50 Jahre Benediktinerin
Äbtissin Maria Pia: “Ich würde den Weg ins Kloster wieder gehen”
18. Juli 2014, Text: Margrith Mermet, Fotos: Monika Höfler
Äbtissin Maria Pia Habermacher lebt seit fünfzig Jahren im Kloster St. Andreas in Sarnen.
Sie ist 69 Jahre alt und lebt seit fünfzig Jahren im Benediktinerinnen-Kloster Sankt Andreas in Sarnen: Äbtissin Maria Pia Habermacher erzählt von ihrem Weg ins Kloster, vom Alltag dort und ihren Aufgaben als Vorsteherin der Gemeinschaft, in der acht Schwestern zwischen 40 und 94 Jahren leben.
18. Juli 2014, Text: Margrith Mermet, Fotos: Monika Höfler
“Als ich ins Kloster kam, war ich achtzehneinhalb Jahre alt. Das Religiöse hat mich immer angezogen. Ich wusste schon in der Schule, dass ich diesen Weg gehen möchte. Klar, es war auch der Wunsch meiner Mutter – aber nur deswegen wäre ich nicht eingetreten. Ich ging häufig zur Kirche und sah dort Nonnen. Es war für mich ohne Frage, dass ich eines Tages in einem Kloster leben wollte, um den Alltag mit Gebeten für die Menschen zu füllen und Hilfe in der Gemeinschaft zu leisten.
Für zwei Wochen und dann nie wieder
Als junge Frau hatte ich nicht die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen. Ich arbeitete auf dem elterlichen Hof. Beim Eintritt ins Kloster wusste ich, dass ich nach einem Jahr für zwei Wochen nach Hause gehen kann und danach nie wieder. Das machte mir nichts aus. Ich spürte sofort, dass das Kloster mein Zuhause ist. So jung, wie ich damals war, würde man heute nicht mehr eintreten.
Ich habe im Kloster viel gelernt. Ich war jahrelang Weberin und liebte diese Arbeit. Ich wob Fahnen, Wandbehänge und Paramente. Als Vizemeisterin begleitete ich viele Schwestern auf dem Weg ins Kloster. Dafür besuchte ich Kurse und Weiterbildungen. Ich war dreimal in Afrika und einmal in Amerika. Draussen in der Welt wäre ich wahrscheinlich nicht so viel rumgekommen wie als Ordensschwester.
Positive Veränderungen
In den vergangenen 50 Jahren gab es viele Veränderungen im Kloster. Am Anfang war alles strikt und von oben autoritär geführt. Die Tracht war unbequemer als heute: Der Schleier wurde eng am Gesicht getragen. Früher lebten die Schwestern in Klausur – sie durften nicht nach Hause. Das ist inzwischen lockerer. Ich durfte meinen Vater am Krankenbett besuchen. Das sind positive Veränderungen. Ich bin froh, dass sie gekommen sind.
Das Leben für Gott ist vergleichbar mit einer Liebschaft. Man denkt nicht an die Opfer, die man dafür bringen muss. Da ist einzig die grosse Faszination. Die braucht es, damit man den Weg gehen kann. Ich bin den Schritt ins Kloster freudestrahlend gegangen. Es hat später sicher auch Zeiten gegeben, wo die Sehnsucht nach der Familie und dem Zuhause etwas grösser war. Aber ich wusste immer, was daheim geschah, es gab Briefe und Telefonanrufe. Heute ist das einfacher, Besuche zuhause sind inzwischen erlaubt.
Heute fehlen die Vorbilder
Dass junge Frauen ihr Leben in klösterlicher Gemeinschaft verbringen wollen, ist heute selten. Sie haben die Möglichkeit, Berufe zu erlernen. Zudem fehlen die Vorbilder – Nonnen sind im Alltag nicht mehr präsent. Das Glaubensleben ist weniger intensiv als früher. Draussen in der Welt gibt es viele Angebote, die Freizeitgestaltung im Kloster dagegen ist eingeschränkt. Heute schauen wir mehr auf die Bedürfnisse der jungen Schwestern. Es ist uns wichtig, dass sie durch die immense Arbeit, die die Gemeinschaft verursacht, nicht überfordert sind.
Heute sind wir nicht mehr nur hinter Mauern verborgen. Wir öffnen das Kloster häufiger für die Welt draussen. Die Bewältigung des Hochwassers 2005 und die folgende Schadensbehebung forderten dies zwangsläufig – was wir als positiv empfinden.
Den Menschen nahe
Seit 2001 bin ich Äbtissin. Ich schaue, dass in unserer Gemeinschaft alles funktioniert, habe den Überblick und vertrete das Kloster nach aussen. Das bringt viel Büroarbeit und Buchhaltung, aber auch Dienst an der Pforte mit sich. Die Gebete für die Menschen sind mir wichtig. Ihr Vertrauen, dass ich sie in meine Gebete einschliesse, ehrt mich sehr. Ich lebe zwar verborgen im Kloster, bin aber den Menschen durch meine Gebete sehr nahe. Ihre Dankbarkeit ist rührend. Meine Mitschwestern nennen mich ‹Mutter Pia›. Für sie bin ich wie eine Mutter, die für alle sorgt und für sie da ist. Meine Türe ist immer offen.”
Die Schlussfrage, ob sie den Weg ins Kloster heute wieder gehen würde, bejaht Äbtissin Maria Pia. Das Funkeln in ihren Augen und ihr verschmitztes Lächeln sprechen für ihre Überzeugung.
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