Internationales Sterbehilfe-Treffen in Zürich

Ehre für unser Land?

Organisationen aus 45 Ländern treffen sich im Juni zu einem Kongress – zum Ärger der Suizidhilfe-Gegner

2. Februar 2012, Neue Zürcher Zeitung, Andreas Schmid

Aus Anlass ihres 30-jährigen Bestehens veranstaltet die Sterbehilfeorganisation Exit ein Treffen des Weltverbands für das Selbstbestimmungsrecht. Der Kongress in Zürich provoziert Kritik aus christlichen Parteien.

Rund 100 Delegierte von Sterbehilfeorganisationen aus aller Welt werden sich vom 13. bis zum 18. Juni im “Swissôtel” in Zürich Oerlikon austauschen und an einem Rahmenprogramm erfreuen. Die Sektionen der Deutsch- und der Westschweiz von Exit führen zum 30-Jahr-Jubiläum des Suizidhilfe-Vereins den zweijährlich stattfindenden Kongress des Weltverbands für das Selbstbestimmungsrecht durch.

55 Gesellschaften aus 45 Nationen werden in Zürich vertreten sein. Auf der Website des Anlasses präsentiert sich auch Zürich Tourismus, und Stadt und Kanton offerieren den Kongressteilnehmern einen Apéro – 15 Franken pro Person werden nach ihren Vorgaben für eine solche Veranstaltung gesprochen, etwa 1500 Franken aus öffentlichen Geldern werden also in die Exit-Kasse überwiesen.

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Exit-Vizepräsident Bernhard Sutter sieht den Anlass als Möglichkeit, das propagierte Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende weltweit zu bekräftigen. Die Schweiz, die ein äusserst liberales Sterbehilfegesetz habe und eine Vorreiterrolle einnehme, eigne sich ideal als Veranstaltungsort für den Kongress, sagt Sutter. Nur noch in den Benelux-Ländern und einzelnen Gliedstaaten der USA seien die gesetzlichen Regelungen ähnlich fortschrittlich. “Wir sind uns jedoch bewusst, dass das Treffen unter intensiver Beobachtung der Sterbehilfe-Gegner stehen wird.”

Exit wirkt in Eigenregie

Am Kongress wird auch Dignitas, die zweite grosse Schweizer Organisation für Suizidhilfe, teilnehmen. Im Organisationskomitee wirkt diese aber nicht mit: “Das stand nie zur Diskussion”, hält Sutter fest. Exit habe die Durchführung des Weltverbandstreffens zur Feier des Jubiläums übernommen. “Zudem besteht gemäss einem früheren und nach wie vor gültigen Vorstandsbeschluss auch sonst keine Zusammenarbeit mit Dignitas.”

Zürich Tourismus unterstützt die Veranstaltung im “Swissôtel” mit Dienstleistungen, wie die Sprecherin Vanessa Imhasly ausführt. “Unser Kongressbüro hilft dem Veranstalter mit Hotelbuchungen sowie generellen touristischen Informationen.” Die Organisatoren erhalten Stadtpläne für die Gäste und werden in der Gestaltung des Rahmenprogramms unterstützt. Schliesslich profitierten Hotels und Geschäfte von den Ausgaben der Kongressteilnehmer. Zürich Tourismus sei aber nicht Sponsor des Treffens und betreibe keine Marketingaktivitäten, betont Imhasly.

Die Gegner der Suizidhilfe sind nicht erfreut über den anstehenden Kongress. “Zürich gibt sich als Plattform für eine Praxis her, die in anderen Ländern verboten ist”, sagt der EDU-Kantonsrat Hans Peter Häring. Er hatte mit seiner Partei die Volksinitiativen “Stopp der Suizidhilfe” und “Nein zum Sterbetourismus im Kanton Zürich” lanciert, die von der Bevölkerung im vergangenen Mai deutlich abgelehnt wurden. Rund 80 Prozent der Stimmenden erteilten den rigorosen Anliegen eine Abfuhr.

Suche nach Verbündeten

Häring erwägt jetzt, zusammen mit Gleichgesinnten aus CVP, SVP und EVP sowie der katholischen Kirche Aktionen und politische Vorstösse gegen das Sterbehilfe-Treffen zu lancieren. Auch beim EVP-Kantonsrat Walter Schoch löst der Kongress negative Gefühle aus, und er will mit seiner Partei entsprechend Stellung nehmen. Anderseits räumt Schoch ein, in einem freien Staat bestehe das Recht, einen solchen Anlass durchzuführen.

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