Eine Botschaft aus einem Guss

Papst Franziskus hat seine Reise in die USA begonnen, wie er seinen Besuch auf Kuba beendet hat

Von Oliver Maksan

Die Tagespost, 23. September 2015

Papst Franziskus hat seine Reise in die USA begonnen, wie er seinen Besuch auf Kuba beendet hat. Noch auf dem Flug von Santiago nach Washington machte er vor den mitreisenden Journalisten deutlich, dass er heute im US-Kongress nicht zum Ende des amerikanischen Embargos gegen Kuba aufrufen werde. Das war von vielen Beobachtern als sicher angenommen worden – wie ohnehin die Kuba-Reise von politischen Erwartungen bezüglich des jahrzehntealten amerikanisch-kubanischen Konflikts überfrachtet war. Doch der Papst ist kein Politiker, der sich derart konkret in das Tagesgeschäft einmischt und damit angreifbar macht.

Dem widerspricht auch nicht, dass er zum erfolgreichen Katalysator der Gespräche zwischen den USA und Kuba geworden ist, die im Dezember vergangenen Jahres zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen geführt haben. Im Gegenteil. Er bereitete damit den Grund, auf dem sich die Parteien einigen können. Wie schon bei seinen Versöhnungsversuchen vergangenes Jahr im Heiligen Land will Franziskus Washington und Havanna darauf hinweisen, dass es im gemeinsamen Menschsein etwas gibt, was allem Streit voraus liegt und der Grund möglicher Versöhnung ist. Dabei ist bekannt, dass der Papst wie die katholische Kirche sowohl auf Kuba als auch in den USA gegen das Embargo ist, unter dem das kubanische Volk gelitten, von dem das Regime aber profitiert hat.

Nicht nur im Verhältnis USA-Kuba, auch mit Blick auf Kubas innere Verhältnisse hatte Franziskus unermüdlich zur Versöhnung aufgerufen. Kubas Regime definierte sich mit Zustimmung weiter Teile der Bevölkerung im Gegensatz zu den USA. Exilierte Kubaner in den USA wiederum bekämpften das Regime der Castro-Brüder erbittert und sind darüber verbittert. Und auch im Land selbst gibt es Dissidenten, die durch das Regime ihrer Rechte beraubt wurden und werden und an ihrer Ohnmacht verzweifeln.

Die Revolution der Zärtlichkeit, von der Franziskus im Nationalheiligtum El Cobre mit Blick auf das Beispiel der Gottesmutter sprach, ist die Antwort auf all diese Probleme. Dieselbe Botschaft wandte der Papst auch auf das Verhältnis von Staat und Kirche auf Kuba an. Der Linie der Bischöfe des Landes folgend setzte der Pontifex nicht auf Konfrontation und harte Anklage. Jeder wusste aber, dass er mehr Freiheit für die massiven Beschränkungen unterworfene Kirche forderte, wenn er davon sprach, dass Kubas Kirche eine Kirche sein wolle, die – engagiert im Leben, in der Kultur, in der Gesellschaft – alle unangenehmen Situationen der Mitmenschen zu begleiten verstehe. Das war für Kubas Regierung eine unmissverständliche Anspielung darauf, dass sich die Kirche nicht mit Kultfreiheit allein begnügt, so wichtig diese auch ist. Sie ist in Teilen trotz manchen Wandels zum Guten zudem noch immer unverwirklicht, wie die Restriktionen beim Kirchenbau zeigen. Vielmehr will die Kirche sowohl für die einzelnen Gläubigen wie die Kirche als Ganze das Recht, sich einsetzen zu dürfen für die Mitmenschen in Erziehung, Bildung und Caritas.

Kubas Kirche begrüsste Franziskus als Missionar der Barmherzigkeit. Diese Rolle verkörperte der Pontifex überzeugend. Das konnte man auf Kuba sehen. Das ist jetzt in den USA nicht anders.

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