Impuls zum 2. Sonntag im Jahreskreis
Wann kommt das neue Messbuch?
Münster, Msgr. Dr. Peter von Steinitz
“Seht das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt!” Als Johannes der Täufer Jesus im Jordan tauft, sieht er ihn zum ersten Mal. Wohl ist er ihm schon einmal begegnet, aber das war in einer anderen Dimension, beide waren noch im Schoss ihrer Mutter.
So manches Mal wird Johannes während seiner in der Wüste verbrachten Kindheit und Jugend an diese Begegnung gedacht haben, als Maria, die jungfräuliche Mutter Jesu, seine Mutter Elisabeth aufsuchte, von der Maria soeben erfahren hatte, dass sie ebenfalls ein Kind erwartete. Jene Begegnung, bei der alle vier Beteiligten, die beiden Mütter und die beiden ungeborenen Kinder, ganz vom Heiligen Geist erfüllt wurden.
Von Johannes, dem “Grössten der von einer Frau Geborenen” heisst es, dass er, nach dem Tod seiner Eltern, die ja schon betagt waren, als er geboren wurde, seine jungen Jahre in der Wüste verbrachte, wo er sich “von Heuschrecken und wildem Honig” ernährte.
Keine sonnige Kindheit, jedenfalls nicht auf den ersten Blick.
Wie so oft, schweigt sich die Hl. Schrift über viele Einzelheiten im Leben der uns teuren Personen aus. Über die Kindheit und Jugend Jesu erfahren wir so gut wie nichts ausser der kurzen Episode, als Jesus im Tempel verloren und wieder gefunden wurde. Johannes findet erst Erwähnung, als er sein öffentliches Wirken am Jordan beginnt.
Aus den wenigen Stellen, in denen das Evangelium von Johannes spricht, geht allerdings klar hervor, dass er, abgesehen oder aber auch gerade im Rahmen seiner asketischen Lebensweise, ein vom Heiligen Geist geführter Mann gewesen sein muss.
Da gilt es, genau zu beachten, was er gesagt hat.
In neuerer Zeit verwechseln die Übersetzer der heiligen und liturgischen Schriften die Begriffe ‘übersetzen’ und ‘interpretieren’. Laut Neo-Vulgata hat Johannes nicht gesagt “Das Lamm, das hinwegnimmt die Sünde der Welt”, es heisst dort “peccata mundi”, also die “Sünden der Welt”. Natürlich ist dieser ‘Fehler’ nicht eine Folge der Unfähigkeit der Übersetzer, vielmehr wird eine Interpretation in den Text gelegt, die interessant, aber letztlich zweifelhaft ist, und die gleichzeitig den unbefangenen Zuhörer im Glauben lässt, das wäre der Text in deutscher Sprache.
Wer ist denn verantwortlich für die “Sünde der Welt”? Die Welt? Kann nicht sein. Es legt eben den Schluss nahe, keiner ist eigentlich schuld, die Welt ist in sich böse (der Manichäismus lässt grüssen), wir waren´s nicht. Kein geringerer als der sel. Johannes Paul II. sagte einmal in diesem Zusammenhang: “Die Sünde der Welt – was ist das eigentlich für eine Sünde, wer hat sie begangen?” An mehreren Stellen des bisher gültigen deutschen Messbuches wird dieser Übersetzungsfehler kolportiert.
Ein anderer Fehler ist – sicherlich unbeabsichtigt – der Ökumene abträglich: im ersten Hochgebet werden im lateinischen Original die katholischen und die orthodoxen Gläubigen erwähnt, in der deutschen Übersetzung sind die Orthodoxen verschwunden.
Besonders unangenehm wirkt sich das Interpretieren in den Wandlungsworten aus. Auch wenn die Diskussion darüber schon in die Jahre gekommen ist, bleibt bestehen, dass “das Blut, das für alle vergossen wird” nicht dasselbe ist wie “Das Blut, das für viele vergossen wird”. Gewiss, der Sache nach ist die neue Übersetzung nicht falsch. Christus hat sicher sein Blut für alle vergossen, weil “Gott will, dass alle Menschen gerettet werden” (1 Tim 2,4). Und nicht alle machen davon Gebrauch, daher also “für viele”. Beides ist in der Aussage richtig, aber hier geht es an so wichtiger Stelle darum, was Christus denn wirklich gesagt hat. Und das war “für viele”. Der Ausdruck “für alle” ist eine Interpretation, über deren Weiterungen man geteilter Meinung sein kann.
Papst Benedikt XVI. hat vor über zwei Jahren angeordnet, dass in den Übersetzungen der Landessprachen das “für viele” wieder eingesetzt werden soll. In seinem sehr feinfühlig formulierten Brief an die Bischöfe im deutschen Sprachraum schrieb Papst Benedikt im Rahmen einer eingehenden Erläuterung des Sachverhalts: “Die Wiedergabe von “pro multis” mit “für alle” war keine reine Übersetzung, sondern eine Interpretation, die sehr wohl begründet war und bleibt, aber doch schon Auslegung und mehr als Übersetzung ist” (Brief an Erzbischof Zollitsch vom 14.4.2012).
Im Blick auf die Busspredigt des Johannes, die streng, aber zugleich heilsam war (eben “Heuschrecken und wilder Honig”), sollten wir uns fragen, ob es sich nicht doch lohnt, mit der Durchführung der päpstlichen Anweisung voranzukommen.
Zu den notwendigen Korrekturen kommt übrigens eine sehr liebenswerte Ergänzung hinzu: in allen Hochgebeten, nicht nur im ersten, soll der Hl. Josef Erwähnung finden.
Msgr. Dr. Peter von Steinitz, war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den sel. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“ und „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich).
Schreibe einen Kommentar