Europa soll Embryonen schützen
Europaweite Bürgerinitiative
……..will erreichen, dass die EU den Lebensschutz in ihrem Kompetenzbereich garantiert. Von Stephan Baier
Brüssel/Wien, Die Tagespost
“Die Würde des menschlichen Embryos muss geachtet, und seine Unversehrtheit sichergestellt werden.” Das ist die zentrale Forderung einer Europäischen Bürgerinitiative, die in die Geschichte des vereinten Europa eingehen könnte. Das mit dem Vertrag von Lissabon rechtlich ermöglichte Instrument der europaweiten Bürgerinitiative ist bisher nämlich noch nicht wirklich genutzt worden.
Nun haben sich Lebensschützer aus vielen Staaten Europas unter dem Namen “one of us” zusammengefunden, um von Portugal bis Estland und von Irland bis Zypern mindestens eine Million Unterschriften zu sammeln. Ihr Ziel ist, sicherzustellen, dass die EU den Schutz des menschlichen Lebens “vom Zeitpunkt der Empfängnis an” in allen ihren Kompetenzbereichen sichert.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein Verbot oder eine Bestrafung der Abtreibung kann auf diesem Weg nicht erreicht werden, denn deren Regelung fällt nicht in den rechtlichen Zuständigkeitsbereich der EU, sondern in den des jeweiligen Staates. Doch bei der Finanzierung der Stammzellforschung und bei der Subventionierung von Organisationen und Programmen, die unter dem Codewort “reproduktive Gesundheit” für Abtreibungen werben oder diese sogar organisieren, könnte das Bürgerbegehren der EU-Politik einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Initiatoren berufen sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Fall Brüstle, wo, wie sie formulieren, “der Embryo als erste Stufe der Entwicklung jedes Menschen anerkannt wird”. Tatsächlich stellte das Höchstgericht der EU im Rechtsstreit zwischen dem Stammzellenforscher Oliver Brüstle und “Greenpeace” klar, dass ein menschlicher Embryo ab der Befruchtung der Eizelle vorliegt, und dass entwicklungsfähige menschliche Zellen deshalb nicht patentiert werden dürfen, da dies gegen die Menschenwürde verstossen würde. Die Schlussfolgerung der Organisatoren der EU-Bürgerinitiative lautet: “Die EU möge daher, um die Kohärenz ihrer Politik in allen Bereichen, in denen das Leben des menschlichen Embryos auf dem Spiel steht, sicherzustellen, die Finanzierung aller Aktivitäten (insbesondere in den Bereichen Forschung, Entwicklungspolitik und öffentliche Gesundheit), die die Zerstörung menschlicher Embryonen voraussetzen, unterbinden.”
Um das Recht des Embryos auf körperliche Unversehrtheit zu sichern, fordert “one of us” die Europäische Union auf, die Finanzierung aller Embryonen-zerstörenden Aktivitäten einzustellen. Dies zielt auf die Forschungsförderung, die auch die in vielen Mitgliedstaaten verbotene embryonale Stammzellforschung subventioniert, wie auf die Entwicklungszusammenarbeit, welche auch Nichtregierungsorganisationen und Programme fördert, die in Entwicklungsländern Abtreibungen propagieren.
An der bei der EU-Kommission bereits offiziell registrierten Europäischen Bürgerinitiative können sich alle wahlberechtigten Bürger eines EU-Staates beteiligen. Nötig ist dafür nicht der Weg zu einer Behörde, sondern nur die Eintragung in eine offizielle Liste mit voller Adresse und Ausweisnummer. Getragen wird “one of us” von einem Personenkomitee, hinter dem vor allem Lebensschützer stehen. In Deutschland koordiniert die Stiftung “Ja zum Leben“ die Initiative, in Österreich ist es die “Lebenskonferenz”, ein Dachverband von rund 30 Organisationen. Obwohl es sich um eine EU-weite Bürgerinitiative handelt, gibt es unterschiedliche Eintragungsfristen: in manchen Ländern nur bis 10. Mai, in anderen bis November. Wenn die Bürgerinitiative eine Million Unterschriften aus mindestens sieben EU-Staaten erreicht, muss sich die EU-Kommission damit befassen.
Eine Garantie, dass die Ziele rechtsverbindlich umgesetzt werden, gibt es nicht. Eine offizielle EU-Bürgerinitiative, die erfolgreich ist, gänzlich zu ignorieren, kann sich Brüssel aber schwerlich erlauben. So hoffen die Initiatoren, es könnte “ein ethischer Standard für ganz Europa entstehen, der den Schutz jedes Mitglieds der menschlichen Familie, egal wie jung er ist, sichert”. Gleichzeitig will “one of us” ein Signal an den “Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte” senden, wo viele Entscheidungen zu bioethischen Fragen anstehen.
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