Das Blutwunder des hl. Januarius (San Gennaro)

Das Blut des im Jahr 305 enthaupteten San Gennaro verflüssigt sich

Jedes Jahr am ersten Maiwochenende und am 19. September kann man im Dom von Neapel bestaunen, wie sich das in einer Ampulle aufbewahrte Blut des im Jahr 305 enthaupteten San Gennaro verflüssigt.

Dem Gottesdienst voraus geht eine Prozession, bei der Heiligenfiguren durch Spaccanapoli getragen werden. Angeführt wird die Prozession von der Silberbüste des San Gennaro, gefolgt von der Heiligen Teresa. Lucia, Patricia und vielen anderen. Gerne werden dabei von den Neapolitanern Wetten auf die Reihenfolge der Heiligenstatuen abgeschlossen! Dem persönlichen Lieblingsheiligen wird besonders laut applaudiert und man hofft, dass er so einen vorderen Platz in der nächsten Prozession einnehmen wird.

Der Tag des Blutwunders ist ein wichtiges Fest für Neapel und wird entsprechend gefeiert. Rund um den Dom findet man viele Verkaufsstände, an denen Süssigkeiten, Maiskolben und allerlei Kurioses und Kitschiges verkauft wird.

In einem seit Jahrhunderten gleichen Ritus wird im anschliessenden Gottesdienst die silberne Büste des Heiligen neben dem Altar aufgestellt Die Ampulle mit dem Blut wird den Gläubigen vom “abate del tesoro” gezeigt und gedreht. Kurz danach beginnen die traditionellen Gebete der “parenti di S. Gennaro” (Verwandte des S. Gennaro) – einer Gruppe gläubiger Frauen, die auf den vorderen Bänken sitzen. Die Gebete steigern sich in ekstatischer Form, bis sich das Blut verflüssigt. Unter dem Jubel und Klatschen der Gläubigen beginnen die Domglocken zu läuten. Die Gläubigen beginnen sich um den Altar zu drängen, um die Ampulle mit dem Blut zu küssen. An dem überfüllten Gottesdienst nehmen hohe kirchliche und politische Würdenträger sowie Hunderte gespannt wartende Gläubige teil.

Das Blutwunder tritt nach dem Volksglauben auf, wenn kein Unglück für die Zukunft zu erwarten ist. Es hat für die meisten Neapolitaner einen orakelhaften Charakter. Ein Ausbleiben des Blutwunders verheisst nach dem Volksglauben Unglück für Neapel oder seine Umgebung. So ist es z.B. vor dem schweren Erdbeben 1980, bei dem mehr als 2000 Menschen ihr Leben verloren, ausgeblieben.

Das Verhältnis der Neapolitaner zu San Gennaro ist nicht von religiöser Demut geprägt, sondern ein sehr persönliches. San Gennaro werden eigene Wünsche mit Liebe vorgetragen, doch wehe er erfüllt sie nicht!

Die Geschichte des Blutwunders

Der heilige Gennaro war Bischof von Benevent und wurde während der Christenverfolgungen um 305 von Diokletian enthauptet. Nach der Legende soll eine Frau das Blut des Märtyrers direkt nach seinem Tod in einer Ampulle aufgefangen und aufbewahrt haben. Als 313 die Gebeine des Heiligen und die Ampulle nach Neapel gebracht wurden, soll sich das Blutwunder zum ersten Mal ereignet haben. Die Gebeine und das Blut wurden in den Katakomben von Neapel beigesetzt. Im 9. Jahrhundert befanden sich die sterblichen Überreste und das Blut des S. Gennaro in einer kleinen Kapelle neben einer Kirche, an deren Stelle im 14. Jahrhundert der Dom errichtet wurde. Seit 1646 befindet sich die Relique in der Barockkapelle des Doms.

Schon vor der im Jahr 1649 begonnenen Protokollführung gab es zahlreiche Berichte über die Verflüssigung des Blutes. Bereits im Jahr 1389 wird eine Prozession beschrieben, bei der sich das Blut verflüssigt haben soll. Laut Überlieferung ist das Wunder im Jahr 1528 zur Zeit der Pest und der französischen Belagerung Neapels ausgeblieben. Aus dem 16. Jh. liegen Hunderte Zeugnisse über die Verflüssigung des Blutes vor.

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