Religionsfreiheit im Sinn der Kirche, was ist das?
Inzwischen werden “vor allem die Christen zu den Häretikern der säkularen Gesellschaft gemacht”
Weihbischof Laun segnete das von ihm mitinitiierte Denkmal zur Religionsfreiheit im Stift Heiligenkreuz. Laun: Inzwischen werden “vor allem die Christen zu den Häretikern der säkularen Gesellschaft gemacht”.
Heiligenkreuz, kath.net, 3. September 2012
Am “Badener Tor” des Stiftes Heiligenkreuz bei Wien segnet Weihbischof Andreas Laun am 9.9. 2012 ein modernes Denkmal zum Thema “Glaubens- und Gewissensfreiheit” (Foto) ein. Weihbischof Laun erklärt, wie es dazu kam, die Gründe, es zu bauen, und die Botschaft der Kirche, wenn sie von Religionsfreiheit spricht:
“Ich dachte, die Kirche sollte die Gestaltung öffentlicher Räume nicht den weltlichen Autoritäten allein überlassen, sondern mitdenken und mitarbeiten! Natürlich wäre es nicht sinnvoll und auch nicht durchsetzbar, den vielen Statuen etwa des hl. Nepomuk oder Bildern anderer bekannter Heiligen weitere hinzuzufügen! Wenn es ein Heiliger sein sollte, müsste es, wenn überhaupt, eine moderne Gestalt sein. Aber noch besser schien mir, ein Thema zu wählen, dem auch die säkulare Gesellschaft zustimmen kann. Ich dachte: Das Thema Freiheit der persönlichen Glaubensüberzeugung könnte ein solches Thema sein und auch im “Roten Wien” Zustimmung finden. Meine Freunde und ich dachten ursprünglich an das Gelände auf der Donauinsel, da diese Idee abgelehnt wurde, verhandelten wir über andere Plätze in Wien, aber am Ende stand immer wieder das Nein der Verantwortlichen!
Darum haben wir die Einladung des Stiftes Heiligenkreuz gerne angenommen, das Denkmal neben dem Stift zu errichten. Denn als meine Freunde und ich schon geneigt waren aufzugeben, erzählte ich dem damaligen Abt Gregor Henckel-Donnersmarck, unseren Kummer, und dieser, ohnehin von der Idee des Denkmals schon angetan, sagte spontan: “Komm, ich glaube, ich habe einen Platz für Euer Projekt!” Dann führte er mich zum Platz vor dem “Badener Tor”! Obwohl es vor der Fertigstellung auch im Stift Zweifler und Kritiker gab, als es fertig war mit seinen leuchtenden Farben, sagten dieselben Patres: Ich bin begeistert, es ist sehr schön!
Der Platz am “Badener Tor” ist sehr passend auch deswegen, weil er neben der Theologischen Hochschule Benedikt XVI. liegt, einer Hochschule, die der Erkenntnis der Wahrheit dienen will, einer Wahrheit, die es mit Hilfe von Argumenten und Einsicht, in Freiheit und unter Achtung der Gewissen zu finden gilt!
Warum dieses Thema, fragen viele? Jetzt verblasst die Erinnerung an die Diktaturen, die Europa vor nicht langer Zeit durchlitten hat, und so kommt die alte Versuchung aller Machthaber erneut zurück, mehr und mehr Macht an sich zu ziehen und die Bürger in allem und jedem, auch in ganz persönlichen Fragen wie der des Glaubens zu bevormunden. Zugleich ist der Gedanke an ein höheres Recht, das auch über demokratischen Mehrheiten steht und in der Würde des Menschen verankert ist, im Denken breiter Mehrheiten wie ausgelöscht! Aber dieses höhere Recht, das von Gott kommt, wäre, sagt Otto von Habsburg, der wirklich sichere Schutz des Bürgers gegen eine Übermacht der Regierenden!
Konkret: Einerseits lesen wir tagtäglich von Christenverfolgungen in aller Welt, andererseits steigt auch bei uns die Aggressivität gegen alles, was von der Kirche kommt, was den neuen säkularen “Lehrämtern” nicht passt, weil es gegen die Dogmen ihrer “politischen Korrektheit” verstösst.
So werden vor allem die Christen zu den Häretikern der säkularen Gesellschaft gemacht! Man muss einmal an einer Kundgebung “pro life” teilgenommen haben, um zu wissen, welch blankem Hass man heute gegen Gott und Kirche begegnet! Eine gefährliche Entwicklung!
Man bedenke: Der Hass beginnt zuerst in den Gedanken, geht über in Worte, in Verhöhnung, Verleumdungen. Und irgendwann wandelt sich der Hass zum tätlichen Angriff – und schliesslich sogar zum staatlichen Gesetz gegen Christen, gegen Schützer des Lebens, gegen die Rechte der Familien, gegen jeden, der anders denkt als bestimmte politisch und medial gesteuerte Mehrheiten es vorschreiben wollen! Es ist höchste Zeit, uns als noch freie Menschen auf die Freiheit zu besinnen und sie zu verteidigen!
Natürlich ist es wahr, dass auch den Christen nicht immer und überall klar war, dass es keinen Zwang in Fragen der Religion geben dürfe! Papst Johannes Paul II. hat in seinem Schuldbekenntnis im Namen der Christen auch diese Sünden benannt und Gott um Vergebung gebeten.
Christen sündigten, wie auch gegen andere Gebote, aus Schwäche, aber auch, weil sie die eigene Lehre nicht wirklich verstanden hatten. Dennoch hätte man es wissen können und wusste es “eigentlich” auch damals schon: “Glauben ist Sache des freien Willens”, wie es Thomas von Aquin prägnant auf den Punkt gebracht hat.
Vom hl. Martin weiss man: Er brach den Kontakt mit einigen Bischöfen ab, weil diese der Hinrichtung einiger Häretiker zugestimmt hatten. Beeindruckend ist auch das Beispiel eines polnischen Königs, der sagte “Ich bin nicht König über das Gewissen meiner Untertanen!” und sich damit dem Zeitgeist von damals widersetzte.
Besonders beeindruckend als Zeugen für die Freiheit des Gewissens im Sinn der katholischen Kirche sind Heilige wie Thomas Morus, J. H. Newman oder auch Franz Jägerstätter!
Gegen alle Missdeutungen: Das 2. Vatikanische Konzil hat eben diese Lehre auf den “katholischen Punkt” gebracht!
Dabei hat es nicht, wie manche behaupten, früheren Lehraussagen widersprochen: Verurteilt wurde von Gregor XVI. die “Freiheit vom Gewissen” (im Sinn der Beliebigkeit) und nicht die “Freiheit des Gewissens”, die das Konzil gelehrt hat!
In diesem Sinn auch Papst Benedikt XVI. in Regensburg: “Gewalt ist gegen die Vernunft und gegen die Vernunft handeln ist Handeln gegen Gott!” Dass all dies nichts mit den Freimaurern zu tun hat und auch nichts mit der beliebten “Ringparabel” Lessings, sollte keines Beweises bedürfen!
Wie wirkt die inhaltliche Botschaft des Denkmals durch die künstlerische Gestaltung? Philippe Lejeune, der Künstler, der das farbenprächtige Glasmosaik geschaffen hat, ist einen sehr guten Weg gegangen: In den Mittelpunkt des Bildes setzt er eine Frau mit Kind, umgeben von vielen, vielen Menschen.
So ist das Bild zunächst auch als Darstellung der “Erscheinung des Herrn”, zu sehen. Aber man muss nicht religiös sein, um in der “Frau mit Kind” zugleich den Prototyp jenes Menschseins zu sehen, in dem die Würde des Menschen besonders eindrucksvoll sichtbar wird.
Das zeigt sich auch darin, dass sogar die “politisch korrekte Moral” Mütter und Kinder eigentlich weltweit für besonders schützenswert hält. Dass dies heute weithin nur ein Lippenbekenntnis ist, ist leider wahr, aber umso wichtiger ist es, von der (besonders deutlich in unschuldigen Menschen sichtbaren) Würde des Menschen, zu sprechen und auf sie hinzuweisen!
Diese Menschenwürde begründet alle Menschenrechte. “Menschenrechte” heissen so nicht, weil sie von Menschen gemacht werden könnten, sondern ganz im Gegenteil, weil sie über allen von Menschen stammenden Gesetzen stehen und sie alle Menschen auf Grund ihrer Natur besitzen. Aus diesem Grund sprach man früher von Naturrechten, von Gott in die “Natur des Menschen” gelegt!
Von der Erkenntnis der Würde führt der Weg zur Anerkennung des Rechtes auf jene Freiheit, die der Mensch auf der Suche nach der Wahrheit vor allem über Gott braucht!
Nicht nur einmal hat Papst Benedikt XVI. die Vertreter aller Religionen aufgerufen, jede Gewalt im Namen der Religion zu ächten und die Würde und Freiheit des Menschen zu achten! Diesen dadurch entstehenden, geschützten Raum der Freiheit bedarf es, damit auch unterschiedlich denkende Menschen sich als Brüder und Schwestern verstehen und miteinander reden können. Auch über das wichtigste aller Themen des Menschen, nämlich über Gott und die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Denn, sagt der Psalm 42,2): “Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen?”
Religionsfreiheit im Sinn der Kirche, was ist das? Der Seele zu ermöglichen, ungehindert das Wasser zu suchen, ihren Gottesdurst zu stillen und das Antlitz Gottes zu schauen!”
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