Die Kirche braucht eine Mutinjektion

Warum tritt die Kirche der Antikirchenhetze nicht auch selbst ein wenig energischer entgegen?

Wien, kath.net, 12.04.2012, von Andreas Unterberger

Bisweilen muss man die Kirche in Schutz nehmen. Besonders dann, wenn man sie auch oft tadelt. Denn die vor allem im grünen Umfeld lancierten Attacken auf die Kirche sind nicht mehr nur einäugig, sondern schon geradezu blindwütig. Was doppelt erstaunt, betätigen sich doch manche Kirchenfunktionäre (nicht die Bischöfe, nicht die Gläubigen, aber die angestellten Laien) als vehemente Vorkämpfer der Grünen.

Da betreibt etwa die grüne Abgeordnete Daniela Musiol seit längerem eine heftige Kampagne gegen das Konkordat und gegen angebliche Privilegien der Kirche. Die Grünen attackieren auch heftig, dass die steuerliche Absetzung des Kirchenbeitrages den Staat alljährlich 120 Millionen Euro kosten.

Interessanterweise gibt es aber überhaupt keine Wortmeldung der Grünen, geschweige denn eine kritische, zu der Tatsache, dass auch ihre zahllosen Vorfeldorganisationen von den radikalen Tierschützern bis zu Greenpeace genauso von der steuerlichen Absetzbarkeit profitieren.

Sie interessieren sich auch nicht dafür, dass der Steuerzahler auf gleichem Weg den Gewerkschaftsbund subventionieren muss. Und schon gar nicht für die alles übersteigenden gewaltigen Zwangsbeiträge jedes Arbeitnehmers für die Arbeiterkammer. Nein, nur die Kirchen werden da zum Ziel genommen.

Die grün-roten Antikirchenkämpfer erregen sich zwar masslos darüber, dass im ORF aus alter Vor-Wrabetz-Tradition am Karfreitag noch eine Schweigeminute beachtet worden ist. Und darüber, dass in der letzten bürgerlichen ORF-Bastion in Niederösterreich ein Chefredakteur dazu aufgefordert hat, den norwegischen Massenmörder B. nicht wahrheitswidrig als “christlich” motiviert zu bezeichnen.

Die gewaltigen Leistungen der Kirche für die Gesellschaft werden hingegen totgeschwiegen, die dem Staat Milliardenkosten ersparen. So kostet den Staat ein Schüler in einer katholischen Schule deutlich weniger als einer in einer staatlichen Schule; die Differenz zahlen die (meist katholischen) Eltern sowie Orden und Diözesen, obwohl die gleichzeitig auch genauso ihre Steuern für die staatlichen Schulen zahlen.

Dabei gibt es nur wenige Zweifel, dass beispielsweise die 15 Prozent der AHS-Schüler in den vor allem katholischen Privatschulen zum Nutzen der Allgemeinheit eine bessere Ausbildung erhalten als der Schnitt in staatlichen Schulen. Jedenfalls sehen das immer mehr Eltern so. Der Ansturm auf kirchliche Schulen wächst daher von Jahr zu Jahr – trotz der einseitigen Hetz-Berichterstattung vor allem des ORF über die einstigen Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen (während ebensolche Zwischenfälle in staatlichen Schulen und Erziehungsanstalten gerne totgeschwiegen werden).

In den Kindergärten besuchen beispielsweise in Wien 12 Prozent der Kleinen eine katholische Einrichtung. Und bei den Ordensspitälern sind es sogar 19 Prozent. Nach einer IHS-Studie sind die Ordensspitäler um 17 Prozent effizienter. Und der Rechnungshof stellt sie den Gemeindespitälern sogar ausdrücklich als positives Beispiel gegenüber.
Vor allem aber ersparen sich Bund, Länder und Gemeinden durch diese Spitäler gewaltige Summen. So haben die Ordensspitäler in den letzten Jahren 150 Millionen Euro investiert. Und jeder einzelne Spitalsbesuch, jede einzelne Nacht in einem Spitalsbett, jeder Blinddarmeingriff, jede künstliche Hüfte wird von den Krankenkassen bei Ordensspitälern deutlich geringer honoriert als bei den ineffizienten Landes- und Gemeindespitälern. Ohne die kirchlichen Leistungen wäre das Sozialversicherungssystem so gar nicht mehr aufrechterhaltbar.

Überhaupt nicht mehr messbar ist das, was die Kirche in die Schönheit der österreichischen Dörfer und Städte investiert. Dabei ist die Erhaltung beispielsweise aller Wiener Kirchen angesichts der Zahl der Gläubigen und Kirchenbesucher längst nicht mehr notwendig. Den einzigen Nutzen der vielen aus Spenden und Kirchenbeitrag finanzierten Renovierungsarbeiten tragen Tourismus und Stadtbildpflege. Daher wird in der Kirche auch immer ernsthafter darüber diskutiert, dass man Vieles von dieser barocken oder historistischen Pracht aufgeben möge, und sich für Gottesdienste und Pastoral in weniger, passendere, gemeinschaftsfördernde Räume zurückziehen soll. Das wäre zwar zum Schaden der touristischen Attraktivität der Stadt, aber nicht jenem der Kirche.

Offen bleibt aber die grosse Frage: Warum tritt die Kirche dieser Antikirchenhetze nicht auch selbst ein wenig energischer entgegen? Warum marschiert die einst bedeutende Laienorganisation “Katholische Aktion” ebenso wie die noch immer bedeutende Caritas ideologisch das ganze Jahr über im Gleichschritt mit den linken Kirchenhassern, propagiert dabei sogar – gegen den Willen der grossen Mehrheit der Kirchgänger – die zwangsweise Gesamtschule?

Warum protestiert die Kirche nicht laut, wenn der ORF beispielsweise eine Demonstration gegen die Christenverfolgungen in islamischen und restkommunistischen Ländern totschweigt, aber gleichzeitig sehr intensiv über eine nicht einmal halb so grosse gegen die sogenannte Vorratsdatenspeicherung berichtet? Und: Warum ruft der Wiener Kardinal – an sich lobenswerterweise – jetzt zum Kampf der “guten Kräfte” gegen die Korruption im Staat auf, lässt sich aber gleichzeitig, ohne ein kritisches Wort zu verlieren, vom Wiener Bürgermeister mit einem hohen Orden auszeichnen, obwohl die Korruption nach 67 Jahren roten Machtmissbrauchs nirgends so schlimm ist wie im Einflussbereich der Gemeinde Wien?

Oder blicken die Bischöfe nur noch angsterfüllt auf die in Wahrheit ausserhalb der Mainstream-Medien recht unbedeutende Initiative des Pfarrers Schüller, statt sich um die wirklichen Herausforderungen zu kümmern? Wofür beispielsweise Ostern ein guter Anfang wäre.

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