“Familie ist die Erfolgsgeschichte der Menschheit”
Österreichs Bischofskonferenz mahnt zur Familiensynode, nicht bereits im Vorfeld fertige Lösungen zu präsentieren
Osterreichische Bischofskonferenz
Von Stephan Baier
Die Tagespost, 06. März 2015
Die im Oktober bevorstehende Bischofssynode zur “Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute” sei als geistlicher Prozess zu verstehen, heisst es in einer Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung: “Nach einer ersten Phase des Hinschauens auf die realen Verhältnisse geht es jetzt und bei der kommenden Synode um eine Klärung und Unterscheidung der Geister.”
Die Bischöfe plädieren in diesem Zusammenhang dafür, “dass nicht bereits im Vorfeld fertige Lösungen präsentiert werden“ und begrüssen “die vom Papst gewollte offene Diskussion und Haltung der liebevollen und wertschätzenden Begleitung von Menschen auf ihrem Weg zu einem christlichen Familienleben”.
Erstmals hielten Österreichs Bischöfe, die schon im Heiligen Land, in Rom und in Brüssel tagten, ihre Vollversammlung in Deutschland ab, auf der deutschen Seite des Bodensees, wenn auch auf zur österreichischen Abtei Wettingen-Mehrerau zählendem Gebiet und – wie Kardinal Christoph Schönborn betonte – im historischen Vorderösterreich, also “nicht wirklich im Ausland”. In ihrer Stellungnahme zur Familiensynode erinnert die Bischofskonferenz an “die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Beziehung, Angenommensein, Verlässlichkeit, Wachsenkönnen und Gemeinschaft”. All das sei in der Familie erlebbar und von der Schöpfungsordnung dem Menschen gegeben. “Die Familie ist die Erfolgsgeschichte der Menschheit”, sagte Kardinal Schönborn als Vorsitzender der Bischofskonferenz bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien. Die Sehnsucht nach Familie und lebenslanger Liebe sei ungebrochen hoch. Mit den Bischofssynoden 2014 und 2015 habe Papst Franziskus “Familie zum Top-Thema seines Pontifikats gemacht”, so Schönborn.
Göttliche Pädagogik kennt “verschiedene Grade”
Als lebenslange Beziehung in Liebe und Treue sei die Familie für die Menschen “gleichsam ein Fixstern, der Orientierung für die vielen unterschiedlichen Wege zu einem geglückten Leben gibt”, heisst es in der Erklärung. Die “göttliche Pädagogik” kenne aber “verschiedene Grade” und einen “dynamischen Prozess von Stufe zu Stufe”, referieren die Bischöfe aus den Lineamenta der Synode und begründen damit das “Erfordernis einer pastoralen Begleitung” in unterschiedlichen Lebenssituationen. Die diözesanen Antworten auf die 46 Fragen der Lineamenta werden vom Vorarlberger Diözesanbischof Benno Elbs, der als offizieller Vertreter Österreichs an der Synode in Rom teilnehmen wird, gebündelt und bis 15. April an das Synodensekretariat übermittelt. Während der Bischofskonferenz hatte Österreichs Familien-Bischof Klaus Küng (St. Pölten) in einer Predigt in der Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee mit Blick auf die bevorstehende Familiensynode zur Umkehr aufgerufen: “Es gibt Entwicklungen in unserer Gesellschaft, die eindeutig dekadent sind.”
Es gebe zugleich aber “hoffnungsvolle Keime, junge Familien, die sich echt Gedanken machen, wie sie in dieser unserer Gesellschaft christlich leben können” und die “wie Leuchttürme” Möglichkeit zur Orientierung bieten, so Bischof Küng, der von der Bischofskonferenz nicht in die Synode delegiert worden war. Er hoffe, “dass die Synode im kommenden Herbst diese jungen Familien, und viele andere mit ihnen, ermutigen wird und einen neuen Aufbruch einleitet, der bewusst macht, dass es mit der Hilfe Gottes möglich ist, den Weg zu einer wahren, dauerhaften Liebe zu finden”.
Die Bischofskonferenz begrüsste die Empfehlung der Enquete-Kommission, die Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich nachhaltig abzusichern und die Patientenverfügung weiterzuentwickeln (DT berichtete am Donnerstag) als “bedeutenden Schritt, um die Würde des Menschen am Lebensende noch besser zu schützen”. Der Stufenplan zum Ausbau der Palliativversorgung wie die Förderung der Aus- und Weiterbildung wird von den Bischöfen befürwortet: “Die Feststellung, dass Hospiz- und Palliativversorgung nicht nur eine der humansten Formen der Medizin, sondern auch günstig und kostendämpfend ist, sollte Grund genug für eine rasche Umsetzung der Empfehlungen sein.” Darauf, dass die parlamentarische Enquete-Kommission sich in der Frage der Suizidbeihilfe nicht einigen konnte und dazu keine Empfehlung abgab, geht die Bischofskonferenz nur indirekt ein: “Die Würde des Menschen am Anfang und Ende des Lebens abzusichern, ist ein bleibender Auftrag. Dies zeigen die erschreckenden Entwicklungen in jenen Ländern, wo der strafrechtliche Schutz am Lebensende gelockert wurde.” Auf eine Frage dieser Zeitung räumte Kardinal Schönborn am Freitag ein, dass katholische Positionen in der am Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission seit langer Zeit in der Minderheit sind. Die Bioethikkommission hatte sich zuletzt mit 16 gegen acht Stimmen für eine Legalisierung der Suizidbeihilfe ausgesprochen. Die Argumente gegen den “assistierten Suizid” seien “keine konfessionellen Argumente, sondern naturrechtliche”, so Schönborn. Es gehe der Kirche nicht um vermeintliche Kirchenprivilegien, sondern um den Schutz der Menschenrechte. Die Kirche plädiere für den menschlicheren Weg: “Es ist humaner, wenn jemand an der Hand eines Menschen stirbt als durch die Hand eines Menschen.”
Verweis auf den Gewissensschutz
Der parteienübergreifende Konsens zur Palliativversorgung sei allerdings vorbildlich in ganz Europa. Schönborn würdigte jene Mitglieder der Bioethikkommission, die die katholische Minderheitenposition vertreten, als die “brillantesten Köpfe in dieser Kommission”. Mit Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) habe er selbst eine Diskussion zum neuen Fortpflanzungsmedizingesetz gehabt und dabei – etwa mit Blick auf die Präimplantationsdiagnostik (PID) – an den Gewissensschutz erinnert, berichtete der Wiener Kardinal: “Man kann kein kirchliches Spital dazu verpflichten, gewisse Praktiken zu machen. Solange das möglich ist, können wir unseren Weg gehen.”
Die Bischofskonferenz wies in einer eigenen Stellungnahme auf “die Verfolgung der orientalischen Christen durch islamistische Terrormilizen und den drohenden Genozid an den Erben des frühen Christentums” hin. Dies habe weltweit Entsetzen ausgelöst: “Vor den Augen der Weltöffentlichkeit geht das Morden weiter und offenbart gleichzeitig ein Versagen der internationalen Staatengemeinschaft darin, alle bedrohten Menschen gleich welcher Religionszugehörigkeit effektiv zu schützen.” Die kirchlichen Hilfswerke in Österreich hätten seit 2009 ihre Unterstützung für die Menschen im Orient auf mehr als drei Millionen Euro jährlich verdoppelt.
Nach dem Ausscheiden des emeritierten Grazer Diözesanbischofs Egon Kapellari wählten die Bischöfe dessen früheren Weihbischof und nunmehrigen Erzbischof von Salzburg, Franz Lackner, zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Die bisher bei Bischof Kapellari liegende Zuständigkeit für Europa-Fragen übernimmt der burgenländische Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics, die Zuständigkeiten für Medien und Berufungspastoral der Wiener Kardinal. Vorerst vakant blieb das Referat für Kultur. Auf Rückfrage der “Tagespost” spielte Kardinal Schönborn selbst auf die Kapellari-Nachfolge in der Diözese Graz-Seckau an – ein klarer Hinweis auf den seit einem Jahr als Favorit gehandelten Grazer Künstlerpfarrer Hermann Glettler. Schönborn bekräftigte zugleich, es gebe für die Bischofsnachfolge in Graz ein “reguläres Verfahren mit klassischer Terna”.
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