Berliner Kardinal warnt vor Auseinanderdriften der Gesellschaft
Soziale Unterschiede werden in Deutschland grösser, sagte Kardinal Woelki
Köln, kath.net/ KNA, 09.04.2012
Den Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki hat vor einem sozialen Auseinanderdriften der Gesellschaft gewarnt. Im Deutschlandfunk bezeichnete Woelki Berlin am Ostersonntag als “Hartz-IV-Hauptstadt”. Dort werde “sehr deutlich, dass die soziale Schere zwischen Reich und Arm in unserer Gesellschaft weiter auseinanderzugehen droht”.
Der Berliner Erzbischof sagte, 1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren lebten staatlicher Grundsicherung; allein in Berlin sei das jedes dritte Kind. Die Kirche müsse sich bei diesem Thema “gut positionieren und aufstellen”. Ihre wichtigste Aufgabe sei es, “in einer säkularen Gesellschaft den Gottesbezug wach zu halten”. Daraus folge aber auch ein sozialer Auftrag.
Woelki stört es nach eigener Darstellung nicht, dass Bundeskanzlerin und Bundespräsident nicht der katholischen Konfession angehören. Es sei wichtig, “in der Politik Menschen zu haben, die vom christlichen Gottes- und Menschenbild geprägt sind und dass sie aus einer christlichen Verantwortung heraus Politik betreiben”. Andererseits müsse die katholische Kirche stärker dafür sorgen, dass sie Menschen in verantwortlichen Positionen habe, die von ihrem Glauben geprägt sind. In diesen Bereich müsse sie in Zukunft stärker investieren.
Der Kardinal sprach sich in diesem Zusammenhang erneut dafür aus, in Berlin eine theologische Fakultät anzusiedeln, die auch auf wissenschaftlicher Basis die Auseinandersetzung mit Kultur, mit der Philosophie der Gegenwart suche. Sie müsse sich befassen “mit Atheismus, mit Agnostizismus, also mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen geisteswissenschaftlichen Strömungen”. Auch in sozialen Netzwerken und den neuen Medien müsse die Kirche stärker präsent sein. Die Bischofskonferenz habe hier noch nicht die richtigen Weichenstellungen vorgenommen.
Zur religiösen Situation in seinem Erzbistum und im Osten Deutschlands sagte der frühere Kölner Weihbischof, er finde dort “eine sehr viel stärkere Ernsthaftigkeit, gerade mit Blick auf eine Glaubensentscheidung” als im katholisch geprägten Rheinland. Diese grössere Entschiedenheit hänge mit der DDR-Geschichte, aber auch mit der Minderheitensituation der Katholiken in dieser Region zusammen.
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