Die offenen Fenster des Papamobils

Die Geschichte der Welt im Licht des Glaubens

Der Papst auf Reisen: damit die Menschen zu ihm kommen können und er sie im Glauben stärkt. Die Geschichte der Welt im Licht des Glaubens. Von Armin Schwibach

Rom, kath.net/as, 17. September 2012

Drei Tage – im Meer der Geschichte eine kurze, ja eine verschwindende Zeit. Und doch ist es, als seien sie drei Steine, die ins oft so trüb erscheinende Wasser geworfen wurden und dort konzentrisch sich ausdehnende Wellen produzieren.

Die 24. Apostolische Reise Papst Benedikts XVI. in den Libanon wird in die von Gewalt und Spaltungen geprägte Geschichte des Nahen Ostens eingeschrieben bleiben. Wie sein grosser Vorgänger Leo der Grosse kam der Papst, um den Glauben zu predigen, sehen zu lassen, wie die Geschichte der Welt im Licht des Glaubens ein anderes Antlitz annimmt und das Reich Gottes die Türen der Hoffnung für die Zukunft weit aufstösst. Wie Leo der Grosse versucht Benedikt XVI., den Grausamkeiten einer Welt Einhalt zu gebieten, der der wahre Sinn für Gott abhanden gekommen ist. Wie Leo der Grosse tat Benedikt XVI. dies mit einem Hauptwort Christi, das den roten Faden seiner Reise bildete: “Meinen Frieden gebe ich euch” (Joh 14,27). Wie Leo der Grosse versucht Benedikt XVI., die Prämissen zu schaffen, damit alle Kräfte des Guten durch die Liebe schenkende Botschaft Christi den Raum ihrer Verwirklichung finden können.

“Die Würde des Menschen ist nicht zu trennen von der Heiligkeit des vom Schöpfer geschenkten Lebens”, erklärte der Papst am 15. September bei seiner Begegnung mit Vertretern der Politik, der Religionen und der Kultur in einer historischen Ansprache, die sich wie eine Perle in die kostbare Kette anderer denkwürdiger Worte seines Lehramtes einreiht: “Im Plan Gottes ist jeder Mensch einzigartig und unersetzbar. Er kommt in einer Familie zur Welt, die der erste Ort seiner Humanisierung und vor allem die erste Erzieherin zum Frieden ist. Um den Frieden aufzubauen, muss sich daher unsere Aufmerksamkeit auf die Familie richten, um ihre Aufgabe zu erleichtern, sie auf diese Weise zu unterstützen und dadurch überall eine Kultur des Lebens zu fördern”.

Denn: “Die Wirksamkeit des Einsatzes für den Frieden hängt davon ab, welche Auffassung vom menschlichen Leben die Welt haben kann. Verteidigen wir das Leben, wenn wir den Frieden wollen! Diese Logik schliesst nicht nur den Krieg und terroristische Aktionen aus, sondern auch jeden Angriff auf das Leben des Menschen, des von Gott gewollten Geschöpfes”.

Wird Gott verleugnet, stirbt der Mensch. Wird Gott aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, kann es nur Hass und Zerstörung geben. Meint der Mensch, anstelle Gottes Herr der Geschichte zu sein, ist dies der Anfang seines Untergangs.
Als Botschafter des Friedens und Mittler des Wegs zum wahren Frieden kam der Papst in ein von Gewalt und Krieg gezeichnetes Land. Ein wahrer “Löwe” durchschritt die Gefahren der Welt mit einer einzigartigen Majestät: der Majestät des Kreuzes seines Herrn Jesus Christus. Am Abend seines zweiten Tages im Libanon traf Benedikt XVI. bei einem “kleinen Weltjugendtag” mit Zehntausenden von jungen Menschen aus dem ganzen Nahen Osten zusammen. Symbolisch für seine “Majestät” war etwas, das es allen Sicherheitsbeamten kalt den Rücken hinunterlaufen lassen musste: das Papamobil – nur wenige Meter von der Menschenmenge entfernt, durch die es langsam fuhr – kam mit heruntergelassenen Fenstern. Der Papst war mitten in der Menge, ungeschützt, ohne ein trennendes Panzerglas, etwas mehr als 100 Kilometer von den Orten entfernt, in denen seit Monaten ein blutiger Bürgerkrieg herrscht, der bisher rund 27.000 Menschenleben gefordert hat.

Ohne Panzerglas. Die Panzerung des Papstes ist sein Wort, die Botschaft, die er überbringt und dann den Jugendlichen zuspricht: “Christus lädt euch daher ein, es ihm gleichzutun und den anderen ohne Vorbehalt aufzunehmen, selbst wenn er einer anderen Kultur, Religion oder Nationalität angehört. Ihm einen Platz zu geben, ihn zu respektieren, gut zu ihm zu sein; das macht reicher an Menschlichkeit und stärker am Frieden des Herrn”.

Ein kleiner Mann in Weiss durchzog ein Land, das seit Jahrzehnten diesen Frieden nicht kennt, ihn will, aber oft keine Perspektive hat, um ihn zu erreichen. Ein kleiner Mann in Weiss, auf dessen vom Alter gezeichneten Gesicht die Freude Christi glänzt, geht durch Furchen einer schweren Zeit. Er trägt einen Stock, er geht jedoch nicht am Stock. Es ist, als schwebe der Stock vor ihm, um den Raum zu stützen, durch den der Papst gleitet, einen Raum scheinbarer Schwerelosigkeit. Ein kleiner, magerer Mann in Weiss, dessen Majestät in seiner Schwäche sichtbar ist, lässt den Willen Gottes für die Menschheit durchscheinen.

Kurz war die Reise in den Libanon, “allzu kurz”, wie Benedikt XVI. in seiner Ansprache bei der Abschiedszeremonie am Flughafen in Beirut bekannte. Und die Wärme und Herzlichkeit der Menschen “haben mir darauf Geschmack gemacht, wiederzukommen”. Umso grösser jedoch war ihr Sinn, umso mehr ist es nun möglich, sie zu verlängern. Der Papst ist gekommen, damit die Menschen zu ihm kommen und sein Wort weitertragen können, wie dies die Vertreter der Jugendlichen bei ihrer Begegnung mit Benedikt XVI. eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht hatten: Jugendliche, die den Weg der wahren Freiheit gehen wollen und dabei auf das Licht blicken, das ihnen ein kleiner, alter und magerer Mann in Weiss schenkt. Die Reise des Papstes – sie war wie das Wirken von feinen Hammerschlägen, durch die eine Skulptur in bekannte und unbekannte, jedenfalls wertvolle Materie geschlagen wird, eine für die Zukunft bleibende Skulptur der Wahrheit.

Jetzt ist der Nachfolger Leos des Grossen wieder zuhause. Abermals hat er mit dem Schwert der Liebe gegen die Barbarei der Welt gearbeitet. Trotz aller Anstrengungen war sichtbar, wie er in jenen Tagen im Land der Zedern immer mehr aufblühte: eine Blüte, die ihm die ihn liebenden Menschen schenkten, damit diese Blüte ihnen weiterhin Worte des Lebens als Frucht hervorbringen kann.

LeoI. “der Grosse”
PapstLeo der Grosse

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