Kardinal Koch: Ökumene ist “nicht Kür, sondern Pflicht”

Die Spaltungen der Christenheit seien eine bis heute schmerzende Wunde

Rom, Radio Vatikan, 24.04.2012

Ein Engagement in der Ökumene ist für die katholische Kirche “nicht Kür, sondern Pflicht” – und zwar eine Pflicht, der sich jeder Gläubige, aber auch die Kirchenspitze verpflichtet fühlen muss. Das sagte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, bei einem Vortrag an der Universität Wien. Die Spaltungen der Christenheit seien eine bis heute schmerzende Wunde, deren Heilung “dem Willen Jesu Christi” selbst entspreche und der sich das gesamte Zweite Vatikanische Konzil zutiefst verpflichtet fühlte, so Koch bei dem Vortrag am Montagabend. Christliche Ökumene sei “kein blosser Zusatz oder ein Anhängsel im Leben der Kirche, sondern gehört elementar zum Wesen der Kirche”.

Ganz oben auf der ökumenischen Agenda müsse heute laut Koch die Frage nach dem Kirchenverständnis stehen. Dabei seien vor allem die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen angefragt, die beantworten müssten, ob sie die Reformation als “totalen Bruch” verstehen oder sich in “bleibender Kontinuität mit den vorangehenden 1.500 Jahren” sehen, so Koch. Von der Klärung dieser Frage hänge “die weitere Zukunft des ökumenischen Dialogs” ab. Sorge bereite ihm in diesem Zusammenhang eine “zunehmende und vielfältige Fragmentierung” innerhalb des Weltprotestantismus, der zugleich eine Vervielfältigung der Ökumene-Begriffe und des Verständnisses von Kircheneinheit mit sich bringe.

Koch wies in seinem Vortrag alle Rufe nach einer raschen Eucharistiegemeinschaft als nächste Schritte in der ökumenischen Bewegung von sich. Die katholische Kirche halte sich im ökumenischen Dialog an klare katholische Prinzipien wie sie das Konzil etwa mit der Idee eines gestuften Kirchenverständnisses vorgelegt hat. “Eingangstor” zur Kirche und zugleich Fundament der Ökumene bleibe demnach vor allem die Taufe und deren wechselseitige Anerkennung, so Koch. Man müsse auf diesem Punkt so beharren, da gerade von protestantischer Seite diese Frage oftmals aufgeweicht werde. Gleiches gelte für einen weiteren ökumenischen Streitpunkt: die Eucharistie. Auch in diesem Punkt gebe es evangelische Gemeinschaften, so Koch, bei denen er den Eindruck habe, “das ökumenische Ziel sei nicht mehr die kirchliche Communio, sondern die eucharistische Interkommunion” – und er fügte hinzu: “Das gemeinsame Mahl gehört insgesamt an das Ende und nicht an den Anfang ökumenischer Bestrebungen.”
(kap 24.04.2012 sk)

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