Christlicher Intellektueller Walter Jens verstorben

Einer der grossen christlichen Intellektuellen der Nachkriegszeit in Deutschland

Grosser Intellektueller
Zeigenossenschaft eines Gelehrten

Walter Jens, einer der grossen christlichen Intellektuellen der Nachkriegszeit in Deutschland, ist am Sonntag im Alter von 90 Jahren gestorben. Sein Sohn Tilman Jens teilte dies am Montag den Medien mit, wie die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA berichtete. 1949 habilitierte sich der gebürtige Hamburger nach Studien der Germanistik und Klassischen Philologie in Tübingen, dessen Universität er nicht mehr verliess – bis 1988 besetzte er den bundesweit ersten Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik.

Seit 1950 gehörte der Schriftsteller der “Gruppe 47” an und machte als erster die zeitgenössische deutsche Literatur zum Gegenstand akademischer Betrachtung. Jens war von 1976 bis 1982 Präsident des bundesdeutschen PEN-Zentrums und führte in seiner Amtszeit als Präsident der Akademie der Künste zu Berlin west- und ostdeutsche Intellektuelle zusammen. Seine eigenen schriftstellerischen Fähigkeiten relativierte er trotz mancher Erfolge als blosse Beherrschung des Handwerklichen.

In seinem letzten Roman “Der Fall Judas thematisierte Jens 1975 einen fiktiven Seligsprechungsprozess für Judas Ischariot, ohne den der Heilsplan Gottes unerfüllt geblieben wäre. “Keine Kirche ohne diesen Mann; keine Überlieferung ohne den Überlieferer“, schrieb Jens. Er übersetzte auch Teile des Neuen Testaments, darunter die vier Evangelien und den Römerbrief des Paulus.

Nicht nur als akademischer Lehrer, sondern auch nach seiner Emeritierung 1988 mischte sich Jens immer wieder in aktuelle politische Debatten ein: Er protestierte gegen die Stationierung von Pershing-Raketen und gewährte US-Soldaten Unterschlupf, die im Zweiten Golfkrieg 1990 desertierten. Mit seinem langjährigen Freund, dem katholischen Tübinger Theologen Hans Küng, verfasste der Protestant 1995 das Buch “Menschenwürdig sterben”, in der sich beide für aktive Sterbehilfe unter gewissen engen Voraussetzungen aussprachen.

Walter Jens galt als die Verkörperung des klassischen „homme de lettre“. Sein letztes Lebensjahrzehnt war durch eine immer weiter zunehmende Altersdemenz geprägt.

kna 10.06.2013 mg

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