Untersuchungsergebnisse zu entwendeten Briefen
Ergebnisse der Untersuchungen zu den entwendeten Briefen dem Papst präsentiert
Der Fall zeigt die grosse Hingabe des Papstes zu seinem Hirtenamt
Von Sergio Mora
Vatikanstadt, 19. Juni 2012, zenit.org
Die drei mit der Anhörung des Kammerdieners Paolo Gabrieles beauftragten Kardinäle, in dessen Besitz Kopien von privater Korrespondenz des Papstes gefunden worden waren, legten dem Papst am Abend des 16. Juni 2012 den Bericht mit den ersten Ergebnissen der Untersuchungen vor.
Da alle drei Kardinäle, der Slowake Jozef Tomko, der Italiener Salvatore De Giorgi und der Spanier Julián Herranz, die für eine Teilnahme an einem zukünftigen Konklave vorgesehene Altersgrenze überschreiten, besteht kein Zweifel an ihrer Unbefangenheit in ihrer Funktion als überparteiliche Ermittler.
Im Protokoll ist das Geständnis des sich seit 26 Tagen in Haft befindlichen päpstlichen Kammerdieners Paolo Gabriele festgehalten, der offenbar eine umfassende Zusammenarbeit mit den vatikanischen Behörden pflegte.
Mit Diskretion wurden ausserdem die Aussagen einiger Kardinäle aufgenommen. Dies geschah nicht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen sie, sondern zum Einholen detaillierter Auskünfte über die Geschehnisse im Vatikan. Darunter befand sich Giovanni Battista Re, der zuerst im Vatikanischen Staatssekretariat und später als Präfekt der Kongregation für die Bischöfe tätig war und insgesamt über eine 20-jährige Erfahrung in der Kurie verfügt.
Paolo Gabriele war von der Gendarmerie, die mit den von der vatikanischen Staatsanwalt angeordneten Untersuchungen betraut wurde, mit der Beschuldigung des Diebstahls vertraulicher Dokumente aus der Wohnung des Papstes festgenommen worden.
Während der Durchsuchung der Wohnung des Kammerdieners, die er gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern bewohnte, fand die Gendarmerie zahlreiche von Gabriele beschlagnahmte Dokumente, von denen einige bereits veröffentlicht wurden. Laut Vatikansprecher Pater Federico Lombardi werde die Publikation der übrigen Dokumente durch die Massenmedien erwartet.
Der heute 46-jährige Paolo Gabriele begann mit seiner Arbeit im Vatikan in jungen Jahren. Zunächst wirkte als Reinigungskraft im Vatikanischen Staatssekretariat. Durch einen Glücksfall trat er in den Dienst des Präfekten des Päpstlichen Hauses, James Harvey, ein. 2006 wurde Gabriele nach einer langjährigen Tätigkeit für Msgr. Harvey Kammerdiener von Papst Benedikt XVI.
Aufgrund des Vorwurfs des Diebstahls erschwerter Art -der Korrespondenz des Papstes- steht Gabriele voraussichtlich eine schwere Strafe bevor. Seit der Aufnahme der Zusammenarbeit mit den Ermittlern hat sich seine Stellung vor Gericht jedoch verbessert. Wenn er seine Aufrichtigkeit unter Beweis stellt und sein gesamtes Wissen offenlegt, ist eine Begnadigung durch den Papst nicht auszuschliessen.
Die Fragen der Vatikanischen Behörden an den Festgenommen nehmen kein Ende.
Die Tat des päpstlichen Kammerdieners beruht offenbar auf einem Auftrag und den Anweisungen einer bisher nicht identifizierter Person.
In der Presse wurden die verschiedensten Vermutungen über die Organisation oder die Machtgruppe, in deren Auftrag Gabriele gehandelt hatte, geäussert.
Es ist anzunehmen, dass im Rahmen der Untersuchungen eine Antwort auf diese und viele weitere Fragen gefunden werden kann.
Unabhängig vom Ergebnis der Untersuchungen hatte Papst Benedikt XVI. in der Generalaudienz vom 30. Mai 2012 in den Massenkommunikationsmitteln kursierende “unbegründete Unterstellungen” zurückgewiesen und sein Vertrauen in seine engsten Mitarbeiter erneut bestätigt.
Der Papst äusserte sich folgendermassen dazu: “Es ist zu einer Anhäufung von Unterstellungen gekommen, die von einigen Massenkommunikationsmitteln verbreitet werden. Diese sind vollkommen haltlos, beruhen nicht auf Tatsachen und zeichnen ein Bild des Heiligen Stuhles, das nicht der Realität entspricht.”
Benedikt XVI. schloss mit folgenden Worten: “Aus diesem Grund möchte ich meinen engsten Mitarbeitern und all jenen, die mir Tag für Tag treu und still, in einem Geist des Opfers bei der Erfüllung meines Amtes ihre Hilfe zuteilwerden lassen, mein Vertrauen und meine Ermutigung aussprechen.”
An diesen Gedanken knüpfte Kardinal Leonardo Sandri, der Präfekt der Kongregation für die orientalischen Kirchen, an. Er sprach die Empfehlung aus, die Ereignisse der letzten Wochen in tiefer Einheit mit dem Heiligen Vater zu überstehen, ihm die volle Unterstützung zuteilwerden zu lassen: “Gleich jener, die ich ihm an jenem Tag, da er mich zum Kardinal ernannte, versprach: “Usque ad effusionem sanguinis” (bis zum Vergiessen des eigenen Blutes) bei ihm zu sein.
Diese feierliche Formel spricht der Papst im Augenblick der Übergabe des Kardinalsbiretts “accipite biretum rubrum” (empfangt das rote Birett) und der Zuweisung des Titels oder der Diakonie.
“Die ausgelöste Welle der Erschütterung hat allem Anschein nach eine Schwächung, Bedrohung, Beängstigung und Erpressung des Papstes zum Ziel, der jedoch ein einzigartiges Beispiel der Stärke, des Mutes und der Transparenz liefert.
Uns allen sind wohl noch jene Worte in Erinnerung, die der damalige Kardinal Joseph Ratzinger während des Kreuzweges am Karfreitag des Jahres 2005 kurz vor dem Einzug ins Konklave, aus dem er als Papst hervorgehen würde, sprach:
‚Wieviel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter jenen, die im Priesteramt voll und ganz ihm gehören sollten! Wieviel Hochmut, wieviel Selbstgenügsamkeit!’, so Kardinal Ratzinger.
Der damalige Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre fuhr folgendermassen fort: ‚Herr, hab Erbarmen mit deiner Kirche … Du hast dich wieder erhoben, bis auferstanden. Du kannst auch uns wieder aufheben. Rette und heilige deine Kirche. Rette und heilige uns alle’.
Mehrmals bekräftigten dieser Tage Prälaten und Amtsträger der Kurie jene Stelle des Matthäusevangeliums, in der Jesus folgenden Satz spricht: ‚Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen…’ (Mt 16,18-19).
‚Non praevalebunt’ (Sie werden sie nicht überwältigen) [1]. So lautet auch das Motto des ‚Osservatore Romano’ (Römischer Beobachter) [2], das auf der ersten Seite unter dem Zeitungskopf prangt.”
[1] Mt 16,18
[2] Die amtliche Tageszeitung des Vatikans
[Übersetzung des italienischen Originals von Sarah Fleissner]
Es ist wichtig gute Freunde um sich zu haben
Schreibe einen Kommentar