Generalaudienz, Petersplatz, Mittwoch, 2. Mai 2012
Papst Benedikt XVI.
Heute möchte ich am Beispiel des heiligen Stephanus, des ersten Märtyrers der Kirche, unsere Überlegungen zur Beziehung von Gebet und Lesung der Heiligen Schrift weiterführen. Die Apostelgeschichte berichtet uns, dass Stephanus beschuldigt wurde, gegen den Tempel und das Gesetz des Mose zu sprechen. Er selber legt dann in seiner Rede vor dem Hohen Rat dar, wie die ganze Heilige Schrift auf Jesus zugeht. Er ist der von den Propheten verheissene Gerechte und in ihm ist Gott auf einzigartige Weise gegenwärtig: Er konnte nicht in einem Tempel aus Stein endgültig wohnen; er, der lebendige Sohn, ist der wahre Tempel, der “Ort” des wahren Gottesdienstes, denn “der Höchste wohnt nicht in dem, was von Menschenhand gemacht ist” (Apg 7,48).
Der Tempel, in dem Gott wohnt, ist also der eingeborene Sohn, ist die Menschheit Christi. Und das Kreuzesopfer, seine Hingabe für uns ist der neue Gottesdienst, der an die Stelle der alten Opfer tritt. In Jesus Christus, der Gott und Mensch ist, stehen Gott und die Welt in Verbindung, berühren sich, gehen gleichsam ineinander über. Christus nimmt alle Sünde der Menschheit auf sich, um sie in die Liebe Gottes hineinzutragen und dort gleichsam zu verbrennen. Schliesslich sehen wir, wie Stephanus selbst als Jünger des Herrn in dieses Opfer mithineingenommen wird. Seine Rede, seine Verkündigung kommt nicht zum Abschluss, sie “vollendet” sich im Martyrium, dadurch dass er eins wird mit Christus bis ins Beten des Gekreuzigten hinein. Er greift das Gebet Jesu am Kreuz auf und betet für seine Verfolger, und dann richtet er sich an Jesus selbst, den er zur Rechten Gottes sieht: “Herr Jesus, nimm meinen Geist auf” (Apg 7,59).
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Von Herzen grüsse ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache und aus den Niederlanden. Das Beispiel des heiligen Stephanus möge uns helfen, aus der Beziehung zu Gott Kraft für unser Leben zu schöpfen und unseren Weg recht zu erkennen. Unser Beten – damit es selber richtig ist und Gott nahe kommt, ihn in uns hereinbringt, uns zu Gott bringt – muss sich aus dem Wort Gottes nähren und auf Christus hinschauen. In ihm können wir uns durch den Heiligen Geist dann in kindlichem Vertrauen an Gott wenden, weil wir wissen, er ist der Vater und er liebt uns. Von Herzen segne ich euch alle.
© Copyright 2012 – Libreria Editrice Vaticana
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