Der Horizont des Abendmahlsaals
Papst Franziskus und woran der Abendmahlsaal erinnert
Quelle: VIDEOS
KathTube: Papst Franziskus – Abendmahlsaal – GESAMTE LITURGIEFEIER – 26. Mai 2014
Papst Franziskus verabschiedet sich aus Israel
Rom, kath.net, 26. Mai 2014
Zum Abschluss seiner Apostolischen Reise ins Heilige Land feierte Papst Franziskus die heilige Messe im Abendmahlsaal zu Jerusalem zusammen mit den Ordinarien des Heiligen Landes und dem Päpstlichen Gefolge.
In seiner Predigt leuchtete der Papst den Horizont des Abendmahlsaals aus:
Der Abendmahlsaal erinnert uns an den Dienst, die Fusswaschung, die Jesus vorgenommen hat, als Beispiel für seine Jünger.
Der Abendmahlsaal erinnert uns mit der Eucharistie an das Opfer.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an die Freundschaft.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an den Abschied des Meisters und an die Verheissung, wieder mit seinen Freunden zusammenzukommen.
Aber der Abendmahlsaal erinnert uns auch an die Kleinlichkeit, an die Neugier – “Wer ist der Verräter?” – an den Verrat.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an das Miteinander-Teilen, an die Brüderlichkeit, an die Harmonie, an den Frieden unter uns.
Schliesslich erinnert uns der Abendmahlsaal an die Geburt der neuen Familie, der Kirche, die vom auferstandenen Jesus gegründet ist.
Das ist der Horizont des Abendmahlsaals: der Horizont des Auferstandenen und der Kirche.
kath.net veröffentlicht die Predigt des Heiligen Vaters bei der heiligen Messe im Abendmahlsaal zu Jerusalem:
Liebe Brüder,
(der Papst dankt den katholisch-orientalischen Patriarchen für ihre Begleitung während der Apostolischen Reise ins Heilige Land)
es ist ein grosses Geschenk, das der Herr uns macht, uns hier im Abendmahlsaal zu versammeln, um Eucharistie zu feiern. Hier, wo Jesus mit den Aposteln das Letzte Abendmahl einnahm; wo er, auferstanden, in ihrer Mitte erschien; wo der Heilige Geist mit Macht auf Maria und die Jünger herabkam. Hier ist die Kirche geboren, und sie ist im Aufbruch geboren. Von hier ist sie ausgegangen, das gebrochene Brot in den Händen, die Wunden Jesu vor Augen und den Geist der Liebe im Herzen.
Vom Vater gesandt, übertrug der auferstandene Jesus im Abendmahlsaal den Aposteln seinen eigenen Geist, und mit dieser Kraft sandte er sie aus, das Antlitz der Erde zu erneuern (vgl. Ps 104,30).
Hinausgehen, aufbrechen heisst nicht vergessen. Die Kirche im Aufbruch bewahrt das Gedächtnis dessen, was hier geschehen ist; der Heilige Geist erinnert sie an jedes Wort, an jede Geste und offenbart deren Sinn.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an den Dienst, die Fusswaschung, die Jesus vorgenommen hat, als Beispiel für seine Jünger. Einander die Füsse waschen bedeutet einander annehmen, akzeptieren, lieben, einander dienen. Das heisst, dem Armen, dem Kranken, dem Ausgeschlossenen zu dienen, dem, der mir unsympathisch ist, der mich ärgert.
Der Abendmahlsaal erinnert uns mit der Eucharistie an das Opfer. In jeder Eucharistiefeier bringt Jesus sich für uns dem Vater dar, damit auch wir uns mit ihm verbinden können, indem wir Gott unser Leben, unsere Arbeit, unsere Freuden und unsere Leiden darbringen…, alles als ein Opfer im Geiste darbringen.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an die Freundschaft. “Ich nenne euch nicht mehr Knechte”, sagte Jesus zu den Zwölf, “…vielmehr habe ich euch Freunde genannt” (Joh 15,15). Der Herr macht uns zu seinen Freunden, er weiht uns in den Willen des Vaters ein und schenkt uns sich selbst. Das ist die schönste Erfahrung des Christen und in besonderer Weise des Priesters: Freund Jesu, des Herrn, zu werden und im Herzen zu entdecken, dass er Freund ist
Der Abendmahlsaal erinnert uns an den Abschied des Meisters und an die Verheissung, wieder mit seinen Freunden zusammenzukommen: “Wenn ich gegangen bin … komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin” (Joh 14,3). Jesus trennt sich nicht von uns, er verlässt uns nie, er geht uns voran in das Haus des Vaters, und dorthin will er uns mitnehmen.
Aber der Abendmahlsaal erinnert uns auch an die Kleinlichkeit, an die Neugier – “Wer ist der Verräter?” – an den Verrat. Und jeder von uns, nicht immer nur die anderen, kann diese Verhaltensweisen annehmen, wenn wir selbstgefällig auf den Bruder schauen, ihn verurteilen; wenn wir mit unseren Sünden Jesus verraten.
Der Abendmahlsaal erinnert uns an das Miteinander-Teilen, an die Brüderlichkeit, an die Harmonie, an den Frieden unter uns. Wie viel Liebe, wie viel Gutes ist aus dem Abendmahlsaal hervorgegangen! Wie viel Nächstenliebe ist von hier ausgegangen, wie ein Fluss aus der Quelle, der anfangs ein Bach ist und dann anschwillt und gross wird… Alle Heiligen haben hier aus dieser Quelle geschöpft; der grosse Strom der Heiligkeit der Kirche nimmt immer von hier aus seinen Anfang, immer neu, vom Herzen Christi, von der Eucharistie, von seinem Heiligen Geist her.
Schliesslich erinnert uns der Abendmahlsaal an die Geburt der neuen Familie, der Kirche, unserer heiligen Mutter, der hierarchischen Kirche, die vom auferstandenen Jesus gegründet ist. Eine Familie, die eine Mutter hat, die Jungfrau Maria. Die christlichen Familien gehören zu dieser grossen Familie, und in ihr finden sie Licht und Kraft, um durch die Mühen und Prüfungen des Lebens hindurch voranzugehen und sich zu erneuern. In diese grosse Familie sind alle Kinder Gottes aus allen Völkern und Sprachen eingeladen – alle Geschwister und Kinder des einen Vaters im Himmel.
Das ist der Horizont des Abendmahlsaals: der Horizont des Auferstandenen und der Kirche.
Von hier geht die Kirche im Aufbruch aus, belebt vom Lebenshauch des Geistes. Indem sie zusammen mit der Mutter Jesu im Gebet verharrt, lebt sie immer wieder in der Erwartung einer erneuten Ausgiessung des Heiligen Geistes: Dein Geist, o Herr, komme herab und erneuere das Antlitz der Erde (vgl. Ps 104,30)!
Schreibe einen Kommentar