Der Montini-Papst wird am 19. Oktober seliggesprochen
Wieder gelangt ein Konzilspapst zur Ehre der Altäre
Vatikan gibt Seligsprechung von Paul VI. zum Abschluss der Familiensynode bekannt.
Von Guido Horst
Rom, Die Tagespost, 12. Mai 2014
Aus dem Vier-Päpste-Jahre wird nun ein Jahr der fünf Päpste. Die Erinnerung ist noch frisch: Am Barmherzigkeitssonntag nach Ostern haben sich Franziskus und Benedikt XVI. zweimal umarmt, als vor einer Millionenmenge Johannes XXIII. und Johannes Paul II. in das Buch der Heiligen aufgenommen wurden. Vier Päpste: Einer amtiert, der andere betet im Ruhestandskloster, zwei als Fürsprecher im Himmel – und nun kommt ein fünfter hinzu: Giovanni Battista Montini, der selbst in katholischen Kreisen so oft und so viel geschmähte Papst Paul VI.
Ein Papst, der historische Berühmtheit erlangt hat, weil er zum einen das Zweite Vatikanische Konzil zum Abschluss brachte und weil er zum zweiten 1968 in der Enzyklika “Humanae vitae” der chemischen Empfängnisverhütung eine Absage erteilte, als diese – auch in katholischen Kreisen – bereits gang und gäbe war.
Der Montini-Papst soll am 19. Oktober seliggesprochen werden, als Höhepunkt und Abschluss der vatikanischen Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie. Das hat das vatikanische Presseamt am Samstag bekannt gegeben. Der Papst hatte bei einer Audienz den Präfekten der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, Kardinal Angelo Amato, dazu ermächtigt, die geplante Seligsprechung öffentlich zu machen. Die Feier wird auf dem Petersplatz stattfinden. Die Bekanntgabe der Seligsprechung so kurz nach der Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. gilt als Indiz dafür, wie sehr sich der Papst dem Konzil verpflichtet fühlt, aber auch dessen Lehre über die Ehe. Die Enzyklika “Humanae vitae” hatte Franziskus vor kurzem erst als weitblickend bezeichnet.
Franziskus: “Seine Genialität war prophetisch”
In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung “Corriere della sera“ lobte er Paul VI. für dessen “prophetisches Genie”. Der Montini-Papst habe den Mut gehabt, die Morallehre der Kirche zu verteidigen, sagte Franziskus der Zeitung und würdigte Paul VI. als Mann, der nicht mit dem Strom der Mehrheit schwimmen wollte. “Seine Genialität war prophetisch, er hatte den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen, die moralische Disziplin zu verteidigen, eine kulturelle Bremse zu ziehen”, erklärte Franziskus gegenüber dem “Corriere della Sera”.
Das Verfahren zur Seligsprechung Pauls VI. hat 1993 dessen Heimatdiözese Brescia eingeleitet. Hatte Franziskus bei der Ankündigung der Heiligsprechung von Johannes XXIII. auf den Nachweis eines Wunders verzichtet, so ist dies bei Giovanni Battista Montini nicht der Fall. Das Wunder, das auf Fürsprache Pauls VI. eingetreten sein soll, betrifft die unerklärliche Heilung eines ungeborenen Kindes, die 2001 in den Vereinigten Staaten festgestellt wurde. Ärzte hatten demnach für das Kind starke Gehirnschäden und weitere schwere Beeinträchtigungen diagnostiziert. Eine Abtreibung habe die Mutter jedoch abgelehnt. Stattdessen habe sie sich an eine befreundete Ordensfrau gewandt, die Paul VI. persönlich begegnet sei. Auf ihre Empfehlung wandte sie sich im Gebet an Papst Montini. Hierbei soll sie ein kleines Stoffstück von dessen Gewand verwendet haben.
Paul VI. hat 1963 die Nachfolge von Johannes XXIII. angetreten und verstarb 1978. Die sterblichen Überreste liegen in einem Erdgrab in den Grotten des Petersdoms. 1897 in Concesio bei Brescia geboren, hatte Giovanni Battista Montini vor seiner Wahl zum Papst jahrzehntelang als Diplomat im Vatikan gearbeitet. Er wirkte seit 1922 im Staatssekretariat und wurde 1937 als Substitut für die inneren Angelegenheiten der Kirche zuständig. In dieser Funktion half er während des Zweiten Weltkrieges tausenden Juden und Verfolgten, in Klöstern und Kirchengebäuden unterzukommen. Montini galt als ausserordentlich fähiger und unermüdlicher Arbeiter. 1954 machte ihn Papst Pius XII. zum Erzbischof von Mailand und liess ihn auf diese Weise seelsorgerliche Erfahrung sammeln. Die Kardinalswürde verlieh ihm Pius XII. jedoch nicht; es heisst, dem Pacelli-Papst habe das Liebäugeln Montinis mit kommunistischen Machthabern missfallen. Unter Paul VI. kam es dann zur sogenannten “Ostpolitik” des Vatikans.
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