Die Weihnachtsoktav

Die Festordnung der Weihnachtsoktav im Licht des Glaubens

P. Johannes Nebel FSO

Predigt Vesper Radio Horeb Weihnachtsoktav 2008

Wir stehen in der Weihnachtsoktav. Mit der Kirche feiern wir acht Tage das Hochfest der Geburt unseres Erlösers, bis zum Neujahrstag. Dies bietet uns den Anlass, uns einmal den verschiedenen Festen zuzuwenden, die Jahr für Jahr in die Weihnachtsoktav fallen – und zwar weniger den einzelnen Festen, als dem Gesamtblick auf alle diese Feste zusammen.

Der gläubige Blick erkennt in dieser Festordnung einen Fingerzeig der Fügung Gottes und kann in der Harmonie, die alle Glaubensgeheimnisse untereinander bilden, ohne Schwierigkeit einige wertvolle Verbindungen zwischen den Festen ausmachen. Es ist nämlich möglich, diese Feste paarweise zusammen zu sehen.

Dem Hochfest der Geburt des Herrn, mit dem die Weihnachtsoktav beginnt, entspricht das Hochfest seiner jungfräulichen Mutter, mit der diese acht Tage ihren Abschluss finden. Das göttliche Kind und seine Mutter bilden also sozusagen den Rahmen.

Dann folgen, innerhalb dieses Rahmens, als erstes der Stephanustag und das Fest des Evangelisten Johannes. Diese beiden Feste können insofern zusammen gesehen werden, als es in den Lebenszeugnissen beider Heiliger um die Kultivierung des Glaubens geht: Stephanus erwies die Glaubenskraft im furchtlosen Bekenntnis, das ihm den Märtyrertod einbrachte, der Evangelist Johannes hingegen in der inneren Herzenszuwendung zu den unergründlichen Tiefen der Gottheit und des Geheimnisses der Person Jesu Christi. Denken wir dies zusammen, so sehen wir einerseits – bei Stephanus – Glaubenskraft nach aussen im Bekenntnis (die freilich in seinem Innern verwurzelt war und das Innenleben auch stärkte), andererseits – bei Johannes – Glaubenskraft nach innen in der Herzenshaltung und Vertiefung (die sich natürlich auch nach aussen kundtat in dem kraftvollen Wort des vierten Evangeliums).

Wenden wir uns nun dem Fest der Unschuldigen Kinder und dem Fest der heiligen Familie zu. Was diese beiden Feste gemeinsam haben, ist die Zentralstellung des Kindes. Im Falle der heiligen Familie zeigt sich für das Kind die grösstmögliche Geborgenheit, der Schutz seiner Würde, der Nährboden seines Wachsens und Reifens. Im Falle der Unschuldigen Kinder sehen wir hingegen für das Kind die grösstmögliche Bedrohung, die für eine Zahl an Altersgenossen des Jesuskindes tödlich ausgeht. Das Kind, das in beiden Fällen im Zentrum steht, ist Jesus, der menschgewordene Gott: Er ist sozusagen Lebensprinzip des Familieseins, und Er ist zugleich Zeichen des Widerspruchs, das bei seinen Gegnern blinde Wut provoziert – eine Wut, die in unserer sündigen Welt sich leider immer wieder mit Blutvergiessen verbindet.

Dank dieser hiermit kurz erwogenen Festordnung erscheint also die Menschwerdung Gottes in vierfachem Licht: als Anlass zu furchtlosem Bekenntnis bei Stephanus, als Anlass zu besinnlicher und tiefgehender Betrachtung bei Johannes, als Anlass zum Aufbau echten Familieseins bei der heiligen Familie, und als Anlass zu blinder und mörderischer Wut, die sich an unschuldigen Kindern entlädt – was heute durch die massenhaften Tötungen im Mutterleib traurige Aktualisierung erfährt. Diesem vierfachen Licht, welches die Festordnung der Weihnachtsoktav auf die Menschwerdung Gottes wirft, entspricht nun auch die vierfache Situation unseres christlichen Glaubens in dieser Welt. Zunächst einmal ist unser Glaube ebenfalls eingeborgen in den Rahmen, der die Weihnachtsoktav prägt, den Rahmen von Jesus und Maria. Desweiteren will unser Glaube nach aussen bekannt werden, er will nach innen vertieft werden, er will familiäre Gemeinschaft stiften, und in seiner Eindeutigkeit erregt er den Widerspruch derer, die Gegner Gottes sind. Wenn wir an diesen vier Wesensmerkmalen treu festhalten, tragen wir das Unsrige dazu bei, dass Gott auch in unserer Weltsituation menschlich greifbar und fassbar bleibt, wie wir heute in der Kurzlesung dieser Vesper gehört haben: “Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: Vom Wort des Lebens sprechen wir.” Amen.

Quelle
Weihnachten kathpedia

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