Weihbischof Schneider in Maria Vesperbild

Krise der Kirche und würdiger Kommunionempfang

gloria.tv/ maria-vesperbild.de, 30. Mai 2012

Am Pfingstsonntag feierte Weihbischof Athanasius Schneider in Maria Vesperbild die Messe. In der Predigt sprach er über das Messopfer.

Gelobt sei Jesus Christus!

Hochwürdigster Herr Prälat, hochwürdige Brüder im Priesteramt, liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Am Abend dieses hochheiligen Pfingstfestes hat uns unsere liebe Gottesmutter Maria hier an diesem heiligen, ihr geweihten Ort, zusammengeführt. Wir sind heute hierher aus verschiedenen Orten gekommen und der Bischof, der dieses Messopfer feiert, ist aus dem fernen Kasachstan gekommen, gleichsam aus einem anderen Ende der Welt.

Und es sind hier heute Menschen verschiedenen Alters, von ganz klein bis gross, Menschen verschiedener Berufe und Stände. Wir sind alle zu unserer Mutter gekommen, weil wir alle ihre Kinder sind. Um sie herum bilden wir wahrhaft eine Familie, und wenn wir Kinder um unsere Mutter geschart sind, dann schauen wir alle auf sie und dann verschwinden alle äusseren Unterschiede zwischen uns, denn vor Maria, unserer gemeinsamen Mutter, fühlen wir uns alle als kleine Kinder und deshalb untereinander als einander liebende Brüder und Schwestern, als wahre Marienkinder.

Je mehr wir vor Gott Kinder und auch Kinder Mariens werden in der Reinheit und Schlichtheit unseres katholischen Glaubens, desto mehr geschieht Erneuerung und Reform der Kirche, desto mehr ist Pfingsten. Je mehr Gremien, je mehr Sitzungen, je mehr Furcht und Minderwertigkeitskomplexe vor der öffentlichen Meinung, vor dem politisch Korrekten, desto weniger echte Reform der Kirche, desto weiter ist man vom wahren Pfingsten entfernt.

Erlauben Sie, Ihnen einige Beispiele pfingstlichen kirchlichen Lebens zu schildern, und zwar aus Zeiten und Orten, in denen Katholiken verfolgt wurden, so z.B. in der Sowjetunion. In Karaganda, der einstigen geistigen Hauptstadt Kasachstans, die zugleich die Zentrale eines grossen stalinistischen Gulags war, haben vor etwa 35 Jahren deutsche Katholiken das Wagnis auf sich genommen, ein neues Gotteshaus zu errichten.

Nach vielen Schikanen gaben die Behörden die Erlaubnis dazu, jedoch mit der Auflage, dass das Gebäude von aussen niedrig sein muss, ebenerdig wie eine einfache Halle, ohne Turm und ohne Kreuz. Die Gläubigen haben sich sofort an die Arbeit herangemacht und buchstäblich Tag und Nacht gearbeitet. Selbst alte Frauen und Kinder haben Stein, Zement und Sand in Eimern geschleppt. Nach zwei Jahren wurde die Kirche fertig. Man hatte innen tiefer gegraben, um sie innen höher zu machen, denn die Behörden haben ja nicht verboten, in die Erde zu graben. Innen haben die Gläubigen die Kirche liebevoll bis in die kleinsten Details mit sakraler Schönheit ausgestattet.

In jener Zeit lebte dort der Geheimbischof, der Diener Gottes Alexander Chira. Die Gläubigen wussten nicht, dass er ein Bischof war, alle nannten ihn Pater Alexander. Nur der Papst, der KGB und einige wenige Eingeweihten wussten, dass er ein Bischof war. Als der Tag der Einweihung immer näher kam, fragten die Gläubigen: “Pater Alexander, wir haben keinen Bischof, wer wird uns die Kirche konsekrieren?”. Er antwortete: “Gott wird dafür schon sorgen”. Als dann am Tag der Einweihung Pater Alexander mit Mitra und Hirtenstab einzog und die Gläubigen ihren Pater so zum ersten Mal sahen, haben alle geweint. Eine alte Frau, die damals dabei war, erzählte mir: “Bei jener Kirchweihe sind mehr Tränen geflossen, als Weihwasser gesprengt wurde!” Ja, das war wirklich ein Pfingsten, das war echte Reform der Kirche ohne viele Kommissionen und Diskussionsrunden!

Ein anderes Beispiel stammt aus der Geschichte der irischen Katholiken, die durch ihre Glaubenstreue berühmt wurden und bei denen heuer der Eucharistische Weltkongress stattfinden wird. Der bekannte französische Schriftsteller, Graf Charles de Montalembert, war im Jahre 1830 Augenzeuge folgender Begebenheit in Irland, welche er auch schriftlich in folgenden Worten festgehalten hat:

“Ich kann nie jene erste Messe vergessen, der ich in einer Landkapelle beigewohnt habe. Ich ritt zu Pferd bis zum Fuss eines Hügels. Ich stieg ab und nach nur einigen Schritten wurde ich aufmerksam auf die kniende Gestalt eines Mannes. Nach und nach wurden andere Männer sichtbar, alle in derselben Körperhaltung. Je mehr ich den Hügel hinaufstieg, desto grösser wurde die Zahl jener knienden Bauern. Endlich oben auf dem Hügel sah ich ein Gebäude in Kreuzesform, das notdürftig aus Stein gebaut war, jedoch ohne Mörtel und nur mit Stroh bedeckt. Rund um die Kapelle war eine kniende Menge von robusten Männern, die alle barhäuptig waren, ungeachtet des strömenden Regens und der Schlamm war unter ihren Füssen. Ein tiefes Schweigen herrschte ringsherum. Es war die katholische Kapelle von Blarney und der Priester feierte gerade die Messe. Ich kam im Augenblick der Wandlung an, als die Hostie erhoben wurde, und jene ganze fromme Versammlung war mit ihrem Gesicht bis zum Boden verneigt. Ich strengte mich an, unter das Dach der Kapelle zu gelangen, die voll von anbetenden Menschen war. Es gab keine Stühle, keinen Schmuck, nicht einmal einen gefliesten Boden. Der Boden war aus Erde, Stein und Feuchtigkeit, und das Dach war kaputt. Als das heilige Opfer zu Ende war, stieg der Priester aufs Pferd und floh, denn er wurde verfolgt. Danach erhoben sich die Beter und gingen schweigend nach Hause. Viele blieben noch eine Weile im Gebet, kniend im Schlamm in jener schweigenden Umgebung, welche jene treuen und armen Menschen ausgewählt haben während der Zeit der Verfolgung”. Was für ein Beispiel des Glaubens, der Liebe und der Verehrung zu Jesus im heiligsten Altarsakrament! So ein Beispiel war wiederum ein kleines Pfingsten in der Kirche und eine mächtige Kraft für eine wahre Reform der Kirche.

Wahres Pfingsten und wahre Reform in der Kirche setzt nicht nur eine echte und kindliche Marienverehrung voraus, sondern vor allem auch eine tiefe Verehrung der heiligsten Eucharistie. Maria, die Unbefleckte und die heilige Menschheit Jesu Christi, d.h. Sein Leib und Seine Seele, sind die Meisterwerke des Heiligen Geistes. Der heilige Ludwig Maria Grignion de Monfort sagte sinngemäss: Gott hätte einen schöneren Himmel und eine schönere Erde erschaffen können, aber nicht eine schönere Mutter, nicht einen schöneren Leib Christi. Deswegen haben alle Generationen der Katholiken vom Heiligen Geist erleuchtet so gesungen: “Schönster Herr Jesus” und “Ganz schön bist Du, Maria!”.

Es ist heute mehr als offensichtlich, dass die Kirche eine grosse Krise erlebt, und diese Krise zeigt. sich am greifbarsten in der Krise des Gottesverehrung, der Liturgie, und noch konkreter in der Krise des eucharistischen Lebens. Diese Krise zeigt sich vor allem an einigen Wunden am Leib der Kirche von heute. Eine grosse Wunde ist die heute weitverbreitete Art des Kommunionsempfangs, wo der anbetungswürdige Leib Christi, in dem die ganze Majestät der Gottheit in der so kleinen und zarten Hostie gegenwärtig ist, ohne erkennbar sakralen Anbetungsgesten empfangen wird.

So eine äussere Form des Kommunionempfangs hinterlässt den Eindruck, als ob man hier eine gewöhnliche Speise behandelt. Eine gewöhnliche Speise nimmt man nicht kniend zu sich und ferner lässt man sie sich nicht in den Mund legen, ausser bei Kleinkindern, sondern man führt sie sich selber in den Mund.

Die Engel im Himmel knien vor Jesus, dem Lamm, die Apostel sind vor dem Leib Christi auf die Knie gegangen. Die grossen Propheten haben die Gaben Gottes bildhaft direkt in den Mund empfangen (Schriftrolle, glühende Kohle, vgl. Ez. 2; 3; Ps. 81, 11; Jes. 6, 6), eben wie es die kleinen Kinder gegenüber ihren Ernährern tun, und wie es Jesus es verlangt, dass man das Reich Gottes in der Haltung der Kinder empfangen soll (vgl. Lk. 18, 17). Wie gross ist der Kontrast zwischen der heute weitverbreiteten Form der Handkommunion mit ihren minimalsten Zeichen der Anbetung auf der einen Seite und den herrlichen Beispielen aus der Heiligen Schrift und den Beispielen der Katholiken aus den vergangenen zweitausend Jahren, und auch den erbauenden Beispielen unserer eigenen Vorfahren, Eltern, Grosseltern auf der anderen Seite!

Unser Heiliger Vater Papst Benedikt XVI. hat uns gerade gegen diese aufgezeigte Wunde ein Heilmittel gegeben durch sein Lehramt und durch sein Beispiel. Seit dem Fronleichnamsfest 2008 teilt er die heilige Kommunion ausschliesslich in der Art aus, dass die Gläubigen sie kniend und in den Mund empfangen und das bittet der Papst zu beachten bei seinen Messen überall, wo er hinkommt. Er ist der Stellvertreter Christi auf Erden und gibt uns allen eine klare praktische Lehre. Ein echter Katholik, und noch mehr ein katholischer Bischof, kann diese Geste des Papstes nicht ignorieren.

Der heilige Märtyrer und Kardinal John Fisher hatte in der Zeit der protestantischen Reform diese treffenden Worte geschrieben: “Wenn jemand mit Aufmerksamkeit die Perioden der Blüte der Kirche und die Zeiten des Verfalls sowie die verschiedenen Reformen, wie sie öfters in der Kirche aufeinander folgten, mit Aufmerksamkeit näher betrachtet, wird er feststellen: der Grund des Verfalls in der Kirche liegt fast immer in der Vernachlässigung und im Missbrauch dieses heiligsten Sakramentes des Altares; auf der entgegengesetzten Seite aber wird er gewahr: den Zeiten echter Reformen und der Blüte des kirchlichen Lebens ging immer eine zarten Andacht zu diesem Sakrament und ein eifriger Empfang dieses Sakramentes zur Seite” (F. Holböck, Das Allerheiligste und die Heiligen, Stein am Rhein 1986, S. 195).

Einer der grössten eucharistischen Heiligen, der heilige Peter Julian Eymard, sagte einmal: “Warum tun die Menschen unserem eucharistischen Herrn Dinge an, die sie selber zutiefst beleidigen würden? Warum sind sie weniger empfindlich, wenn es um die Ehre des eucharistischen Herrn geht, als wenn es um deren eigene Ehre geht? Die grossen Sünden gegen den Glauben kommen her vom Mangel der Ehrfurcht vor Jesus in der Eucharistie. In den Zeitaltern, die vom Glauben geprägt waren, dachten die Katholiken, dass sie nie genug tun könnten, um die Erhabenheit des eucharistischen Gottesdienstes zu erhöhen: davon zeugen die herrlichen Kirchen, die heiligen Gefässe und Gewänder, die Ehrfurchtshaltungen. Dies alles war ein Werk des Glaubens. Die Ehre, die man Jesus in der Eucharistie entgegenbringt, ist das Mass, an dem der Glaube gemessen wird und der Ausdruck der Tugend. Lasst uns deshalb grösstmögliche Ehrbezeigungen Jesus in der Eucharistie entgegenbringen. Er ist dessen würdig. Er hat ein Recht darauf!” (vgl. The real presence, New York 1938, 144).

Was für ein Glaubenszeugnis wäre es, wenn bei den heiligen Messen auf dem ganzen Erdenrund immer mehr unverkennbar deutliche Zeichen der Anbetung, der Stille, der Heiligkeit des Gesanges wären, wenn Priester und Volk gemeinsam auf Christus blicken würden, innerlich und auch äusserlich! Wenn die Gläubigen den Leib Christi selbstverständlich im Stand der heiligmachenden Gnade, gebeichtet, im anbetenden Knien und in der Demut eines Kindes direkt in den Mund empfangen würden! Das wären lautlose aber mächtige Zeichen einer echten Erneuerung der Kirche! Und wenn dann ein gottsuchender Mensch so einem ehrfürchtigen Gottesdienst beiwohnen würde, dann würde er – die Worte des heiligen Paulus gebrauchend – “auf sein Angesicht fallen, Gott anbeten und sagen: wahrlich unter euch ist Gott!” (1 Kor. 14, 24-25). Das wären echte Auswirkungen von Pfingsten, welches die heiligen Päpste unserer Zeit angefangen vom heiligen Pius X. bis zum seligen Papst Johannes Paul II. und das Zweite Vatikanische Konzil ersehnt hatten.

Wahre Katholiken sind wahre Marienkinder, sind Liebhaber und Anbeter des eucharistischen Herrn. Jeder einzelne von uns, auch wenn er noch so unscheinbar ist, der sich bemüht die Gottesmutter Maria gläubig und innig zu verehren und den eucharistischen Heiland mit tiefster Ehrfurcht zu verehren und zu empfangen, ist ein pfingstlicher Mensch und trägt sehr mächtig zur wahren Erneuerung der Kirche bei.

Komm Heiliger Geist und durch die Fürsprache Mariens, erfülle immer mehr die Herzen der Bischöfe, der Priester, die Herzen aller Gläubigen und erneuere das Angesicht Deiner Kirche.

Maria mit dem Kinde lieb, uns allen Deinen Segen gib!

Amen

Quelle
Dominus.est
Maria-Vesperbild

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