Der Auferstandene – unser Bruder

Impuls zu Ostern 2015, Jahreskreis B, 5. April 2015

Münster, 4. April 2015, zenit.org., Msgr. Dr. Peter von Steinitz

Versetzen wir uns in die Lage der Freunde Jesu, die in diesen Tagen mit einem ausserordentlich heftigen “Paradigmenwechsel” – wenn man dies so nennen darf – fertig werden müssen.

Zuerst eine abgrundtiefe Enttäuschung und Mutlosigkeit, sowohl aufgrund der verstörenden Hinrichtung ihres Meisters, wie auch wegen ihres eigenen feigen Verhaltens. Dann aber, so gut wie ohne Übergang, eine schier masslose Freude über die Auferstehung Jesu.

An dieser Stelle sollten wir innehalten und uns versuchen klar zu machen, dass für die Menschen der alten Zeit eine Auferstehung von den Toten etwas Unvorstellbares war. Auch für die Juden, und erst recht für die Heiden. Denken wir nur daran, wie Paulus bei seiner Rede auf dem Areopag nur Spott und Hohn geerntet hat, als er von der Auferstehung der Toten sprechen wollte. Diese fein gebildeten Griechen liessen ihn nicht einmal über dieses Thema zu Worte kommen, sondern sagten voller Ironie: “Darüber wollen wir dich ein anderes Mal hören”.

Für uns ist der Gedanke nicht nur nicht fremd, sondern geradezu vertraut. Und doch sollten das nicht als selbstverständlich ansehen.

Wie viel Rücksicht nimmt der Herr auf die Unvollkommenheiten der Menschen! Um ihnen die Auferstehung nicht nur zu beweisen, sondern um sie ihnen auch plausibel zu machen, behandelt er jeden, so wie er es braucht. Den enttäuschten Emmausjüngern erscheint er im Rahmen eines längeren Gesprächs bei einem Spaziergang durch die Frühlingslandschaft von Judäa. Bis er sie soweit hat, dass sie ihn schliesslich erkennen. Dem “ungläubigen” Thomas erlaubt er sogar, seine Wundmale zu berühren. Er nimmt es den Aposteln nicht übel, dass sie die von Magdalena vermittelte Nachricht von der Auferstehung gar nicht ernst nehmen.

Aber eine Gesetzmässigkeit gibt es in dem Erfassen der unerhörten Tatsache, dass Jesus lebt: bei aller Fremdheit, die sich wohl aus der jetzt ganz anderen Existenzform des Herrn ergibt, zeigt es sich, dass derjenige den Auferstandenen am ehesten erkennt, der am meisten liebt.

Wer liebt, ist auch aufmerksam auf das, was der Geliebte gesagt hat. Johannes hat mit der Auferstehung Jesu auch deshalb weniger Schwierigkeiten gehabt, weil er im Gedächtnis behalten hatte, dass der Meister ja des öfteren davon gesprochen hatte, dass er “am dritten Tage wieder auferstehen” werde. Die anderen Jünger hatten diese Worte ausgeblendet, weil sie sie nicht verstanden hatten.

Mit der Liebe hängt immer die Freude zusammen.

Die grosse Liebende, Maria Magdalena, kann sich vor Freude kaum lassen. Sie will die Füsse des Herrn umfassen. Aber Jesus sagt das berühmte Wort “Noli me tangere!” – Berühre mich nicht! Was einerseits mit der schon erwähnten anderen Existenzform des Herrn zu tun haben kann (er lebt eigentlich schon in der jenseitigen Welt, er ist hier nur jeweils als Erscheinung), aber darüber hinaus will der Herr auch zu verstehen geben, dass die Liebe zu ihm, die für alle Menschen wesentlich ist, von nun an mehr geistig sein muss, denn sinnlich kann sie ja von jetzt an nicht mehr sein. Und wir alle sind darin einbezogen. Auch wir sollen und wollen den Herrn lieben, obwohl wir keinerlei sinnliche Erfahrung seiner Nähe haben.

Da im Handeln des Herrn nichts zufällig ist, können wir auch fragen, wem ist der auferstandene Herr zuerst erschienen? Logisch, dass es die Apostel sind, denn sie stellen seine künftige Kirche dar.

Dass Jesus allerdings vor allen anderen seiner heiligen Mutter zuerst erschienen ist, steht nirgendwo, ist aber mit grösster Sicherheit anzunehmen, denn eine so grosse Liebe wie sie hat niemand.

In den Evangelien ist ferner deutlich zu erkennen, dass er noch vor den Aposteln der Maria Magdalena erschienen ist und sie beauftragt, die frohe Nachricht an die Apostel weiterzugeben. Sie wird daraufhin auch gerne als “Apostolin der Apostel” bezeichnet. Dass diese ihr nicht glauben, sammelt nur weitere glühende Kohlen auf ihre Häupter.

Ja, wieder sehen wir die verschwenderische Güte Jesu. Er sagt nämlich zu Magdalena: “Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott” (Joh 20,17).

Die Jünger werden sich – später – daran erinnert haben, dass Jesus ihnen einst gesagt hatte: “Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiss nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt” (Joh 15,14).

Das ist dieser wunderbare Dreiklang in aufsteigender Richtung:

Knechte (Knecht Gottes zu sein ist schon viel)
Freunde
Brüder.

Beglückend für uns, dass er auch uns diese grosse Würde schenkt. Wir sind Kinder Gottes, Gott ist unser Vater.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz, war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel