Peru – weiterhin stark vom katholischen Glauben geprägt

Beichtwartezeiten von bis zu zwei Stunden auch an Montagvormittagen

Partnerschaft Freiburg-Peru

– Ein Taxifahrer bekreuzigt sich konsequent bei jeder Kirche – Die katholische Kirche ist in Peru mit anderen Grundfragen konfrontiert als bei uns. Ein Gastbeitrag von Richard Hansl

Lima-Wien, kath.net, 14. August 2013

Der Durchschnittsösterreicher assoziiert mit Peru einen verschlafenen Andenstaat, der von panflötenspielenden Nachfahren der Inkas bewohnt wird. Dass es sich um einen modernen, vom katholischen Glauben stark geprägten Staat dreimal so gross wie Deutschland handelt, wird oft mit ungläubigem Erstaunen quittiert. Mehr als 80% der Bevölkerung des Landes bezeichnen sich als römisch-katholisch.

Schon der Stadtplan Limas, der Metropole am Pazifik mit der Einwohnerzahl Österreichs, lässt erkennen welch grosse Rolle die Heiligen im Leben der Peruaner spielen. Kann man vom Hügel San Cristobal die Sicht auf das historische Zentrum geniessen, so erschliessen sich vom Hügel Santa Rosa de Lima die ärmeren Gebiete der Stadt. Die Namensgebung von Strassen und ganzer Viertel ist nicht Relikt vergangener Zeiten, so prägen Marienstatuen auch das Bild der neuen Stadtteile und der Prozentsatz an Katholiken spiegelt sich im Alltagsverhalten wider. Als Besucher aus einer mitteleuropäischen Diözese ist man mit einem kleinen Kulturschock konfrontiert.

Doch die schöne Fassade hat Risse bekommen und auch die Heimat des Hl. Martin von Porres ist nicht von Umwälzungen verschont geblieben. In den letzten Jahrzehnten strömen, ähnlich wie in den anderen lateinamerikanischen Ländern, evangelikale Freikirchen und Sekten ins Land und versuchen teils aggressiv zu missionieren. In den Strassen wird oft durch Plakate und Sticker geworben, zuweilen begegnet auch das aus unseren Breiten bekannte Zweigespann der Zeugen Jehovas. Immerhin 12 Prozent der Bevölkerung bekennen sich schon zu diesen Bewegungen, die nicht selten das Seelenheil gegen Bezahlung versprechen.

Es ist schnell klar, dass die “heissen Eisen” in der innerkirchlichen Diskussion deutlich andere sind. Die Begriffe Frauenordination, verheiratete Priester, Viri probati lösen im besten Fall ein Stirnrunzeln aus, mit dem sofortigen Verweis auf Aussagen des sel. Johannes Paul II.

Generell ist beeindruckend, wie rasch Transkriptionen der Reden des Papstes in den Gemeinden verteilt und regelrecht aufgesogen werden. Die Grundfragen, die sich die Kirche Perus stellt, sind in gewisser Weise ähnliche wie in Europa. Trotz pastoraler Arbeit auf sehr hohem Niveau steht die Neuevangelisierung im Mittelpunkt. Der Unterschied liegt im Mitbewerber. Während in Europa ein kämpferischer Atheismus gegen die katholische Kirche stichelt, kommt es hier schon vor, dass der evangelikale Pastor live im Fernsehen eine Madonnenstatue zerstückelt.

Neben diesen Herausforderungen zeichnet sich das Bild einer jungen, lebendigen Kirche, die fest im Alltag der Menschen verankert ist. So kann es Beichtwartezeiten von bis zu zwei Stunden auch an Montagvormittagen geben, so wird man auf dem Rücksitz unruhig, weil sich der Taxifahrer konsequent bei jeder der vorüberziehenden Kirchen bekreuzigt und dadurch stark vom Strassenverkehr abgelenkt wird, oder so erlebt man des öfteren, wie Gläubige vor Freude weinend über ihren Gebetserfahrungen sprechen. Die Jugendchöre singen mit einer Begeisterung, die Gänsehaut verursacht und eucharistische Anbetungen sind noch Massenereignisse. Als Seminarist wird man von allen Seiten auf dem Weg der Nachfolge bestärkt, man wird auf einer Welle der Sympathie, des Vertrauens und vor allem des Gebets getragen. In Peru kann auch ein Endzwanziger erahnen, was die ältere Generation in Österreich meint, wenn sie freudig von der Volkskirche spricht.

Richard Hansl ist Priesterseminarist in der Erzdiözese Wien

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