Misereor: “Ergebnis des Umweltgipfels ist enttäuschend”

Es bleibt weit hinter dem Aufbruch Rio-Konferenz 1992 zurück

Rom, Radio Vatikan, 22. Juni 2012

Das Ergebnis des Umweltgipfels “Rio + 20” ist enttäuschend, ja es bleibt weit hinter dem Aufbruch zurück, der auf der Rio-Konferenz von 1992 noch zu spüren war. Zu diesem ernüchternden Fazit kommt Pater Johannes Müller SJ, Vorsitzender des Misereor-Beirates und Teilnehmer der deutschen Regierungsdelegation in Rio, im Interview mit Radio Vatikan. Die Umweltkonferenz, zu der auch der Vatikan eine Delegation entsandte, geht an diesem Freitag zu Ende; auf eine Abschlusserklärung hatte man sich im Vorfeld schon geeinigt.

“1992 war wirklich ein Aufbruchssignal mit vielen konkreten Konventionen, die später daraus entstanden sind. Diesmal hat man eine relativ allgemeine Erklärung, die zwar viele richtige Dinge enthält, die man aber fast alle bereits anderweitig gesehen hat. Und insofern ist die Enttäuschung sehr gross.

Wenn man die grossen ökologischen Herausforderungen sieht, das planetarische Risiko, die Grenzen unserer Erde – dann muss man sagen, dass das Ergebnis ausserordentlich schwach ist.” Am Schlusstag der Konferenz an diesem Freitag in Rio soll auch der Vatikan noch einmal zu Wort kommen, heisst es. Ändern wird aber auch sein Beitrag an der Schlusserklärung nichts mehr, zeigt sich Pater Müller überzeugt. Man habe sich in Rio “im Endeffekt nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt”:
“Weil Brasilien ein zweites Papier vorgelegt hat, nachdem man sich wohl nicht einigen konnte. Aus diesem Papier sind im Grunde genommen alle Punkte, bei denen es Einwände gab – ganz egal von wem, USA, aber auch von Seiten des Heiligen Stuhles – herausgenommen worden. Insofern blieb dann natürlich nur der Rest übrig.”

Das Abkommen von Rio +20 sei ausserdem in keiner Weise gesetzlich verbindlich, erinnert der Misereor-Beiratsvorsitzende. Überhaupt sei die Rede vom “Grünen Wirtschaften” viel zu ungenau gefasst:

“Das andere Problem ist, dass der Begriff der ,Green Economy’ noch sehr umstritten ist. Man kann das als ein positives Signal sehen. Aber viele Nichtregierungsorganisationen haben die Angst, dass das zu einer Monitorisierung der Umwelt führt – also es verbinden sich sehr unterschiedliche Vorstellungen mit diesem Begriff. Ich glaube, wir müssen jetzt vor allem versuchen, daraus etwas Vernünftiges zu machen. Das ist Chance des Gipfels: zu sagen, wenn es uns in den nächsten Jahren gelingt, bestimmte Dinge umzusetzen, dann kann der Gipfel im Nachhinein noch zu einem Erfolg werden.”

Eine grosse Hoffnung sei besonders enttäuscht worden, so der Miseror-Fachmann:

“Eine der grossen Hoffnungen, gerade auch der EU – die sich ja für viele Dinge stark gemacht und eine gewisse Vorreiterrolle hatte, am Schluss aber gegen alle anderen allein stand – war es, dass man die Umweltorganisation in Nairobi erheblich aufwertet und zu einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen erhöht, so dass sie stärker sei gegenüber Welthandelsorganisationen, der Weltbank usw. Das ist im Grunde nicht gelungen; es gibt nur Erklärungen, dass man einen Prozess einleiten will, dass vielleicht in der UNO-Vollversammlung noch was verbessert wird. Auch die Forderung nach der Verankerung des Rechtes auf Nahrung ist auf den kleinsten Nenner gebracht worden, den alle akzeptiert haben.”

Das Kyoto-Protokoll, die Millenniumsziele und jetzt Rio+20 – es entsteht der Eindruck, dass globale Umweltziele nur schwer erreicht werden können. Andererseits sind Klima, Umwelt und damit menschliche Lebensräume vor allem der Ärmsten der Welt nur über lokale Einzelinitiativen wohl kaum zu retten. Laut Müller “muss man sich davon verabschieden, dass eine globale Konferenz diese ganz grossen Ziele erreicht”.

Er schlägt dagegen vor:

“Wir müssen schauen, dass man jetzt auf einer Ebene tiefer, also regional, Ansätze findet, dass man zum Beispiel ein Angebot der Bundesregierung zu Massnahmen entwickelt, dazu Entwicklungsländer einlädt und mit einigen zusammen einige Dinge voranbringt. Wir müssen zwar immer noch auf internationaler Ebene arbeiten, aber dennoch mehr zu einem regionalen Ansatz kommen, weil wir wissen, dass wir nicht so schnell auf der globalen Ebene zu Ergebnissen kommen.”

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