Papst bei Kubas Kommunisten

Wenn Papst Franziskus heute auf Kuba eintrifft, wird er eine herausgeputzte Insel sehen – wenigstens an den Stellen, auf die sein Blick fallen könnte

oliver maksanVon Oliver Maksan

Die Tagespost, 18. September 2015

Wenn Papst Franziskus heute auf Kuba eintrifft, wird er eine herausgeputzte Insel sehen – wenigstens an den Stellen, auf die sein Blick fallen könnte. Das Regime wird sich von seiner besten Seite zeigen. Doch die Feiertagsstimmung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich noch immer um einen kommunistischen Polizeistaat handelt, der seinen Bürgern weder vollständige politische noch wirtschaftliche Freiheit gewährt. Noch immer werden Menschen ihrer politischen Gesinnung wegen weggesperrt, sorgt eine trotz vorsichtiger privatwirtschaftlicher Öffnung ineffiziente Wirtschaft dafür, dass viele Kubaner mit den FüSSen abstimmen und ihre Heimat verlassen. Über diese drängenden Fragen wird der Papst mit Staatspräsident Raúl Castro ebenso sprechen wie über mehr Freiheiten für die Kirche. Dafür bringt der Gast aus Rom das nötige Gewicht mit.

Der Anteil des Heiligen Stuhls am amerikanisch-kubanischen Tauwetter, das zur Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen geführt hat, ist gross – wenn auch das Interesse beider Seiten und die Vorarbeit nicht zuletzt ortskirchlicher Stellen in Rechnung zu stellen sind. Hinzu kommt das Prestige, das Franziskus international als moralische Autorität in Fragen sozialer Gerechtigkeit geniesst. Dass er zudem als erster Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri die Insel besucht, lässt ihm die Herzen ohnehin zufliegen.

Franziskus kommt 17 Jahre nach der bahnbrechenden Visite Johannes Pauls II. Viel hat sich für die Kirche seither zum Besseren gewandt. Sie ist aus der Verborgenheit in die Öffentlichkeit getreten. In einer vorsichtigen Politik versucht die Hierarchie unter Kardinal Ortega seither, ihre Spielräume zu nutzen. Mit dem jetzigen Besuch hofft sie, ihre Nische ausweiten zu können. Doch dem sind Grenzen gesetzt. Eine Diktatur mag im karibischen Sonnenschein und morbiden Charme eines würdevoll verfallenden Havanna weniger abstossend wirken. Echte bürgerliche und religiöse Freiheit können aber auch die Tropen-Kommunisten nicht zulassen, wollen sie die Kontrolle nicht verlieren. Und danach sieht es nicht aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel

  • Papst besucht Kinderspital in Asuncion

    Samstagmorgen (Ortszeit 08:00) herrschte in dem paraguayischen Kinderspital “Ninos de Acosta Nu” Ausnahmesituation, denn der […]

  • Nicaragua

    Nicaragua – Naturkatastrophen: Nach dem Hurrikan Otto erschüttert ein schweres Erdbeben Mittelamerika Quelle Managua Fides-Dienst, […]

  • Gebet

    In Solidarität mit den vielen Leidenden und jenen, die für unsere Gesellschaft unersetzbare Dienste leisten […]

  • Aufruf zum Gebet um die Einheit der Christen

    Papst: Migranten und Flüchtlinge sind keine Nummern Vatikanstadt, 15. Januar 2012, zenit.org Nach dem sonntäglichen […]

  • Internationaler Tag für Menschen mit Behinderung *UPDATE

    Quelle Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen *Papst Franziskus für stärkere Inklusion von […]