Die Kirche gehört nicht uns, sondern dem Herrn

Unterwegs zum Ende der ‘Vakanz’

Sixtinische Kapelle: Virtueller Rundgang

12. März – Festtag des heiligen Papstes Gregor des Grossen, Bekenner und Kirchenlehrer, Beginn des Konklaves. Von Armin Schwibach

Rom, kath.net/as, 10. März 2013

Über 5.000 Journalisten aus rund 65 Ländern begleiten das kirchliche Ereignis des Jahres: die Wahl eines neuen Papstes durch 115 Purpurträger aus aller Welt. Sowohl das Vorkonklave als auch das am Dienstag, den 12. März – Festtag des heiligen Papstes Gregor des Grossen, Bekenner und Kirchenlehrer –, beginnende Konklave stehen im Mittepunkt eines teilweise auch aufgeregten Interesses.

All dies ist verbunden mit Spekulationen über den Nachfolger Benedikts XVI., Spekulationen und Analysen zu jenen Kardinälen, die aus verschiedensten, zumeist rein subjektiv angelegten Gründen als “papabili” erkannt werden.

Das Wesentliche aber gerät oft ins Hintertreffen. Ein Konklave ist ein geistliches Ereignis, ein Ereignis des Gebets. Rom ist in diesen Tagen Ort des besonderen Wirkens des Heiligen Geistes, dessen Wille durch den Filter der menschlichen Armseligkeit gepresst wird, um sich am Ende mit all seiner Last und Freude auf die Schultern des neu gewählten Papstes zu legen. Der Papst wird nicht in einem “parlamentarischen Raum” gewählt. All das, was die schwere Aufgabe der Kardinäle betrifft, verlässt nie den sakralen Horizont, aus dem heraus allein es dem Menschen möglich ist, das Geschehen nachzuvollziehen.

Dass dies so ist, veranschaulicht ein Blick in die Sixtinische Kapelle. Millionen von Besuchern und Touristen “kennen” dieses majestätische Hauptwerk Michelangelos, das die Kardinäle von der “Sala Regia” aus zum Abschluss ihrer Prozession betreten werden, die in der “Cappella Paolina” ihren Anfang genommen hatte.

Der erste Eindruck ist: “klein” ist die Sixtina. Ein Eindruck, der durch die Vorbereitungsarbeiten für das Konklave noch verstärkt wird. Ein grosses Kaminrohr aus Kupfer erstreckt sich, gestützt von einem filigran anmutenden Gerüst, in die Höhe. In ihm vereint sich der Rauch aus dem Ofen, in dem die Stimmzettel und Notizen der Kardinäle verbrannt werden, mit jenem chemischen Rauch, der je nach Ergebnis der Wahl schwarz oder weiss sein soll.

Unter Michelangelos “Schöpfung”, dem Einbruch des Lichtes in die Finsternis und der Ordnung ins Chaos, und vor dem “Jüngsten Gericht” werden die Kardinäle Platz nehmen, nachdem sie an Pietro Peruginos Fresko der Übergabe der “Schlüssel” durch Christus, den Herrn, an seinen Stellvertreter vorbeigezogen sind. Es sind dies dieselben Schlüssel, die Petrus beim “Jüngsten Gericht” am Ende der Zeiten wieder dem Herrn erstatten wird, wenn die Sendung der Kirche an ihr Ziel gelangt ist.

Die Kirche, der Sinn der Kirche, das Sein der Kirche und des Menschen im Lauf der Zeiten, in der Geschichte, die Kirche als Ort der Gegenwart Gottes, der Abgrund des Bösen: vor all dies bringt das “Jüngste Gericht”, und nicht selten dürften die Blicke der Purpurträger zu dem gehen, was ihre Existenzberechtigung und ihre höchste Pflicht darstellt – im Angesicht der von der Engelsschar getragenen Folterwerkzeuge, im Angesicht des Kreuzes, auf das alles hingeht, von dem aus sich die Erlösung in Gottes Schöpfung ergiesst.

Die Kirche, das Boot der Kirche, dem der Herr “viele Sonnentage mit leichter Brise” geschenkt hat, “an denen der Fischfang reichlich war”, kennt auch Momente, “in denen das Wasser aufgewühlt war und wir Gegenwind hatten, wie in der ganzen Geschichte der Kirche, und der Herr zu schlafen schien”, so Benedikt XVI. an alle Gläubigen bei seiner letzten Generalaudienz am 27. Februar 2013. Aber: immer müsse man die Gewissheit haben, dass der Herr mit im Boot sitzt. Benedikt XVI. bekräftigte erneut seine Überzeugung: “Ich habe immer gewusst, dass das Boot der Kirche nicht mir, nicht uns gehört, sondern ihm. Und der Herr lässt sie nicht untergehen; er ist es, der sie lenkt, sicherlich auch durch die Menschen, die er erwählt hat, denn so hat er es gewollt. Das war und ist eine Gewissheit, die durch nichts verdunkelt werden kann”.

Besonders unter den Gewölben der Sixtinischen Kapelle und vor dem “Jüngsten Gericht”, dem Ort, an dem der neue Nachfolger Petri geboren werden wird, wird deutlich: die Kirche ist keine “Organisation”, “nicht eine Vereinigung für religiöse oder humanitäre Zwecke, sondern ein lebendiger Leib, eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern im Leib Jesu Christi, der uns alle verbindet”.

Die Zeit der “Vakanz”, der “Leere” und des Atemanhaltens für die Kirche geht ihrem Ende entgegen, und umso zuversichtlicher erklingen die letzten Worte Benedikts XVI. an das versammelte Kardinalskollegium (28. Februar 2013):

“Christus geht weiterhin durch die Zeiten und alle Orte. Bleiben wir, liebe Brüder, in diesem Geheimnis vereint: im Gebet, besonders in der täglichen Eucharistie, und so dienen wir der Kirche und der ganzen Menschheit. Das ist unsere Freude, die uns niemand nehmen kann.

Bevor ich mich von jedem einzelnen persönlich verabschiede, möchte ich euch sagen, dass ich euch im Gebet weiterhin nahe sein werde, insbesondere in den kommenden Tagen, damit ihr bei der Wahl des neuen Papstes ganz fügsam sein mögt für das Wirken des Heiligen Geistes”.

Die Kirche lebt.

Gregor der Grosse
Sixtinische Kapelle: Vatikan
Generalaudienz: 27. Februar 2013
Verabschiedung vom Kardinalskollegium: 28. Februar 2013

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