Roman eines Schicksallosen
Imre Kertesz ist etwas Skandalöses gelungen
Ich war ein Holocaust Clown
Imre Kertesz
Imre Kertesz ist etwas Skandalöses gelungen: die Entmystifizierung von Auschwitz. Es gibt kein literarisches Werk, das in dieser Konsequenz, ohne zu deuten, ohne zu werten, der Perspektive eines staunenden Kindes treu geblieben ist. Wohl nie zuvor hat ein Autor seine Figur Schritt für Schritt bis an jene Grenze hinab begleitet, wo das nackte Leben zur hemmungslosen, glücksüchtigen, obszönen Angelegenheit wird.
Pressestimmen
“Ein literarisches Meisterwerk.” (Der Spiegel)
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Imre Kertész, 1929 in Budapest geboren, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und 1945 in Buchenwald befreit.
Nach Kriegsende arbeitete er zunächst als Journalist, ab 1953 dann als freier Schriftsteller und Übersetzer in Budapest. Mit seinem Roman eines Schicksallosen, 1975 in Ungarn veröffentlicht, gelangte er nach der europäischen Wende zu weltweitem Ruhm. 2002 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Imre Kertész lebt in Budapest und Berlin.
Rezension amazon (84)
Erdrückend unpathetisch
Von R.S.
Imre Kertesz stellt in diesem Buch sein Schicksal dar. Als vierzehnjähriger in ein Nazi-Konzentrationslager verschleppt, wird er beinahe ein weiteres Todesopfer dieses unbarmherzigen Regimes. Er beschreibt alles in der Ichform, mit den Augen eines gerade pubertierenden Kindes. Stilistisch ist natürlich an diesem grossartigen Literaten nichts auszusetzen, Kertesz schreibt in langen Sätzen und Absätzen – dennoch gut lesbar.
Das herausragende und ganz besondere an diesem Buch ist jedoch das Fehlen jedes Pathos. Wäre es nicht ein Thema bei dem uns jegliches Lachen gefrieren muss, so wären einige Szenen dazu geeignet, zumindest kurz aufzulachen. Die kindliche Naivität mit der er die ganze Szenerie schildert, ist teilweise brutaler als jede pathetische Darstellung dieser Zeit. Niemals in dem ganzen Werk gibt es auch nur einen Funken Selbstmitleid oder Schuldzuweisungen. Gerade diese Darstellung jedoch lässt uns alles intensiver erleben, an die bitteren Schilderungen haben wir uns, so brutal das Klingen mag, vielleicht schon etwas gewöhnt. Dieses Werk rüttelt nochmals auf. Es fordert zu einer ganz neuen Auseinandersetzung mit der Thematik.
Wie stellt man sich nun eine unpathetische Darstellung vor, nun: Selbst der Blick auf die Duschköpfe die wahrscheinlich Gas ausströmen werden, schildert er vollkommen teilnahmslos – als ob er es nicht selbst wäre der betroffen sein wird. Als es dann eine echte Dusche mit warmen Wasser ist, ist er überrascht, aber nicht mehr. Das Unpathetische an dem Werk jagt dem Leser kalte Schauer über den Rücken – denn dadurch wird die Wirklichkeit noch intensiver erfahrbar.
Wenn man dieses Buch gelesen hat, wird es eigentlich absolut unbegreiflich, dass jemand dieses Schicksal erleiden musste und dennoch solch ein Werk produzieren kann. Das Fehlen von Selbstmitleid, Anklagen und Verurteilungen ist eine enorme Leistung, die uns eines der erschreckendsten literarischen Werke der Geschichte bescherte.
Für dieses Werk wurde Kertesz völlig zu Recht der Literaturnobelpreis 2002 verliehen.
Roman eines Schicksallosen
Autor: Imre Kertész
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