Studierendentreffen Diözese Chur

 Homilie in der Hl. Messe, 12. Februar 2012 im Priesterseminar St. Luzi

Chur, 12.02.2012

Lev 13,1-2; 43 – 46; 1 Kor 10,33; 11,1; Mk 1,40 – 45

Brüder und Schwestern im Herrn,

das Studium der Theologie soll auf die Seelsorge vorbereiten. Die Seelsorge ihrerseits hat ein bestimmtes Ziel. Paulus spricht es im ersten Brief an die Korinther kurz und knapp aus. Was er sagt, sollte das Leitbild eines jeden, der sich mit der Gotteslehre beschäftigt sein: “Ich suche nicht meinen Nutzen, sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden.” Die Rettung ist das Ziel der Seelsorge. Paulus braucht dazu den Ausdruck – retten, befreien. Im Profanbereich ist damit jede Rettung aus einer Lebensgefahr gemeint. Wir erinnern uns an die Szene aus dem Matthäusevangelium, da das Boot mit den Jüngern in Seenot gerät und wie die Jünger schreien: Herr, rette uns (Mt 8.25).

Doch meint Paulus im eben erwähnten Brief an die Korinther mit retten nicht eine Notrufaktion oder einen Rettungsflug. Paulus meint die Rettung im Sinne des Glaubens. Er bezieht sich auf die Rettung im Hinblick auf das ewige Heil. Wie der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes hervorgeht (vgl. Mt 4,4), so besteht sein Leben nicht nur in dem, was das Brot bewirkt, nämlich das Erhalten der körperlichen Existenz, des leiblichen Wohlbefindens, des zeitlichen Lebens, sondern ebenso und noch mehr in dem, was das Wort Gottes bewirkt, nämlich die seelisch-geistige Existenz, das ewige Leben. Seelsorge ist, Sorge um die seelisch-geistige Existenz des Menschen, Sorge um das ewige Leben, um das ewige Heil. Wer das nicht so empfindet, darf nicht Seelsorger sein oder am seelsorgerlichen Auftrag der Kirche mitwirken wollen.

Das Heil des Menschen besteht im Leben mit Gott, daher in der Heiligkeit. Sorge um das Heil des Menschen ist deshalb Sorge um die Heiligkeit des Menschen. Der Seelsorger muss dem Menschen den Weg zur Heiligkeit zeigen und ihn zum Beschreiten dieses Weges bewegen, wenn ihm am Heil dieses Menschen gelegen ist. Heiligkeit ihrerseits ist Sündenlosigkeit. Denn, so die Offenbarung des Johannes, nichts Unreines wird ins neue Jerusalem hineinkommen (vgl. Offb 21,27), das heisst, kein Mensch, der nicht rein von Sünde ist. Was wir in der Lesung aus dem Buch Levitikus gehört haben, betrifft die äussere Unreinheit, die ansteckende Krankheit, ein Problem für das Zusammenleben in der menschlichen Gesellschaft. Johannes überträgt diese äussere Unreinheit, auf die innere, seelische, von der Sünde bewirkte Unreinheit, ganz im Sinne unseres Herrn, welcher uns sagt: ” Nichts, was von aussen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung…” (Mk 7,15.21-22). Von dieser Unreinheit muss der Mensch sich lösen und sich auf den Weg der Heiligkeit begeben. Der Weg zur Heiligkeit ist der Weg von der Sünde weg, hin zur Heiligkeit Gottes, der Weg von der Sittenlosigkeit hin zu den Geboten Gottes, der Weg vom Herrscher dieser Welt hin zu Christus, dem Herrn des Reiches Gottes.

Seelsorger wird man durch Berufung.

Es ist Gott der beruft. Es ist Christus, der uns einlädt, an seiner Sendung teilzunehmen und uns senden zu lassen. Der seelsorgerliche Dienst ist eine Antwort auf diese Berufung.

Seelsorger wird man auch durch Nachahmung. Indem man auf Vorbilder blicken kann, die auf dem Weg der Seelsorge vorangehen, wird man in den seelsorgerlichen Auftrag eingeweiht. Das Beispiel ist im Heranbilden von Seelsorgern wesentlich. Wenig vorbildliche Seelsorger führt zum Ergebnis weniger Seelsorger. So ist zum Beispiel der Priestermangel immer auch ein Mangel an überzeugenden und gut wirkenden Priestern. Auf das Vorbild macht Paulus ausdrücklich aufmerksam: “Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme” ( 1 Kor 11,1). Das ganze Werk Paulus ist ein einziges Vorbild für die Seelsorge, Vorbild sind seine Missionsreisen und seine Briefe. Das Geheimnis dieses Werkes und aller seelsorgerlichen Leistungen dieses Apostels ist Christus, da Paulus Christus als Vorbild nimmt. Der Blick auf Christus ist für ihn Quelle für das Leben als Seelsorger.

Wie Paulus müsste jeder Priester, jeder Diakon, jede Pastoralassistentin, jeder Pastoralassistent, und wer immer in der Seelsorge mitarbeitet, sagen können: “Nehmt mich zum Vorbild”. In diesem Sinne haben alle, die in der Seelsorge tätig sind, die sich vom Bischof eine Missio geben lassen, die Pflicht, Vorbilder des Glaubens zu sein, zum Beispiel im Gebet, in der Sonntagsheiligung, in der öfteren Teilnahme am heiligen Messopfer, in der regelmässigen heiligen Beichte, in der den Geboten Gottes entsprechenden Lebensführung, in der sorgfältigen und gewissenhaften Darlegung des Glaubens der Kirche, im Gehorsam und in der Ehrfurcht gegenüber dem Bischof. Man kann nicht glaubwürdig am seelsorgerlichen Auftrag der Kirche mitwirken wollen, wenn man nicht glaubwürdig als Glied dieser Kirche lebt. Ich wiederhole: jeder und jede, die in der Seelsorge der Kirche arbeiten wollen, müssen mit Paulus sagen können: “Nehmt mich als Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme” (1 Kor 11,1). Amen.

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Paulusjahr

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