Theologischer Bankrott der EKD
Nach der Bioethik nun also die Familie
Die Tagespost, 21. Juni 2013, von Markus Reder
Nach der Bioethik nun also die Familie. Erneut kündigt die evangelische Kirche einstmals bestehenden christlichen Konsens auf. Völlig verwundern kann das nicht. Wohin die Reise in Sachen Familie bei den Protestanten geht, hat sich seit längerem angedeutet. Was die “Orientierungshilfe” der EKD liefert, ist nicht mal mehr “Kuscheltheologie”, weil es mit Theologie faktisch nichts mehr zu tun hat. Das ist der totale Kotau vor dem Zeitgeist, ein Musterbeispiel kirchlicher Selbstsäkularisierung und obendrein Verrat am evangelischen Schriftverständnis. Was im Evangelium nicht passt, wird passend gemacht oder eben wortreich eliminiert. Wer in alledem die theologische Bankrotterklärung der EKD sieht, liegt damit ziemlich richtig. Dass das Ganze auch noch “Orientierungshilfe” heisst, ist der Gipfel der Absurdität.
Dieses Familienpapier entfremdet nicht nur die christlichen Kirchen voneinander, es spaltet auch die Protestanten. Der deutliche Widerspruch der Evangelikalen zeigt, wie tief der Riss innerhalb der evangelischen Kirche ist. Doch auch wenn in der EKD noch heftig über das neue Familienbild gestritten wird: Der Schaden ist bereits da und er ist schon jetzt gewaltig. Das gilt für die Ökumene wie für die politischen Folgen dieses protestantischen Irrlichterns. Wie bitte will man sich über die grossen theologischen Fragen verständigen, wenn es schon beim kleinen christlichen Einmaleins keinen Konsens mehr gibt? Das so wichtige gemeinsame Zeugnis der christlichen Kirchen hat sich nach dem Lebensschutz nun auch beim Thema Familie erledigt. Ausgerechnet bei Grundsatzfragen von höchster gesellschaftlicher Bedeutung mutiert die EKD von einer Bekenntnisgemeinschaft auf biblischem Fundament zum relativistischen Politikanhängsel. Wieder macht man sich so zum Steigbügelhalter der Politik. Wie bei der Präimplantationsdiagnostik (PID), wo das Einlenken der evangelischen Kirche die Tür zur vorgeburtlichen Selektion weit aufstiess, steht die EKD nun Pate für die politische Umdeutung dessen, was man Familie nennt. Die evangelische Kirche hat sich, das macht dieses Papier einmal mehr deutlich, für den Weg der radikalen Verweltlichung entschieden: Beliebigkeit ersetzt Bekenntnis. Sie wirkt bereits jetzt derart angepasst, dass sie sich nur noch durch den pastoralen Zuckerguss von politischen Parteien unterscheidet. Wie prophetisch, dass zunächst Benedikt XVI. und nun Papst Franziskus der katholischen Kirche mit ihrem Ruf nach Entweltlichung den Weg in die entgegengesetzte Richtung weisen.
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