Gewalt gegen Christen wächst weltweit

“Ich plädiere für die Freiheit, die ich im christlichen Glauben gefunden habe”

Die Tagespost, 10.12.2012

Die pakistanische Konvertitin Sabatina James berichtet in Wien unter Polizeischutz von ihrer Bekehrung und von Menschenrechtsverletzungen im Islam.  Von Stephan Baier

Wie es zu ihrer Konversion kam? Sie habe Mohammed mit Jesus verglichen, erzählt die aus Pakistan stammende Konvertitin Sabatina James auf eine Frage dieser Zeitung. In ihrer islamisch geprägten Heimat habe sie viel Gewalt erlebt, vor allem Gewalt gegen Frauen und Andersgläubige. Da waren Jesus und seine Botschaft ein Kontrastprogramm. Gerade weil im Islam das Zeugnis der Frauen weniger gelte, war sie fasziniert davon, dass sich Jesus eine Frau als erste Zeugin seiner Auferstehung auserwählte, und das “in einer Zeit, in der Frauen als Zeugen nicht anerkannt waren”.

“Die Aussage, alle Religionen seien gleich, ist absoluter Schwachsinn!“, sagt die junge Frau engagiert. Sie kenne viele Muslime, die im Westen zu Atheisten wurden, doch sie selbst wählte einen anderen Weg: “Ich plädiere für die Freiheit, die ich im christlichen Glauben gefunden habe.”

Sabatina James, 1982 in Pakistan geboren, in einem Land, “wo im Namen des Islam bis heute Frauen bei lebendigem Leib angezündet oder von ihren Vätern und Brüdern getötet werden“, wie sie selbst sagt, konvertierte zum Christentum. Zuvor war sie, die in der Nähe von Linz aufgewachsen war, von ihren Eltern in eine pakistanische Koranschule gesteckt worden. Dort wurde sie geschlagen und misshandelt. Anschliessend sollte sie gezwungen werden, ihren Cousin zu heiraten. Als sie sich 2003 katholisch taufen liess, musste sie untertauchen, weil ihr eigener Vater und ein muslimischer Prediger mit ihrer Ermordung drohten. Seit 2006 lebt sie nun unter Polizeischutz in Deutschland. Mit ihren Eltern, die auch gerichtlich gegen sie vorgingen, hat sie nach eigener Aussage seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr.

In Pakistan war sie in der Schule der Wahabiten, doch auch am islamischen Religionsunterricht, den sie in Österreich erlebte, lässt sie kein gutes Haar: Nach aussen seien diese Religionslehrer integriert und tolerant, doch agierten sie gleichzeitig gegen die Integration muslimischer Kinder. “Die westliche Gesellschaft verlangt von uns, uns zu integrieren, aber wenn wir das tun, lässt sie uns im Stich und solidarisiert sich mit unseren Verfolgern“, klagt Sabatina James. Sie fordert: “Wir brauchen nicht mehr Integrationsprogramme, sondern mehr Opferschutz.“ Sie selbst engagiert sich mit ihrem Verein “Sabatina e.V.“ für muslimische Frauen, die von Zwangsverheiratung und Gewalt bedroht sind, aber auch für versklavte christliche Mädchen in ihrer Heimat, denen sie Nähmaschinen besorgt, damit sie sich durch ihre Arbeit freikaufen können.

Bei einem Pressegespräch in Wien erzählt Sabatina James von den Folgen des pakistanischen Blasphemiegesetzes (Artikel 295 des Strafgesetzbuchs), das alle Frauen mit lebenslanger Haft und alle Männer mit dem Tode bedroht, die den Koran oder Mohammed kritisieren. Die Ursache der Christenverfolgung sieht sie darin, dass Mohammed zunächst gehofft hatte, Christen und Juden für sich gewinnen zu können, aber von ihnen abgelehnt wurde. In den islamisch geprägten Staaten würden Juden und Christen geduldet, damit sie die Vorzüge des Islam erkennen und sich bekehren. So dürfen in Pakistan Christen oder Juden weder im Beamtenapparat noch im Militär oder gar als Richter über Muslimen stehen. Glaube und Religion seien keine private, sondern eine öffentliche Angelegenheit. “Es gilt als Staatsverrat, wenn man den Islam verlässt“, so Sabatina James, die davon überzeugt ist, dass der Islam mit den Menschenrechten nicht vereinbar ist.

Muslime sollen sich von Verfolgerstaaten distanzieren

In Pakistan, so meint die junge Frau, hätten vor allem die Dorf-Mullahs das Sagen, weniger die korrupte politische Klasse. Auch von der westlichen Politik ist sie enttäuscht: “Wenn es um die Menschenrechte geht, vertraue ich nicht mehr auf die Politik.” Die Christen sollten in Europa in die Öffentlichkeit gehen und von den Muslimen fordern, sich klar von jenen islamischen Staaten zu distanzieren, in denen Christen verfolgt werden.

2011 sei für die Christen in Pakistan, die rund 2,2 Prozent der 185 Millionen Einwohner stellen, ein “annus horribilis”, eines der gewaltsamsten Jahre in der Geschichte des Landes gewesen, bestätigt der Geschäftsführer von “Kirche in Not Österreich”, Herbert Rechberger. Dabei sei Pakistan bei der Teilung des indischen Subkontinents “zwar als Land der Muslime gegründet worden, nicht aber als muslimisches Land“. Nach Angaben von “Kirche in Not“ wurden zwischen 1986 und 2011 in Pakistan 1 081 Personen der Blasphemie bezichtigt und 37 Angeklagte ermordet.

Reinhold Lopatka, Staatssekretär im österreichischen Aussenministerium, versicherte in der Pressekonferenz am Montag in Wien, dass derzeit an einer EU-Richtlinie zum Schutz der Religionsfreiheit gearbeitet werde. Österreich wolle erreichen, dass der im Aufbau befindliche Europäische Auswärtige Dienst (EAD) in den diplomatischen Vertretungen Europas in aller Welt ein Frühwarnsystem für Menschenrechtsverletzungen einschliesst. Hier müsse es ein “ständiges Monitoring” für die Menschenrechte und damit auch für die Religionsfreiheit geben. Als grösster Geber in der Entwicklungszusammenarbeit könne die Europäische Union durchaus Einfluss nehmen, meinte Lopatka. Als Beispiele nannte er den Aufbau von Institutionen und den Verfassungsprozess in den Staaten des sogenannten “arabischen Frühlings”.

Gleichzeitig meinte der Staatssekretär aber auch nüchtern: “Wir spüren, dass ausserhalb von Europa Menschenrechtsfragen bei weitem nicht den gleichen Stellenwert haben.” Darum müsse man alle Kräfte stärken, die für den Dialog sind, verteidigte Lopatka Österreichs Engagement bei dem vom saudischen König initiierten und in Wien ansässigen “König Abdullah Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“. Lopatka bestätigte, dass es “weltweit einen Anstieg der Gewalt gegen Christen” gibt, und dass Christen die weltweit am stärksten verfolgte Gruppe sind. Deshalb sei es eine Aufgabe der Politik, sich der verfolgten Christen anzunehmen.

Mit Ultimaten, Mord und Terror gegen die Christen

Kurt Igler von der Menschenrechtsorganisation “Open Doors” berichtete in Wien, dass Nigeria jenes Land sei, “in dem zurzeit die meisten Christen getötet und die meisten Kirchen zerstört werden“. Die Bewegung “Boko Haram“ habe bereits mehr als tausend Menschen ermordet und 50 Kirchen im Norden des westafrikanischen Landes zerstört. Ihr Ziel sei die Errichtung eines islamischen Gottesstaates. Mit Terror und Ultimaten würden die Christen gezwungen, den Norden zu verlassen und in den Süden zu ziehen. Boko Haram müsse auf die offizielle Liste terroristischer Organisationen gesetzt werden, forderte Igler.

Der Präsident der ökumenischen Stiftung “Pro Oriente“, Hans Marte, berichtete aus Ägypten, dass es im Land am Nil zwar keine systematische Verfolgung gebe, wohl aber eine anhaltende Marginalisierung der Christen. Das Bedrohungspotenzial gegen die Christen sei seit der Revolution gewachsen. Die Arbeit des vom saudischen König in Wien initiierten Dialogzentrums müsse man “genau beobachten”, so Marte.

Der Generalsekretär von “Christian Solidarity International“ (CSI), Elmar Kuhn, bezeichnete es als eine “Schande” für einen demokratischen Rechtsstaat wie Österreich, dass Sabatina James in Wien nur unter Polizeischutz mit Journalisten zusammentreffen konnte. Am Montagabend demonstrierten in der Wiener Innenstadt 20 Menschenrechtsorganisationen gegen die Verfolgung von Christen weltweit.

CSI Schweiz

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