Heiliges Jahr der Umkehr

Ein Heiliges Jahr, das als “Jubiläum der Barmherzigkeit” begangen werden soll

Guido Horst Von Guido Horst

Die Tagespost, 16. März 2015

Nach dem Start der Reform der römischen Kurie und dem synodalen Prozess zu Ehe und Familie hat Papst Franziskus eine dritte Baustelle eröffnet, die nun alle Gläubige, alle Diözesen der Welt und alle Lebensstände innerhalb der Kirche betrifft: ein Heiliges Jahr, das als “Jubiläum der Barmherzigkeit” begangen werden soll und in diesem Jahr, genau fünfzig Jahre nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanums beginnen wird. Anders als Kurienreform und synodaler Prozess hat es auch ein präzises Ende. Der Abschluss des Heiligen Jahres fällt auf den 20. November 2016. Es wird ein Heiliges Jahr der katholischen Kirche sein, soll aber stark nach aussen ausstrahlen.

Auch Andersgläubige, Nicht-Gläubige und Getaufte, die ihrer Kirche ferne stehen, sollen diese wieder als Garant der Gegenwart Gottes in der Welt erkennen, die die Sanftmütigkeit und Barmherzigkeit Jesu Christi nicht nur bezeugt, sondern den Menschen auch wirklich übermittelt. Damit die Kirche ihre Mission der Barmherzigkeit noch überzeugender erfüllen kann, sind nicht weitere Strukturen gefragt, sondern eine spirituelle Umkehr und Bekehrung jedes Einzelnen. Das soll Ziel des Heiligen Jahrs mit all seinen Pilgerfahrten und geistlichen Programmpunkten sein.

Als Franziskus in seiner Predigt bei der Bussfeier am vergangenen Freitag von diesem Jahr der Barmherzigkeit sprach, ging er von der Sünde aus. Oft spricht der Papst vom Teufel, der den Einzelnen zur Sünde verführt. Franziskus sieht die Barmherzigkeit nicht als Zuckerguss, den man über die Fassade der Kirche streicht, der aber nur aus schönen Worten besteht. Im Kern geht es ihm um eine Realität im Leben der Menschen, die ganz handfest existiert. Da muss man nur täglich die Fernsehnachrichten schauen. Und obwohl die Sünde ganz konkret Leben zerstört, Familien trennt, Beziehungen und Vertrauensverhältnisse schädigt, besteht auch bis weit in die Kirche hinein die Haltung, von Sünde nicht mehr zu sprechen, sondern Gaben und Gnaden direkt zu verteilen. Das ist nicht der Weg von Franziskus. Es sei nötig, sagte der Papst bei seiner Predigt am Freitag, dass die gesamte Kirche Barmherzigkeit erlangt, “weil wir Sünder sind”. Erst einmal muss man erkennen, dass man falsch und schlecht gehandelt hat. Dann kommt die Umkehr. “Vergessen wir nicht, dass Gott alles vergibt und dass Gott immer vergibt”, so Franziskus weiter. Das ist die Barmherzigkeit Gottes: die Vergebung der Sünden, wie es Jesus Christus tat. Barmherzigkeit besteht nicht darin, die Lehre der Kirche auf die Lebenswirklichkeit der Menschen hinzubiegen, wie es bisweilen auch bischöfliche Stimmen zu behaupten scheinen. Wer sich auf den Papst beruft, muss auch den ganzen Franziskus übernehmen. Und der beginnt mit dem Gedanken, dass jeder Mensch ein Sünder ist, der Umkehr braucht, um Vergebung und die Barmherzigkeit Gottes zu erlangen.

Das Heilige Jahr soll ein Jahr der Umkehr und Vergebung sein. Also eine Baustelle, die denen schwer im Magen liegen könnte, die sich daran gewöhnt haben, in der kirchlichen Unterweisung und Verkündigung das Wort Sünde nicht mehr zu verwenden.

Aber Kirche tickt eben doch anders als der Geist dieser Welt.

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