“Einer von uns” läuft erfolgreich

In Deutschland hat das Bürgerbegehren dank der Unterstützung katholischer Bischöfe einen Riesen-Sprung gemacht 

Einer von uns

Würzburg, Die Tagespost, 19. August 2013, von Stefan Rehder

Die in Deutschland nach grossen Startschwierigkeiten zuletzt erheblich angewachsene Unterstützung des Europäischen Bürgerbegehrens “Einer von uns” (engl.: “One of us”), das ein rechtsverbindliches Verbot der Finanzierung Embryonen verbrauchender Forschung innerhalb der Europäischen Union sowie der Förderung von Abtreibungen im Rahmen des Gesundheitswesen und der Entwicklungshilfe erreichen will, hat – ungeachtet der Urlaubszeit – weiter zugenommen.

Gestern konnte die Koordinatorin der Unterschriftensammlung in Deutschland, Hedwig Freifrau von Beverfoerde, rund 57 025 eingegangene Unterschriften vermelden. Das sind bereits mehr als 76 Prozent des deutschen Quorums. Damit die europaweite Unterschriftensammlung auch in Deutschland als erfolgreich gelten kann, muss das Europäische Bürgerbegehren hierzulande mindestens 74 250 Unterschriften sammeln. “Ende September, vielleicht auch schon Mitte September werden wir das Quorum erreicht haben”, prognostiziert von Beverfoerde im Gespräch mit dieser Zeitung. Europaweit muss das Bürgerbegehren eine Million Unterschriften sammeln, wobei in mindestens sieben Ländern das jeweilige Quorum überschritten werden muss. Anfang Januar von der zuständigen EU-Behörde in Luxemburg bestätigt, hatte “Einer von uns” in Deutschland bis Mitte Mai erst etwas mehr als 15 000 Unterschriften sammeln können. Zu diesem Zeitpunkt hatten Polen (38 250), Italiener (54 750), Ungarn (16 500), Slowaken (9 750) und Österreicher (14 250) ihr jeweiliges Quorum bereits erfüllt. Mittlerweile haben Polen und Italien mehr als doppelt beziehungsweise dreimal so viele Unterschriften gesammelt, wie zur Erreichung ihres Quorums notwendig gewesen wären. Auch Ende Juni hatten erst 24 000 Deutsche “Einer von uns” mit ihrer Unterschrift unterstützt. Das entsprach gerade einmal 32 Prozent des für Deutschland erforderlichen Minimums. Das ist jetzt Geschichte. Denn inzwischen ist die Lage eine völlig andere. Anfang Juli hat das Europäische Bürgerbegehren “Einer von uns” auch hierzulande richtig Fahrt aufgenommen. Der Grund: So gut wie alle katholischen Diözesanbischöfe in Deutschland haben inzwischen öffentlich ihre Unterstützung erklärt und vielerorts auch ihren Klerus sowie die Laienmitarbeiter gebeten, das Europäische Bürgerbegehren und seine Anliegen in den Pfarren ihrer Diözesen bekannt zu machen. Anfänglich sah das ganz anders aus. Ende Juni hatte der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz entschieden, dass die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) – anders als etwa die Österreichische Bischofskonferenz – das Europäische Bürgerbegehren als Ganze nicht unterstützen werde. Man wolle an der “grundsätzlichen Entscheidung” festhalten, “von aussen” kommende Unterschriftenkampagnen nicht zu unterstützen, hiess es. Den jeweiligen Ortsbischöfen sei es jedoch freigestellt, sich in ihren Bistümern für die Initiative stark zu machen, berichtete “Die Tagespost” am 28 Juni.

Bis dahin hatten mit dem Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, dem Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, und dem Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer, nur drei deutsche Diözesanbischöfe öffentlich erklärt, das Europäische Bürgerbegehren aktiv mitzutragen, zu dessen Unterstützung am 12. Mai kein Geringerer als Papst Franziskus bei einer Ansprache in Rom aufgerufen hatte. Und obwohl jeder Bischof ganz allein die volle Verantwortung für sein jeweiliges Bistum trägt, mögen viele von ihnen doch auf ein gemeinsames Zeichen der DBK gehofft oder zumindest die Möglichkeit für ein solches abgewartet haben. Als jedoch entschieden war, dass dieses ausbleiben würde, erklärte einer nach dem anderen seine Unterstützung. Den Reigen eröffnete der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa, gemeinsam mit seinen beiden Weihbischöfen Florian Wörner und Anton Losinger, der auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist. Am 3. Juli erklärten alle drei Augsburger Bischöfe ihre Unterstützung des Europäischen Bürgerbegehrens “Einer von uns” und forderten zugleich alle Gläubigen ihres Bistums öffentlich auf, sich der Lebensschutz-Initiative ebenfalls anzuschliessen. Tags darauf kündigte auch der Bischof von Trier, Stephan Ackermann an, das Europäische Bürgerbegehren aktiv zu unterstützen. Seine Diözese werde die für Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Verantwortlichen umfassend über die Ziele und Aktivitäten der Initiative “Einer von uns” informieren.

Etwa zeitgleich bekundeten der Erzbischof von München, Reinhard Marx und der Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, ihre Sympathie und Solidarität mit der Initiative “Einer von uns”. Die Bischöfe von Aachen (Heinrich Mussinghoff), Münster (Felix Genn), Osnabrück (Franz-Josef Bode) und Hamburg (Werner Thissen) riefen in ihren kirchlichen Amtsblättern zur Unterstützung des Europäischen Bürgerbegehrens auf. Der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, schrieb Mitte Juli gar einen Brief an alle Pfarrgemeinden, in dem er um Unterstützung des Europäischen Bürgerbegehrens bat. In derselben Woche riefen auch der Bischof von Dresden-Meissen, Heiner Koch, und der Erfurter Diözesan-Administrator Weihbischof Reinhard Hauke dazu auf, die Europäische Bürgerinitiative “Einer von uns” zu unterstützen.

Der Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, nutzte den Jahrestag seiner Priesterweihe (19. Juli), um den Katholiken seines Bistums die Unterstützung des Europäischen Bürgerbegehrens ans Herz zu legen. Rottenburgs Bischof Gebhard Fürst, der auch Vorsitzender der Unterkommission Bioethik der DBK ist, gab Ende Juli bekannt, “Einer von uns” zu unterstützen und forderte den Schutz menschlichen Lebens in all seinen Phasen. Einen Tag später gab auch der Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, seine Unterstützung bekannt. Anfang August erklärte der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann, er und Generalvikar Karl Hillenbrand unterstützen das Europäische Bürgerbegehren und hätten die Informationen sowie die Vorlage einer Unterschriftenliste an die Dekane des Bistums mit der Anregung weitergeleitet, “Einer von uns” vor Ort zu unterstützen.

Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki nahm ein Pontifikalamt am Fest Maria Himmelfahrt zum Anlass, um die Gläubigen, um Unterstützung für “Einer von uns” zu bitten. Kurz zuvor hatte bereits der Erzbischof von Freiburg und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, in einer Predigt bei einem Festgottesdienst in Lautenbach erklärt, er unterstütze das Anliegen des Europäischen Bürgerbegehrens. Vergangenen Freitag schliesslich schloss sich der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt durch Leistung seiner Unterschrift dem Europäischen Bürgerbegehren an.

“Das Europäische Bürgerbegehren ‘Einer von uns’ ist an der Basis angekommen”, zeigt sich von Beverfoerde überzeugt. “Uns erreichen immer mehr Unterschriftenlisten, die in Pfarreien gesammelt wurden”, begründet die deutsche Koordinatorin der europaweiten Unterschriftensammlung ihre Einschätzung. Unterstützen kann in Deutschland das Europäische Bürgerbegehren “Einer von uns” jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist und in Deutschland seinen Ständigen Wohnsitz hat. Die dazu nötige eigene Unterschrift kann entweder elektronisch auf der entsprechenden Internetseite oder auf Papier mittels entsprechender Unterschriftenlisten geleistet werden. Mehr Informationen dazu, sowie die Weiterleitung zu der entsprechenden EU-Webseite beziehungsweise zum Ausdruck der offiziellen Unterschriftenlisten finden sich auf der deutschen Internetseite des Europäischen Bürgerbegehrens unter der Domain www.1-von-uns.de

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