Franziskus, der Priester-Papst
Franziskus ist wirklich anders
Bis man vor dem Tabernakel einschläft
Die Tagespost, 18.09.2013, von Guido Horst
Franziskus tickt einfach anders. Oh Schreck, darf man das denn sagen? Päpste ticken ja nicht. Päpste zelebrieren, dekretieren, reformieren, lehren, schreiben Enzykliken und gewähren Audienzen. Aber bitte nicht “ticken”. Im Fall des Jesuiten-Papstes sei das aber doch gewagt. Um den meilenweiten Abstand deutlich zu machen zwischen dem Bild, das man sich nördlich der Alpen vom “Papst der Armen” macht, und dem real existierenden Jorge Mario Bergoglio.
Franziskus ist wirklich anders.
Anders als jene Berufskatholiken, die in ihren Stuhlkreisen mit der Brechstange die Frau am Altar, den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene und die Abschaffung des Zölibats durchsetzen möchten, und die die Qualität eines Dialogprozesses nur danach bemessen, ob man diesen Zielen ein Stück weit näher gekommen ist. Er ist anders als jene Generalvikare und Finanzchefs, die apostolische Initiativen zurückfahren, um das Geld der Kirche stattdessen in Immobilien zu stecken – für den Fall, dass einmal schlechtere Zeiten aufziehen. Und er ist völlig anders als jene Seelsorger im Laien- oder Klerikerstand, die mit immer neuen Inszenierungen im Gottesdienst Kirche wieder “interessant” machen wollen.
Die Begegnung des Papstes mit den Priestern seiner Diözese Rom (siehe Seite 6) zeigt es wieder einmal: Da ist jemand, der zutiefst katholisch ist. Der zutiefst an Gott glaubt, aber auch den Teufel ernst nimmt, und jeden Getauften hineingenommen weiss in den unablässigen Kampf der Mächte der Finsternis gegen die Macht des Guten.
Da ist ein Papst, der den Priestern, die müde und traurig geworden sind, empfiehlt, beharrlich vor dem Tabernakel zu beten und wenn nötig dort auch einzuschlafen. Franziskus ist eben völlig anders als die in ihrem bürokratischen und finanziellen Prokrustesbett gefangene Kirche deutscher Zunge. Ein missionarischer Papst, dem die Wege, den Gottfernen das Evangelium zu bringen, wichtiger sind als das Auto, mit dem man diese Wege fährt. Reform heisst für Franziskus, wieder katholisch zu werden.
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