Ägypten: “Gott hat seine Pläne”

Kyrillos William, Adm. der koptisch-kath. Kirche in Alexandrien und Bischof von Assiut

Radio Vatikan, 28. Juni 2012

“Wir beten zum Herren, auf dass er Ihnen dabei helfen möge, Ägypten zu einem modernen demokratischen Zivilstaat zu machen, der in der Lage sein wird, die Rechte und Freiheiten jedes einzelnen Bürgers zu respektieren und Sicherheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit zu garantieren.”

Diese an Mohammed Mursi gerichteten Worte stammen von Bischof Kyrillos William, Administrator der koptisch-katholischen Kirche in Alexandrien und Bischof von Assiut. Wir haben mit ihm gesprochen um zu erfahren, wie die Stimmung im Patriarchat und in den koptischen Gemeinden nach dem nunmehr sicheren Wahlsieg Mursis sei: “Wir haben das Gefühl, dass alles positiv wird. Am Montag hatten wir eine Sitzung mit dem Rat der Ägyptischen Kirche, mit den orthodoxen Protestanten, und dort haben wir darüber gesprochen. Wir haben jetzt die Aufgabe, die Leute zu ermutigen. Denn einige waren anfangs schockiert und deprimiert, dass Shafik keinen Erfolg gehabt hat. Das hat aber nichts zu sagen!

Am ersten Tag hat der Präsident gesprochen und er hat ein paar Mal wiederholt, er sei ein Präsident für alle Ägypter, Muslime und Christen, ohne Ausgrenzungen. Er hat jetzt eine Verantwortung und kann die Christen nicht aussen vor lassen. Wir machen uns eigentlich keine Sorgen.”

Bischof Kyrillos war einer der ersten Kirchenvertreter, die dem neuen Präsidenten Ägyptens zu seinem Wahlsieg gratulierten. Er habe grosses Vertrauen in die göttliche Fügung: “Wir beten auch, dass alles weiter gut geht. Die Menschen hier haben viel Vertrauen in die göttliche Vorsehung. Gott hat seine Pläne. Warum hat er Mursi und nicht Shafik gewinnen lassen? Ganz bestimmt hat er einen Plan, den wir nicht verstehen können, aber wir nehmen ihn gerne an und machen mit, wir haben keine Probleme damit.”

Die Ägypter seien eine grosse Familie, die zusammen halten müsse: “In einer Familie gehören alle zusammen. Es geht nicht, dass einige ohne die anderen wirken. Seit 1400 Jahren haben wir zusammen gelebt und Christen ohne Muslime oder Muslime ohne die Christen sind eigentlich nicht vorstellbar. Wir versuchen, durch die vielen Kommissionen, die wir haben, die richtigen Gedanken an die jungen Generationen weiter zu geben. Die jungen Generationen wissen nicht, wie wir zusammen gearbeitet haben und in Harmonie zusammen gelebt haben.” Daran, dass bei der Wahl getrickst worden sei, glaube er nicht, so Bischof Kyrillos. Vielmehr sehe er den knappen Ausgang der Wahl als Chance für ein geeintes Ägypten: “Die Ergebnisse waren wohl sauber. Mursi hat wenige Stimmen bekommen, denn viele Menschen sind gar nicht erst zur Wahl gegangen. Andererseits haben viele ihn gewählt, weil sie keinen Präsidenten aus dem alten Regime haben wollten. Deswegen hat er keine wichtige Mehrheit in der Wahl errungen. Das weiss er und deshalb muss er jetzt versuchen, alle Ägypter hinter sich zu bringen und positiv für alle Ägypter zu handeln.”

(rv 28.06.2012 cs)

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