Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Freimaurerei
Überlegungen ein Jahr nach der Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre
Quelle
Enzyklika Humanum Genus: Vatikan
Kongregation für die Glaubenslehre 1981
Weitere Lehramtliche Dokumente
Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Freimaurerei
Am 26. November 1983 veröffentlichte die Kongregation für die Glaubenslehre eine Erklärung über die Freimaurervereinigungen (vgl. AAS LXXVI [1984] 300). Mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung mag es angebracht sein, kurz die Bedeutung dieses Dokuments zu erläutern.
Seitdem die Kirche sich zum ersten Mal zur Freimaurerei geäussert hat, war ihr negatives Urteil von vielfältigen praktischen und lehrmässigen Erwägungen bestimmt. Sie hat die Freimaurerei nicht nur als verantwortlich für die gegen sie gerichtete, umstürzlerische Tätigkeit erklärt, sondern schon in den ersten päpstlichen Dokumenten zu dem Thema und insbesondere in der Enzyklika Humanum Genus Leos XIII (20. April 1884) hat das Lehramt der Kirche in der Freimaurerei philosophische Ideen und moralische Auffassungen aufgezeigt, die im Gegensatz zur katholischen Lehre stehen. Leo XIII. führte diese im wesentlichen auf einen rationalistischen Naturalismus zurück, der die Freimaurerei zu ihren Plänen und Aktionen gegen die Kirche inspirierte. In seinem Brief Custodi an das italienische Volk (8. Dezember 1892) schrieb er: “Denken wir daran, dass Christentum und Freimaurerei ihrem Wesen nach unvereinbar sind, so dass die Zugehörigkeit zu dieser die Trennung von jedem bedeutet”.
Als daher in den Jahren 1970-1980 die Glaubenskongregation mit einigen Bischofskonferenzen in Briefwechsel stand, die an diesem Problem besonders interessiert waren wegen des Dialogs, den katholische Persönlichkeiten mit Logenvertretern aufgenommen hatten, die sich der Kirche gegenüber als nicht feindlich oder sogar als wohlgesonnen ausgaben, konnte man es nicht unterlassen, die Anschauungen der Freimaurerei vom Gesichtspunkt der christlichen Lehre her zu überprüfen.
Das gründliche Studium hat nun die Glaubenskongregation veranlasst, bei der Überzeugung zu bleiben, dass die Prinzipien der Freimaurerei mit denen des christlichen Glaubens grundsätzlich unvereinbar sind.
Während sie also von der Betrachtung der praktischen Haltung einer mehr oder weniger grossen Feindseligkeit gegen die Kirche von seiten der verschiedenen Logen absah, wollte die Glaubenskongregation mit ihrer Erklärung vom 26.11.1983 sich auf die tiefstgründende und zugleich wesentliche Ebene des Problems stellen: das heisst auf die Ebene der Unvereinbarkeit der Prinzipien, was bedeutet: auf die Ebene des Glaubens und seiner sittlichen Forderungen.
Von diesem Gesichtspunkt der Lehre ausgehend, erfolgen dann – im übrigen in Kontinuität mit dem traditionellen Standpunkt der Kirche, wie die obengenannten Dokumente Leos XIII beweisen – die notwendigen praktischen Konsequenzen, für alle Gläubigen geltend, die sich möglicherweise der Freimaurerei verschrieben haben.
Bezüglich der Bekräftigung der Unvereinbarkeit der Prinzipien wird jetzt jedoch von mancher Seite eingewandt, dass das Wesentliche der Freimaurerei eben darin bestehe, kein wie immer geartetes “Prinzip” im Sinne einer philosophischen oder religiösen Anschauung aufzuerlegen, das für alle ihre Anhänger bindend wäre, sondern vielmehr jenseits der Grenzen der verschiedenen Religionen und Weltanschauungen Menschen guten Willens auf der Grundlage verständlicher und von allen annehmbarer humanistischer Werte zusammenzuführen.
Die Freimaurerei würde ein Element der Zusammengehörigkeit für alle darstellen, die an den Baumeister des Alls glauben und die sich jenen sittlichen Grundeinstellungen, wie sie zum Beispiel in den Zehn Geboten definiert sind, verpflichtet fühlen; sie würde niemanden von seiner Religion abbringen, sondern im Gegenteil einen Ansporn darstellen, ihr noch stärker anzuhängen.
An dieser Stelle können nicht die vielfältigen historischen und philosophischen Probleme erörtert werden, die sich in solchen Behauptungen verbergen. Dass auch das Drängen der katholischen Kirche in die Richtung der Zusammenarbeit aller Menschen guten Willens geht, braucht nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wohl nicht unterstrichen zu werden. Die Zugehörigkeit zur Freimaurerei geht jedoch entschieden über diese legitime Zusammenarbeit hinaus und hat eine viel erheblichere und entscheidendere Bedeutung.
Vor allem muss daran erinnert werden, dass die Gemeinschaft der Freimaurer mit ihren moralischen Verpflichtungen ein fortlaufendes System von symbolischen Riten mit äusserst bindendem Charakter darstellt. Die strenge Disziplin des Geheimen, die darin herrscht, verstärkt noch das Gewicht der Wechselwirkung von Zeichen und Ideen. Dieses Klima der Geheimhaltung bringt für die Eingeschriebenen ausserdem die Gefahr mit sich, zum Werkzeug ihnen unbekannter Strategien zu werden.
Auch wenn man behauptet, dass der Relativismus nicht als Dogma angenommen wird, wird tatsächlich doch eine relativistische Symbolauffassung vertreten, und der relativierende Einfluss einer solchen moralisch-rituellen Gemeinschaft, weit davon entfernt, sich beseitigen zu lassen, erweist sich im Gegenteil als entscheidend.
In diesem Zusammenhang können die verschiedenen religiösen Gemeinschaften, denen die einzelnen Logenmitglieder angehören, nur als einfache Institutionalisierungen einer Wahrheit angesehen werden, die darüber hinaus reicht und nicht zu fassen ist. Der Wert dieser Institutionalisierungen erscheint somit unvermeidlich relativ im Hinblick auf diese weiterreichende Wahrheit, die ihrerseits hingegen in der Gemeinschaft des guten Willens, also in der Freimaurerbruderschaft, offenbar wird.
Für einen katholischen Christen ist es jedoch nicht möglich, seine Beziehung zu Gott in einer doppelten Weise zu leben, gespalten in eine humanitäre, überkonfessionelle und eine innere, christliche Form. Er kann nicht Beziehungen zweierlei Art mit Gott pflegen noch seine Beziehung zum Schöpfer durch Symbole und Riten von zweierlei Art zum Ausdruck bringen. Das wäre etwas völlig anderes als jene für ihn selbstverständliche Zusammenarbeit mit allen, die sich, wenn auch von verschiedenen Prinzipien ausgehend, um die Erfüllung des Guten bemühen. Im übrigen kann ein katholischer Christ nicht gleichzeitig an der vollen Gemeinschaft der christlichen Brüderlichkeit teilhaben und anderseits seinen christlichen Bruder aus freimaurerischer Sicht als einen “Profanen” ansehen.
Auch wenn, wie bereits gesagt, keine ausdrückliche Verpflichtung bestünde, sich zum Relativismus als Lehre zu bekennen, ist die relativierende Kraft einer solchen Bruderschaft aufgrund der ihr innegewordenen Logik dennoch imstande, die Struktur des Glaubensaktes in so radikaler Weise zu verändern, dass das für einen Christen, “dem sein Glaube teuer ist” (Leo XIII.), unannehmbar ist.
Diese Umkehrung der Grundstruktur des Glaubensaktes vollzieht sich zudem meist allmählich und unmerklich: das Festhalten an der in der Kirche geoffenbarten Wahrheit Gottes wird zur blossen Zugehörigkeit zu einer Institution und diese wird als eine neben anderen mehr oder weniger ebenso möglichen und gültigen Ausdrucksformen dessen betrachtet, wie der Mensch sich auf das Ewige einstellt.
Die Versuchung, in diese Richtung zu gehen, ist heute um so stärker, da sie gewissen, im modernen Denken vorherrschenden Anschauungen vollkommen entspricht. Die Meinung, die Wahrheit könne nicht erkannt werden, ist eine typische Ansicht unseres Zeitalters und zugleich ein wesentliches Element seiner allgemeinen Krise.
In Erwägung all dieser Elemente bestätigt die Glaubenskongregation, dass die Zugehörigkeit zu den freimaurerischen Vereinigungen “von der Kirche weiterhin verboten bleibt” und die Gläubigen, die ihnen beitreten, “sich im Zustand der schweren Sünde befinden und nicht die heilige Kommunion empfangen dürfen”.
Mit diesem Satz weist die Kongregation die Gläubigen darauf hin, dass der Beitritt zu einer solchen Vereinigung objektiv eine schwere Sünde darstellt, und dadurch dass sie präzisiert, dass die Mitglieder einer Freimaurervereinigung die heilige Kommunion nicht empfangen dürfen, will sie das Gewissen der Gläubigen über eine ernste Konsequenz aufklären, die sie aus ihrer Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge ziehen müssen.
Die Glaubenskongregation erklärt schliesslich, dass “es den örtlichen kirchlichen Autoritäten nicht zusteht, sich um die Art der freimaurerischen Vereinigungen mit einem Urteil zu äussern, das eine Abweichung von dem oben Festgelegten implizieren würde”. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Text auch auf die Erklärung vom 17. Februar 1981, die bereits dem Apostolischen Stuhl jede Äusserung über das Wesen dieser Vereinigungen vorbehielt, die Abweichungen von dem damals geltenden Kirchenrecht (can. 2335) impliziert hätte.
In derselben Weise drückt das neue, von der Glaubenskongregation im November 1983 herausgebrachte Dokument gleiche Vorbehalte aus in bezug auf Äusserungen, die von dem hier formulierten Urteil über die Unvereinbarkeit der Prinzipien der Freimaurerei mit denen des katholischen Glaubens, über den Ernst der Einschreibung in eine Loge und über die Konsequenz, die sich daraus für den Empfang der heiligen Kommunion ergibt, abweichen sollten. Diese Verfügung besagt, dass trotz der Verschiedenheit, die zwischen den freimaurerischen Obedienzen, besonders in ihrer erklärten Haltung gegenüber der Kirche, bestehen mag, der Apostolische Stuhl bei ihnen einige allgemeine Prinzipien feststellt, die von seiten aller kirchlichen Autoritäten ein und dieselbe Bewertung verlangen.
Mit dieser Erklärung beabsichtigte die Glaubenskongregation nicht, die unternommenen Anstrengungen derer zu verkennen, die mit der gebührenden Billigung dieses Dikasteriums einen Dialog mit Vertretern der Freimaurer herzustellen versuchten. Aber in dem Augenblick, da die Möglichkeit bestand, dass sich unter den Gläubigen die irrige Meinung verbreitete, die Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge sei erlaubt, hat sie es für ihre Pflicht gehalten, sie mit dem tatsächlichen, wahren Denken der Kirche in dieser Frage bekanntzumachen und sie vor einer mit dem katholischen Glauben unvereinbaren Zugehörigkeit zu warnen.
Denn allein Jesus Christus ist der Lehrer der Wahrheit, und nur in ihm können die Christen das Licht und die Kraft finden, nach dem Plan Gottes zu leben und für das wahre Wohl ihrer Brüder zu arbeiten.
(Orig. ital. in O.R. 23.2.85)
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