Libyen: Der Bischof sollte lieber untertauchen
Ein Jahrhundert im Osten Libyens
Ein Jahrhundert lang arbeiteten italienische Missionare “von der Heiligen Familie” in der Stadt Derna, im Osten Libyens.
Jetzt müssen sie gehen, genauso wie ein aus Polen stammender Priester. Der Grund: Drohungen durch islamische Extremisten. Italienischen “Herz-Jesu-Schwestern” in der Stadt Beida ergeht es genauso.
Hinweis darauf, dass die Luft dünner wird für Christen in Libyen. Im ganzen Osten des Landes ist die Lage “kritisch” für die in der Regel ausländischen Priester und Ordensleute, berichtet Giovanni Innocenzo Martinelli. Der gebürtige Italiener ist Apostolischer Vikar der Hauptstadt Tripolis.
“Die Anwesenheit von Ordensleuten war immer ein wichtiger Bezugspunkt, um das Gespräch mit den libyschen Muslimen am Laufen zu halten, von Tobruk bis nach Benghasi. Aber uns ist aufgefallen, dass in letzter Zeit der Aufstieg des Islamismus alle sozialen, Arbeits-, ja sogar die Freundschaftsbeziehungen belastet. Vor allem in den Gebieten um Derna, Beida und Barca ist das mittlerweile so, und das führt zu schlechteren Beziehungen der Kirche zu Muslimen.”
Vor ziemlich genau zwei Jahren brach die libysche Revolution aus, die zur Absetzung von Langzeit-Diktator Muammar Gaddafi führte. Die neue Regierung sitzt noch nicht richtig fest im Sattel, die Sicherheitslage ist katastrophal, Attentate sind Alltag. Die lange unterdrückten Salafisten wittern Morgenluft, sie wollen keine Christen mehr im Land. Auch gewöhnliche Muslime werden nicht mehr gern beim Plausch mit einem italienischen Missionar beobachtet.
“Uns tut das leid, weil es für uns immer eine sehr wichtige, fruchtbare Beziehung war. Uns lag daran, in Gemeinschaft mit der arabischen und muslimischen Welt zu wachsen. Jetzt dreht sich leider der Wind – warten wir mal ab. Bald wird der Jahrestag dieser Revolution begangen, da werden wir sehen, was geschieht. Dem Bischofsvikar von Bengasi, Sylvester Magro, hat man empfohlen, sein Haus zu verlassen und sich in einem Krankenhaus einzuquartieren, um nicht irgendeine üble Behandlung zu erfahren, aber er hat darum gebeten, zu bleiben, um sich um die christliche Gemeinde kümmern zu können.”
Für den 20. Februar sind Grossdemonstrationen in der ganzen Cyrenaika-Region geplant. Die Behörden legen Bischof Magro deshalb nahe, schon ab dem 13. Februar sozusagen abzutauchen. “Wir werden natürlich Sicherheitsvorkehrungen treffen”, sagt Bischof Martinelli dazu, “aber wir können ja unsere Christen vor Ort nicht völlig alleinlassen.”
“Ich selbst habe keine Drohungen bekommen – aber ich bin ja auch in Tripolis. Aber ich kenne einige, die Drohungen bekommen haben, wenn nicht direkt von den Islamisten, dann doch von Personen, die den Islamisten nahestehen. Hier – vor allem im Osten Libyens – zieht im Moment eine Stimmung ein, die auch für Libyen neu ist. Das bringt vor allem unsere Arbeit im Gesundheitswesen in Gefahr. Dabei sind oder waren die Libyer eigentlich immer ein Volk, das zum Dialog aufgelegt ist und das auch auf religiöser Ebene gute Beziehungen zu anderen wünscht! Aber man hat jetzt den Eindruck, dass Islamisten immer mehr Einfluss auf die Entscheidungen im Land nehmen.”
(rv 04.02.2013 sk)
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