Wer was sagt, erfährt man nicht

Die römische Synode und die vatikanische Informationspolitik

Rembrandt Die Hl. Familie– Konsistorium zur Lage der Christen im Nahen und Mittleren Osten angekündigt. Von Guido Horst

Rom, Die Tagespost, 08. Oktober 2014

Die Synode läuft, Papst Franziskus hat sich zu Beginn der Arbeit am Montag “offene Worte” gewünscht, die Teilnehmer sollten ohne “menschliche Rücksichtnahme, ohne Ängstlichkeiten“ sagen, was sie denken. Und so reden sie, die Synodalen, vier Minuten pro Beitrag, für die freien Wortmeldungen am späten Nachmittag müssen drei Minuten reichen. Die vatikanische Informationspolitik ist so gestaltet, dass niemand versteht, was in der Synodenaula wirklich vor sich geht. Als der Direktor des Pressesaals, Pater Federico Lombardi SJ, am Dienstagmittag zum ersten “Briefing” vor die anwesenden Journalisten trat, hatten bereits siebzig Synodenväter gesprochen. Die kurze Zusammenfassung des Gesagten, die der Vatikansprecher gab, ohne Namen der Redner zu nennen, bot nicht den geringsten Hinweis, ob die Bischofsversammlung zu Ehe und Familie bereits irgendeine bestimmte Richtung einschlägt. Geschweige denn, was am Ende des synodalen Prozesses, nach der ordentlichen Bischofssynode des kommenden Jahres, als konkretes Ergebnis im Raume stehen wird.

Denn der abschliessende Bericht, die “Relatio synodi”, den die jetzige Synode dem Papst übergeben wird, dient wiederum nur als Vorbereitung und Grundlagendokument für die ordentliche Bischofssynode im Oktober 2015.

Informationen in weiteren Sprachen – ausser Italienisch – liefern zudem die so genannten Moderatoren den anwesenden Journalisten. Gemeinsam mit Pater Lombardi traten aber nur die Moderatoren für die englische und spanische Sprache auf. Die deutschsprachige Zusammenfassung der Synodenberatung liefert Pater Bernd Hagenkord SJ, der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Er veröffentlicht seine Informationen im deutschen Newsletter von Radio Vatikan im Internet.

Parallel zur Bischofsversammlung in Rom läuft die Synode der säkularen Medien. Die italienischen Zeitungen waren bereits am Dienstag fast einhellig der Meinung, dass sich die Kirche mit diesem Papst und dieser Synode “den Geschiedenen öffnen” werde, ohne allerdings zu beschreiben, was das konkret bedeutet. Franziskus gilt in der italienischen Medienlandschaft als “aperturista”, als jemand, der sich oder die Kirche öffnen will, was nicht identisch ist mit der deutschen Bezeichnung “progressiv”. Auch der einstige Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano wurde als “aperturista“ bezeichnet, als er damals im Konflikt um die kirchliche Schwangerenberatung in Deutschland für die so genannte Schein-Lösung des damaligen Konferenzvorsitzenden Karl Lehmann offensichtlich Verständnis zeigte.

Annullierung von nicht gültigen Ehen beschleunigen

Dem englischen Kardinal Vincent Nichols, der am Dienstag gemeinsam mit Pater Lombardi vor die Berichterstatter trat, verdankte man allenfalls die Information, dass es in der Synodenaula heiter und friedlich zugeht. Die Redebeiträge kreisten in den ersten beiden Tagen um das Kapitel eins des Arbeitspapiers der Bischofsversammlung, des “Instrumentum laboris“, das heisst um die Themen “der Plan Gottes für Ehe und Familie“, “Kenntnis und Rezeption der Heiligen Schrift und der Dokumente der Kirche über Ehe und Familie“, “das Evangelium der Familie und das Naturrecht“ sowie “die Familie und die Berufung des Menschen in Christus“. So war denn die erste Neuigkeit auf der Synode eine Nachricht, die mit Ehe und Familie zunächst nichts zu tun hat. Auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus, so gab Pater Lombardi am Dienstag bekannt, sollen die Kardinäle und die Patriarchen der katholischen Ostkirchen unmittelbar im Anschluss an die Synode über die Lage der Christen im Nahen und Mittleren Osten beraten, und zwar bei einem bereits für den 20. Oktober angesetzten Konsistorium, das aber bisher nur für die Behandlung einiger Dekrete zu Selig- und Heiligsprechungsprozessen vorgesehen war. Zugleich kündigte Lombardi eine Solidaritätsbotschaft der laufenden Bischofssynode für die Familien im Nahen Osten an. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin werde den Kardinälen beim Konsistorium die Lage im Nahen Osten erläutern, sagte Lombardi. Grundlage dafür sei der Krisengipfel von Leitern vatikanischer Dikasterien mit den Apostolischen Nuntien aus der Region des Nahen und Mittleren Ostens, der am vergangenen Wochenende in Rom stattgefunden hat.

Ein kleines Fädchen, das sich in den kommenden Monaten bis Herbst 2015 vielleicht zu einem roten Faden des synodalen Prozesses zu Ehe und Familie entwickeln könnte, lieferte am Montagvormittag Kardinal Peter Erdö aus Budapest. Der ungarische Kirchenmann ist General-Relator der Synode und hatte als solcher das einführende Referat, die so genannte “Relatio ante disceptationem”, vorzutragen. Diese “Relatio” fusst auf dem “Instrumentum laboris”, ist aber bereits angereichert durch die Voten und Stellungnahmen, die alle Synodenväter bis September beim Synodensekretariat einreichen sollten. Es geht um die Annullierung von nicht gültigen Ehen. Aufgrund der weit verbreiteten Scheidungsmentalität geschehe es oft, sagte Kardinal Erdö, dass Paare eine kirchliche Ehe schliessen, aber einer der Partner sich innerlich das Recht vorbehält, sich wieder scheiden zu lassen und eine andere Verbindung einzugehen. Diese Form von Simulation einer kanonischen Eheschliessung mache die Ehe ungültig. Es gebe nun einflussreiche Stimmen, die sich dafür aussprechen, im Sinne einer schnelleren Ehe-Annullierung einen nicht-juridischen Weg vorzusehen und nicht eigens die Kirchengerichte zu bemühen, sondern die Kompetenz hierfür zum Beispiel in die Hände des Ortsbischofs zu legen.

Auch der Mailänder Kardinal Angelo Scola, von Papst Franziskus zusätzlich in die Synode berufen, hatte sich in einem Zeitschriftenaufsatz dafür ausgesprochen, die Ehenichtigkeits-Verfahren in der Kirche zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Frage, ob eine in der Kirche geschlossene Ehe von Katholiken heute angesichts des kulturellen Umfelds tatsächlich immer den Charakter eines wirklichen Sakraments habe, scheint mehrere Synodenväter zu beschäftigen. Das könnte ein Thema werden, das sich in den kommenden Monaten des synodalen Prozesses noch weiter konkretisiert. Eine entsprechende Kommission, die sich mit dieser Frage befassen soll, hat Papst Franziskus bereits im Sommer eingesetzt.

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