangenen Sonntag wurde uns in der Liturgie das Ende der Welt vor Augen geführt, aber bei allen Schrecknissen, die damit verbunden sind, wird doch deutlich, dass diese Welt nicht vernichtet, sondern neu geschaffen wird. Der König wird dann sagen: “Seht, ich mache alles neu“ (Off 21,5). Also wirklich ein “neuer Himmel und eine neue Erde“ (Off 21,1).

Für den gläubigen Christen ist es einleuchtend, dass die Welt nicht so bleiben kann, wie sie ist. Zuviel Böses hat sich im Laufe der Geschichte angesammelt. Und laufend kommt Neues hinzu. Nach den schauerlichen Verirrungen des 20. Jahrhunderts sieht es im 21. gar nicht besser aus. Welch eine erschütternde Eskalation des Bösen durch den IS! Aber vergessen wir nie: das Böse wird nur in dem Masse stärker als das Gute schwächer wird. Diese Höllenbrut konnte nur so viel Macht gewinnen, weil so von den angeblichen Vertretern des Guten gefüttert wird. Wie konnte man so viele Waffen in den Nahen Osten liefern, obwohl man aus Erfahrung weiss, dass sie immer beim Verkehrten landen? Man wird nicht leugnen können, dass hier wieder einmal die Waffenlobby das ganz grosse Geschäft machen wollte.

Wenn wir heute am letzten Sonntag im Kirchenjahr Christus den König feiern und in den Lesungen deutlich sehen, dass er derselbe ist, der damals vor Pilatus so armselig und gedemütigt da stand, ein Bild des Jammers, dann wird uns hier endlich sichtbar, was wir unser Leben lang so schmerzlich vermissen, dass nämlich das Gute siegt, und das Böse verurteilt wird. Das Problem vieler Menschen, die sagen, wie kann Gott zulassen, dass so viel Böses auf der Welt geschieht, findet hier ihre Lösung.

Der Fehler, der oft hinter dieser schwerwiegenden Frage steht, ist aber der, dass die meisten Menschen in ihrer Sicht der Dinge an der Schwelle des Todes halt machen. Wenn man das, was danach kommt, ausblendet, kann das Leben nur sinnlos sein. Wenn man dagegen daran denkt, dass nach dem Tode die ganz umfassende Klärung stattfindet, wenn der König in seiner Allmacht alles und jeden in vollkommener Gerechtigkeit schaut und beurteilt, dann ist die erste Voraussetzung für den Frieden gegeben.

Jesus Christus, der bei seinem ersten Kommen in allem den Weg der kenosis, den unteren Weg der Selbstentäusserung gewählt hat, ist nun der allherrschende König, aber er ist keine andere Person als der demütige Rabbi. Er ist auch damals schon der allmächtige Gottkönig gewesen, aber seine Grösse war verborgen. Nur gelegentlich, punktuell sozusagen, hat er seine Allmacht gezeigt. Mehr als bei den vielen Krankenheilungen – da kann man immer noch eine Erklärung herbeizaubern – waren es die Totenerweckungen, und noch mehr schliesslich seine Macht über die Kräfte der Natur, die er zeigte, als er dem wütenden Sturm gebot: “Schweig, sei still!“, was das sofortige Verstummen der Naturgewalten herbeiführte.

Und da er derselbe ist wie vordem, ist auch jetzt sein Handeln bei aller Gewalt seines Auftretens ein gütiges, liebevolles Handeln. Und wenn wir nicht extrem dumm sind, werden wir auf der Seite derer stehen können, zu denen er sagen wird: “Kommt ihr Gesegneten meines Vaters und nehmt das Reich in Besitz, das euch von Anbeginn der Welt bestimmt war“ (Mt 25,34).

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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