Versöhnung durch zwei Staaten

Israel feiert heute seine Unabhängigkeit

oliver maksanDie Tagespost,  05. Mai 2014, Von Oliver Maksan

1948, vor 66 Jahren, wurde der wenige Jahrzehnte zuvor noch gänzlich unwahrscheinliche Staat Wirklichkeit. Bald 47 Jahre davon ist Israel Besatzungsmacht in den palästinensischen Gebieten. Mit den eben gescheiterten Friedensgesprächen sieht es so aus, als ob es so noch eine ganze Weile bleiben würde – zur Freude der Extremisten auf beiden Seiten, seien es radikale Imame, seien es national-religiöse Siedler. Denn nichts fürchten sie mehr als eine Lösung, die unter ihren maximalistischen Forderungen eines Gross-Palästina oder Gross-Israel zwischen Meer und Jordanfluss bleibt.

Theokraten haben noch mehr Zeit als Nationalisten. Doch es sei ihnen gesagt: Israel wird genauso wenig von der Landkarte verschwinden wie die nationalstaatlichen Ambitionen aus den Köpfen der Palästinenser. Versöhnen lässt sich beides dauerhaft nur durch die Zwei-Staaten-Lösung.

Israels Premier Benjamin Netanjahu hat sich 2009 zu ihr bekannt. Dies geschah vor allem aufgrund amerikanischen Drucks, aber auch, weil Netanjahu wohl dämmert, dass der Status quo schon demographisch auf Dauer nicht zu halten sein wird, will Israel jüdisch und demokratisch bleiben. Dem Spross einer rechtszionistischen Dynastie hat Israels extreme Rechte diesen taktischen Sündenfall bis heute nicht verziehen. Dennoch hat Netanjahu den Worten keine Taten folgen lassen – im Gegenteil. John Kerry, der als amerikanischer Senator wie Aussenminister eine makellose pro-israelische Weste trug und trägt, hat Israel, das heisst Netanjahu, die Schuld am Scheitern der jüngsten Gespräche gegeben – mit Recht. Denn vor allem Netanjahus bombastisches Mantra, die Palästinenser müssten Israel explizit als jüdischen Staat anerkennen, hat unnötigerweise eine neue Hürde vor einer ohnehin schwierigen Lösung aufgebaut. Wo die Palästinenser in den Verhandlungen eine Karte mit den künftigen Grenzen ihres Staates sehen wollten, hat Bibi ihnen ein für die Praxis folgenloses Bekenntnis abverlangt. Mag Netanjahu aus zionistischer Sicht in der Sache wie historisch Recht haben – sowohl Islam wie arabischer Nationalismus tun sich nicht erst seit Besatzung und Siedlungsbau mit einem jüdischen Staat in Nahost schwer –, so zäumt er das Pferd dennoch von hinten auf. Akzeptanz und Legitimität wird Israel regional erst dann finden, wenn die Palästinenser sowohl innerhalb Israels als auch in einem eigenen Staat an seiner Seite gleichberechtigt leben können.

Das Fenster für eine Zwei-Staaten-Lösung steht dabei nicht endlos lang offen. Mit der Besiedlung werden Fakten geschaffen, die künftig nur gegen grösste innere Widerstände geändert werden können. Bei der unilateral erfolgten Räumung des Gaza-Streifens 2005 war ein halbe Armee nötig, um wenige tausend Siedler zu evakuieren. Dem ungleich dichter kolonisierten Westjordanland drohen für diesen Fall bürgerkriegsähnliche Szenarien. Die Frage ist auch, wie lange es auf Seiten der Palästinenser noch Akzeptanz für die Zwei-Staaten-Lösung geben wird. Da mit Netanjahu offenbar kein Abkommen möglich ist, muss man auf einen israelischen Führer warten, der die nötige Statur dafür hat. Ob dieser dann aber noch einen palästinensischen Partner finden wird?

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